Poppenbüttel. Das Restaurant Mazza ist nicht nur kulinarisch gesehen prächtiger Orient. Auch die Gastfreundschaft ist legendär.
Wo liegt der Orient? Einerseits ziemlich weit weg. Und weil die Weltlage krisenhaft ist, wird so mancher eine Reise in den Nahen Osten nicht antreten wollen. Andererseits ist die Region ganz nah – kulinarisch betrachtet. Und die Tour in den Hamburger Norden ist ungefährlich: auf nach Poppenbüttel ins Mazza.
Von außen sieht das Restaurant im Hotel Poppenbütteler Hof recht deutsch aus – ein hell geklinkertes Gebäude an einer belebten Straße. Wer das Lokal aber über die große Terrasse betritt, der sieht, dass sich jemand Gedanken über die Einrichtung gemacht hat: kein orientalischer Basarkitsch mit zu vielen Lampen, Wasserpfeifen, Trotteln und Teppichen, sondern modern, gemütlich, stilvoll. Weniger ist hier mehr.
Grau ist die bestimmende Farbe für Wände, Stühle und Sitzbänke in den beiden Räumen. Viele Kissen und Teelichtgläser in warmen Farben sowie der Holzfußboden und das indirekte Licht der Wandlampen sorgen für Behaglichkeit. Die runden und eckigen Holztische sind einladend eingedeckt mit Servietten, Gläsern, Besteck und Beistelltellern. Vor den kleinen Fenstern sind Schiebeelemente mit orientalischen Mustern angebracht, die großen Fenster geben den Blick frei auf Terrasse und Straße.
Echte Hingucker allerdings sind die vier Deckenlampen. Diese runden Kronleuchter aus Kupfer tragen jeweils rund 80 Glühbirnen und wurden extra für das Mazza angefertigt.
Orientalisches Essen in Hamburg sehr verbreitet
Der Mann hinter dieser modernen Version von 1000 und einer Nacht ist Samer Charouf. Der Syrer eröffnete das Mazza Poppenbüttel im Juni 2014. „Das Hotel wollte sein Restaurant nicht mehr selbst betreiben“, sagt der 46-Jährige. Gastronomische Erfahrung hat er reichlich: Vor zehn Jahren übernahm Charouf das Mazza am Moorkamp in Eimsbüttel. Er ist auch sein Verdienst, dass orientalisches Essen in Hamburg sehr beliebt und mittlerweile auch sehr verbreitet ist.
„Ich bin ein Quereinsteiger“, erzählt der Mann aus Aleppo, dessen eine Schwester immer noch in der zerbombten Stadt lebt und weitere vier Geschwister in der Hafenstadt Latakia am Mittelmeer wohnen. „Ich kam vor 27 Jahren zum Studium nach Hamburg, schrieb mich für Elektrotechnik an der Fachhochschule am Berliner Tor ein.“ Als Student jobbte er in der Gastronomie, arbeitete später als Berater und entschloss sich dann 2006, Essen und Trinken wie in seiner Heimat ganz zu seinem Beruf zu machen. Kein Wunder: Sein Vorname steht im Arabischen für Unterhaltung und Geselligkeit.
„Die Vielfalt der Küche, die Gewürze, die Gastfreundschaft, die Frische der Speisen – das macht unsere Version vom Orient aus“, sagt Charouf. Kräuter und Gewürze bekommt er trotz des Krieges immer noch aus Syrien, aber auch aus Jordanien und dem Libanon. Kreuzkümmel, Sternanis, Zimt, Ingwer, Kardamom, Minze, Koriander sowie Estragon sind bei den Rezepten unverzichtbar. Sie geben Fleisch, Fisch und Gemüse aus der Region den exotischen Geschmack.
Absoluter Renner sind die vielen Vorspeisen-Variationen, die als Mazza dem Restaurant den Namen gegeben haben. Bis zu 50 verschiedene weiße Schälchen kommen auf den Tisch, alles haus- und selbst gemacht in der Küche. Der Auberginen-Dip Baba Ghanoush, pikant angemachte Rote Bete oder Avocado, Pilze oder weiße Bohnen in Tomatensoße, Joghurt mit Minze und Gurke, Möhren mit Rosenwasser, Falafel, der Petersiliensalat Taboulé, Hummus aus Kichererbsen, die Sesampaste Tajin – verführerische Vielfalt.
Die Hauptgerichte stehen den Vorspeisen in Qualität und Auswahl in nichts nach. Ob Lamm auf orientalische Art mit Joghurt-Minz-Soße, Rehrücken mit Datteln-Nelken-Jus oder Wolfsbarsch mit Paprika-Kardamom-Soße, alles ist appetitlich und auf den Punkt zubereitet. Und die Gewürze sorgen für nicht alltägliche Aromen. Dazu gibt es Gemüse, Piment-Zimt-Reis oder Walnuss-Polenta. Und auch die Nachspeisen sind eine Sünde wert.
Die Karte wechselt alle drei Monate und wird saisonal gestaltet. So gibt es jetzt auch wieder ein Weihnachtsmenü. Die Weine kommen aus dem Libanon, Europa und Übersee. 21 Euro kostet die günstigste Flasche, die Preise für offene Tropfen beginnen bei 6 Euro für 0,2 Liter.
Knapp 70 Plätze hat das Mazza, in Küche und Service arbeiten neun Angestellte. „Wir sind stolz auf die vielen Stammgäste“, sagt Restaurantleiter Rafi Sahkian. „Manche kommen dreimal in der Woche, da wissen wir schon genau, was sie essen und trinken möchten.“ Der Armenier aus dem Libanon zog vor 13 Jahren zum Studium nach Hamburg, aber wechselte schnell in die Gastronomie. „Das Mazza in Poppenbüttel ist mein Baby“, sagt der 35-Jährige.
Samer Charouf weiß seinen Betrieb also in guten Händen. Der Chef isst natürlich gerne Lamm und seine Vorspeisen, verschmäht aber auch Gänsebraten mit Rotkohl und Klößen nicht. Und er freut sich über ein besonderes Kompliment seiner Gäste: „Viele lieben es, hier zu versacken.“ Dann regiert orientalische Lebensfreude im sonst ziemlich deutschen Poppenbüttel.
Mazza, Poppenbütteler Weg 236