Hohenfelde. Das Restaurant Opitz erinnert stilistisch und kulinarisch an gute alte Zeiten. Die Portionen reichen auch für den großen Hunger.

Das Lokal nennt sich Speisewirtschaft. Ein Hinweis auf die gute alte Zeit, als Damen noch lange Kleider und Herren Zylinder trugen? Kann sein. Denn wer die wenigen Stufen hinuntergeht ins Souterrain am Mundsburger Damm kurz vor der Außenalster, der findet sich in zwei Räumen wieder, die aussehen wie früher Uromas Wohnzimmer. Die Küche allerdings ist überhaupt nicht von gestern. Willkommen im Opitz.

Die Sitzbänke sind mit gestreiftem Stoff im Biedermeier-Stil bezogen, auf den braunen Holztischen liegen Häkeldeckchen, die Stühle sind Originale von Thonet. An den gelben und ockerfarbenen Wänden hängen historische Ansichten von Hamburg und maritime Bilder. Über den Tischen spenden alte Lampen angenehmes Licht. Vor den Fenstern braust der Verkehr. Aber drinnen vervollkommnen Messingleuchter, ein paar Pflanzen, der dunkle Holztresen, historische Schnapsfässchen und Lautsprecher in alten Radios den Eindruck: Hier ist es gemütlich.

Die Wirtin ist Zugereiste aus Oberfranken

Ohne „Gedöns“: Ewerscholle Finkenwerder Art in Speck gebraten mit Kopfsalat in süß-saurem Rahm
Ohne „Gedöns“: Ewerscholle Finkenwerder Art in Speck gebraten mit Kopfsalat in süß-saurem Rahm © Andreas Laible

Das ist auch das Ziel von Karin Grimme, die das Opitz – benannt nach dem Barockdichter Martin Opitz (1597–1639) – seit 20 Jahren führt. „Die Gäste sollen sich wie in einem kuscheligen Wohnzimmer fühlen“, sagt die Besitzerin. „Ich liebe mein Lokal, das ist meine hanseatisch-traditionelle Perle.“

Dabei ist die Wirtin eine Zugereiste aus Bad Staffelstein in Oberfranken. „1981 wollte ich dort unbedingt weg“, erinnert sich die 55-Jährige. Durch Verwandtschaft kam sie nach Helgoland, hielt es dort aber nur sechs Wochen aus. „Mit 60 Mark in der Tasche bin ich dann nach Sylt, denn dort wurden in der Gas­tronomie immer Leute gebraucht.“ Karin Grimme lernte schnell, arbeitete sich hoch, pendelte zwischen der Insel, St. Peter-Ording und Oberbayern. 1987 lockte ihr heutiger Ehemann sie nach Hamburg, sie fand Arbeit im Opitz und dem damaligen Partner-Restaurant Klopstock in Eppendorf.

Zehn Jahre später kaufte sie den Betrieb. „Hier zu arbeiten war das eine, aber plötzlich die Verantwortung für alles zu tragen war das andere“, sagt Karin Grimme. „Alles Neuland. Das war wie die Geburt von Drillingen. Einer schreit immer.“

Labskaus, Pannfisch, Matjes – dafür kommen auch Touristen

Die Eigentümerin behielt die Einrichtung und auch den Namen bei, weitete den Mittagstisch von Montag bis Sonnabend auf fünf Gerichte aus, richtete eine Sommerterrasse mit 32 Plätzen ein. In den beiden Gastzimmern stehen rund 55 Plätze zur Verfügung. Die Chefin ist immer im Dienst, sie hat drei Mitarbeiter im Service und zwei in der Küche. Küchenchef Andre Christiansen ist seit 16 Jahren dabei.

Froh ist die Crew vom Opitz, dass nach 17 Monaten endlich das Gerüst am Haus und vor der Tür verschwunden ist. „Das war keine leichte Zeit“, sagt Karin Grimme. „Aber glücklicherweise habe ich ein tolles Team und viele Stammgäste, die sich nicht haben abschrecken lassen.“ Hamburger kommen gern vorbei, aber auch Touristen, die traditionelle Gerichte probieren möchten.

„Hamburger Küche ohne Gedöns“ ist die Devise: Labskaus mit Spiegelei, Pannfisch, Bauernfrühstück, Matjes­topf und selbst gemachtes Sauerfleisch stehen auf der Karte. Alles frisch gekocht und serviert mit Bratkartoffeln, die auch gern nachgereicht werden.

Wie bei Muttern: haus- gemachte Rinderroulade mit Rotkohl und Bratkartoffeln
Wie bei Muttern: haus- gemachte Rinderroulade mit Rotkohl und Bratkartoffeln © Andreas Laible | Andreas Laible

Ein Klassiker ist die Rinderroulade mit Rotkohl. Das Fleisch zart und mürbe, traditionell zubereitet mit Speck, Senf und Gewürzgurke, die Sauce gehaltvoll und angenehm würzig. Dazu sind die Bratkartoffeln knusprig, der Rotkohl hat eine feine Süße, weil er mit Pflaumenmus abgeschmeckt wird.

Die Ewerscholle ist eine üppige Portion und reicht auch für den großen Hunger. Sie wird nach Finkenwerder Art in Speck gebraten und wie früher von Kopfsalat in Rahm begleitet. Frische, knackige grüne Blätter mit einer süß-sauren-Sahnesauce wecken Kindheitserinnerungen.

Die Mittagskarte wechselt wöchentlich

Die Mittagskarte wechselt wöchentlich, die anderen Angebote sind saisonal. Jetzt beginnt die Zeit mit Ente und Gans, Wild und Grünkohl. Fleisch bekommt das Opitz vom Hamburger Schlachthof, Fisch von Hagenah, Gemüse vom Großmarkt. Täglich gibt es durchgehend warme Küche. Das schätzen auch die Besucher und die Schauspieler des nahe gelegenen Ernst Deutsch Theaters vor und nach der Vorstellung. Die Weinkarte ist mit elf Positionen klein, zum deftigen Essen wird eh lieber ein frisch gezapftes Bier getrunken (0,3 Liter für drei Euro).

Karin Grimme isst gern eingelegte Bratheringe. „Zu Hause koche ich nicht“, sagt sie. Und auch ihr mittlerweile berenteter Mann weiß es zu schätzen, dass seine Frau ein Lokal besitzt. „Er kommt jeden Mittag und hat die Auswahl.“

Moderne Restaurants, die Teller wie ein Kunstwerk servieren mit Schäumchen und Chichi, gibt es viele in Hamburg. Aber manchmal hat man Appetit auf Hausmannskost, frisch aus besten Zutaten gekocht wie bei Muttern oder Oma. Das „Früher“ mit dem Häkeldeckchen auf dem Tisch hat ein Zuhause in der Speisewirtschaft auf der Uhlenhorst.

Opitz Mundsburger Damm 17

www.speisewirtschaft-opitz.de