St. Pauli. Mit seinem Restaurant hat er sich einen Traum erfüllt. Wer will, kann das schmecken. Und eine Auszeichnung hat er auch bekommen.
Haco ist kein Name, sondern eine Kurzform. Sie steht für Hamburg Corner, bezeichnet die Lage des Lokals an der Clemens-Schultz-Straße/Ecke Rendsburger Straße und den Blick von Küchenchef Björn Juhnke über den Tellerrand hinaus. Auf St. Pauli hat sich der 38-Jährige vor einem Jahr den Traum von einem eigenen Restaurant erfüllt. „Ich habe die Location beim Spazierengehen entdeckt“, sagt Juhnke. Vorher hatte die Kiez- und Fußball-Kneipe Backbord ihre Heimat in dem Gründerzeithaus mit der schönen Fassade. Wie passend: Über dem Eingang zum Lokal halten goldene Bacchanten Wache.
Gut sieben Wochen lang wurde saniert, die Theke umgesiedelt, der Holzfußboden gestrichen, die offene Küche aufgerüstet. Jetzt stehen schlichte Holztische und graue Stühle auf dem Parkett im langen Raum. Wer am runden Familientisch Platz nimmt, kann der Küchenbrigade bei der Arbeit zusehen. 38 Gäste haben drinnen Platz, 20 noch einmal draußen. Faszinierend ist die graublaue Farbe an den Wänden: „Die kommt aus Dänemark und heißt St. Pauls Blue, das passt doch prima auf St. Pauli“, sagt Juhnke.
Nordische Küche aus regionalen Zutaten
Der Mann aus Warnemünde hat in seiner Heimat im Hotel Neptun seine Ausbildung gemacht, auf Rügen und in Heiligendamm gekocht, in der Schweiz, im Hamburger Interconti sowie drei Jahre bei Gordon Ramsay in London gearbeitet, bevor er im Kempinski in Bratislava für die Küche verantwortlich war. „Aber ich wollte immer ein eigenes Restaurant.“ Und als Erinnerung an die britische Hauptstadt hat er über den Durchbruch zur Küche ein großes Foto vom Parlamentsgebäude gehängt.
Nordisch inspirierte Küche bringen Juhnke und seine fünfköpfige Mannschaft auf den Teller. Anregungen kommen aus Skandinavien, dem Baltikum, aus Nord- und Ostsee und Nordatlantik. „Wir sind ein norddeutsches Team, kochen nachhaltig, saisonal und regional.“ Die Gemüse kommen aus dem Alten Land oder aus Vierlanden, Wild aus der Lüneburger Heide, Käse, Geflügel und Krabben aus Schleswig-Holstein. Letztere natürlich ohne Umweg über Marokko.
Ungewöhnliche Kombination
Menüs mit und ohne Fleisch stellt der Koch zusammen, als Ausweis seiner Handwerkskunst. Auf die Speisekarte schreibt er nur die Bestandteile des Gerichtes. Zum Beispiel Morcheln, Ei, Schnittlauch. Das Hühnerei wird exakt eine Stunde bei 65 Grad Celsius sous- vide (unter Vakuum) gegart und ist dann angenehm wachsweich, aber nicht mehr glibberig. Die Pilze werden gebraten, ergänzt um frische Erbsen und knackige Möhren. Und der Schnittlauch wird zu einer grasgrünen Emulsion verarbeitet. Ein sehr stimmiges Frühlingsgericht.
Oder Rhabarber, Ziegenmilch, Petersilie. Dieses Dessert gibt es nicht im Winter, denn jetzt haben sie Saison, die säuerlichen grün-roten Stangen. Die werden zu Kompott und Sorbet verarbeitet, die Ziegenmilch kommt als Buttercreme und Joghurt auf den Teller, die Petersilie ist enthalten im Crumble, in der Creme und in einem Öl. Die verschiedenen Texturen und die Komponenten süß, säuerlich, kräuterig und fettig ergeben eine ungewöhnliche Kombination.
Die Karte wechselt monatlich, und wenn an einem Tag zum Beispiel der Dorsch aus ist, kommt Rotbarsch zum Einsatz. „Tiefgefrorene Ware gibt es bei mir nicht“, sagt Juhnke. Immer mal wieder wird saftiger Schweinebauch mit knackiger Kruste zubereitet. Demnächst steht auch Wildkräuter-Salat drauf, die zarten Pflanzen sammelt der Chef selbst. Bärlauch, Gundermann, Vogelmiere, Gänseblümchen, Löwenzahn und Giersch mischt er zusammen und serviert die Kräuter mit selbst eingelegtem Kürbis. So werden auch die Wurzeln von der Kapuzinerkresse konserviert. „Wir kochen Gemüse ein, machen Kräuter-Essig und -Öl selbst“, sagt der Koch.
Beim Wein Regionalprinzip durchbrechen
Die Weinkarte ist übersichtlich, etwa 80 Positionen aus Deutschland und Europa. 0,1 Liter gibt es offen für 4,50 Euro, die Flaschenpreise beginnen bei 29 Euro, die Weinbegleitung zum Menü beginnt bei 31 Euro. Beim Wein muss der Gastronom mit seinem Regionalprinzip brechen. Aber dafür kommt das Fassbier aus Norddeutschland.
Die Gäste des Haco sind bunt gemischt, viele kommen aus der Nachbarschaft, aber auch aus der ganzen Stadt. Und dann können sie auf der Theke die kleine Statue vom „Rolling Pin“ bewundern. Das Gastro-Magazin zeichnete Juhnke im vergangenen Jahr in der Kategorie „Aufsteiger des Jahres“ aus. „Nach so kurzer Zeit den Oscar unserer Branche zu bekommen, das ist ganz toll“, sagt der Restaurant-Chef. Demnächst setzt er Spargel und Erdbeeren auf die Karte. Garantiert aus Norddeutschland. Aus Südeuropa kommt an dieser Hamburger Ecke nichts auf den Tisch. Die Kicker von St. Pauli spielen schließlich auch nicht international.
Haco Clemens-Schultz Straße 18, Tel. 74 20 39 39
HVV bis St. Pauli oder Reeperbahn, Parken in der Umgebung
Vorspeisen ab 12 Euro, Hauptgänge ab 16 Euro, Desserts ab 10 Euro, Menüs in vier bis sieben Gängen 49 bis 92 Euro