St. Pauli. Das Restaurant Nil am Neuen Pferdemarkt verarbeitet ganze Tiere aus artgerechter Haltung, um Würste und Schinken selbst herzustellen.
Zum Sehen und Gesehenwerden im Erdgeschoss, zum Beobachten auf der Galerie und zum vertraulichen Plausch im Souterrain: Das Restaurant Nil bietet Tische für jeden Anlass. Das Essen aus der Küche im ersten Stock ist überall gleich gut, der Service freundlich, das Lokal seit vielen Jahren ein fester Bestandteil der Hamburger Gastro-Szene.
Genau gesagt seit 1989, denn da wurde aus dem ehemaligen Schuhgeschäft Hartmann das Nil. 90 Plätze stehen zur Verfügung, bei gutem Wetter auch noch die ruhige Terrasse nach hinten und ein paar Tische vor der Tür mit Blick auf den Spielplatz im Park gegenüber. Fenster vorn und hinten lassen viel Licht ins Erdgeschoss und auf die Galerie. Sitzbänke und Stühle sind mit Leder gepolstert, die Tische weiß und elegant eingedeckt. Alte Fliesen und Holzdielen tragen angenehme Patina. An den Wänden hängen wenige Lichtleisten mit Fotos aus dem Restaurant und von den Mitarbeitern.
Jeden Monat ein neues Menü
Unten steht ein wuchtiger Tresen, nach oben führt eine geschwungene Treppe mit einem wunderbaren 50er-Jahre-Geländer. Und unter der Decke hängt ein großer geschmiedeter Eisenleuchter mit 19 weißen Kerzen und goldener Kugel in der Mitte. Einst wurde die Metallarbeit aus Mailand in einem VW-Bus nach Hamburg transportiert. Seinen Namen bekam das Lokal aus einer Laune heraus. Und hinterher erfuhren die Betreiber, dass Nil auf Ägyptisch Ernährer heißt.
Neben Steffen Hellmann ist Geschäftsführerin Elisabeth Füngers Inhaberin des Restaurants. „Ich komme aus Kiel und bin eigentlich ausgebildete Keramikerin“, erzählt die 62-Jährige. „Aber als ich nach Hamburg kam, habe ich mit dem Kochen begonnen.“ Mittagstisch in der Filmhauskneipe in Ottensen, brutzeln an der Seite von Christian Rach im Leopold, von dort an den Neuen Pferdemarkt. „Heute koche ich nicht mehr“, sagt Füngers. Sie kümmert sich um den Wein und den Service und bezeichnet sich selbst als „Hausmeisterin“, weil sie in der Nähe wohnt. „Ich bin abends oft die Letzte und mache das Licht aus.“
Die Küche im Nil beurteilt die Chefin als „lecker, gut und bodenständig, im Sommer mit Gemüse und Salat mediterraner als im Winter“. Man kaufe Fleisch von Tieren aus artgerechter Haltung, versteht sich als urban und modern. „Und wir legen Wert auf saisonale Speisen. Demnächst gibt es mehr mit Kohl, Rüben und Kürbis, ab 11. November Martinsgans, im Winter Ente, im Frühling und Sommer dann Erdbeeren oder Spargel.Deshalb wechselt die Karte auch je nach Marktlage. Jeden Monat wird ein neues Menü zusammengestellt, die Käseauswahl gibt es aber immer.
„Ein Rind hat ja nicht nur Filet“
In der Küche werden Tiere „von der Nase bis zum Schwanz“ verarbeitet. „Ein Rind hat ja nicht nur Filet“, sagt Füngers. Im Oktober bekommt die Küche immer zwei Schweine, dann macht man Würste selbst, salzt Schinken ein und lässt diese in der Kälte reifen. Selbstredend werden auch Brühe, Saucen und Suppen selbst gekocht. Und die Produkte kommen alle von regionalen Bauern und Lieferanten.
Bis zu 25 Angestellte inklusive Aushilfen kümmern sich um die Gäste. Die kommen aus ganz Hamburg und Umgebung, gern auch aus der Schweiz und Skandinavien. „Und wir haben gemischtes Publikum, von 18 bis 80“, sagt die Geschäftsführerin.
Für die Küche ist Matthias Schulz verantwortlich. Seit fast 20 Jahren steht der heute 47-Jährige im Nil am Herd, nachdem er im Hotel Hafen Hamburg gelernt und im Jena Paradies gearbeitet hat. „Wir haben hier ein sehr gutes Arbeitsklima“, sagt der Küchenchef, der am liebsten selbst gebackenes Brot und deutsche Klassiker isst. „Und ich koche alles gern, denn ich muss ja auch alles kochen können.“
Sonntags kommt ein Abendbrot auf den Tisch
Zum Beispiel Coq au Vin blanc. Das Hühnerfleisch ist zart und mürbe, die Sauce aromatisch und sämig, der Speck macht das Gericht angenehm deftig. Oder der hausgemachte und luftgetrocknete Schinken. Diese eigentlich deutsche Spezialität – zart, kräftig im Geschmack, aber nicht zu salzig – wird mediterran aufgepeppt mit fruchtigen Tomaten, Kräutern und Pinienkern-Parmesanbrot. Eine gelungene Vorspeise.
Die Weinkarte umfasst rund 120 Positionen aus Deutschland, Europa und Übersee. Für vier Euro fließen 0,125 Liter verschiedener offener Weine ins Glas, die günstigste Flasche ist mit 21 Euro sehr fair kalkuliert.
Sonntags gibt es im Nil Abendbrot, und in Kochkursen können sich Laien etwas von den Experten abgucken. Aber dann doch auch gern wieder auf der Galerie sitzen, beobachten und vor allem genießen, was auf den Teller kommt.
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