Pinneberg. Jens Rittmeyer kocht nach dem Motto “Ohne Sauce kein Vergnügen“. Was er auf die Teller brachte, war für die Gäste ein Volltreffer.
Den Sprung über die Elbe hat Jens Rittmeyer am Wochenende gemacht. Der Inhaber von Rittmeyers Restaurant No4 in Buxtehude gastierte am Sonnabend im Hotel Cap Polonio in Pinneberg und beendete dort mit zahlreichen überzeugenden Gaumenfreuden das 35. Schleswig-Holstein Gourmet Festival (SHGF).
Trotz Pandemie fanden alle Veranstaltungen in der Jubiläumssaison statt. Rund 13.530 köstlich angemachte Teller verließen die Küchenpässe, um die mehr als 2340 begeisterten Gäste kulinarisch glücklich zu machen.
Schleswig-Holstein Gourmet Festival: Rittmeyer kocht im Hotel Cap Polonio
Seit mehr als zehn Jahren ist der Pinneberger Familienbetrieb beim SHGF dabei. „Wir haben schon viele Gastköche bei uns erlebt“, sagt Senior-Chef Michael Ostermann (65). Im Saal mit dem historischen Mobiliar des Luxusliners Cap Polonio waren die Tische frühlingshaft-frisch eingedeckt. Und Küchenchef Marc Ostermann (42) freut sich, wenn ein Kollege seinen Herd übernimmt. „Jens und ich haben in der Vorbereitung viel telefoniert und uns über regionale Produkte sowie Rezepturen abgestimmt.“
Jens Rittmeyer hat sich in seiner Karriere schon diverse Michelin-Sterne erkocht. Im Restaurant São Gabriel in Almancil an der portugiesischen Algarve von 2003 bis 2009 sowie danach bis 2016 im KAI3 im Hotel Budersand auf Sylt hatte er sich diese Auszeichnungen erarbeitet. Und auch das Restaurant N°4 im Buxtehuder Hotel Navigare, wo der Küchenchef bis vor einem Jahr tätig war, bewertete der Gourmet-Führer mit einem Stern.
Geboren ist der 47-Jährige in Halle an der Saale. „Ich hatte Glück. Als die Wende kam, war ich mit der Schule fertig und konnte in die Welt hinaus.“ In die Lehre ging Rittmeyer in Bühl und Baden-Baden, Stationen in Köln, Düsseldorf und beim damaligen Drei-Sternekoch Dieter Müller in Bergisch Gladbach schlossen sich an. Der Umgang mit Lebensmitteln war Rittmeyer von Kindheit an vertraut. „Ich bin auf einem großen Hof aufgewachsen. Wir hatten Gemüse, haben selbst geschlachtet und gemostet. Meine Mutter hat mich helfen und probieren lassen.“
Gastkoch Rittmeyer: "Ohne Sauce kein Vergnügen"
Vor vier Jahren war der Vater zweier Söhne übrigens einer der Gastköche im Abendblatt-Restaurant gegenüber der Elbphilharmonie zum 70. Geburtstag der Zeitung. Und Rittmeyer blieb seinem Motto „Ohne Sauce kein Vergnügen“ treu. Ein Gang seines Menüs hieß einfach „Sauce und Brot“ und war ein Volltreffer.
Diesen Gang gab es am Sonnabend in Pinneberg zwar nicht, aber zu jedem Teller wurde genügend Tunke serviert, so dass die gut 70 Gäste Gäste sich davon überzeugen konnten, dass Jens Rittmeyer ein wahrer „Saucengott“ ist. Nach den Snacks wie Kopfsalat-Erbsensuppe, eingelegter Bete und Hummus von roter Bete mit Fenchelgrün und Haselnuss kam Lachsforelle mit Kohlrabi, geräucherter Buttermilch und Dill auf die Tische. Dieser Gang ist ein Markenzeichen des Gastkochs: feiner zarter Fisch schwimmt im Milchschaum, wird begleitet von Scheiben von Kohlrabi und Kräutern. Was soll man sagen? Schmeckt toll und einfach sehr gut.
Es folgte Bärlauchrisotto mit Basedahler Spitzenstück (Schinken), Kopfsalat und heller Balsamicosauce. Das Risotto sämig-schotzig, die Reiskörner noch mit genügend Biss, wie sie in Italien zubereitet werden, der Schinken zart, der Kopfsalat knackig. Und die helle Balsamicosauce in den Aromen ausbalanciert und ein Gedicht. Den Bärlauch hatte Jens Rittmeyer übrigens selbst gepflückt.
Zum Hauptgang gab es Mai-Bock mit Mairübchen
Anschließend wurden Kabeljau und Erbsenpüree mit Ofenknoblauch und Zitronenverbenesauce angerichtet. Auch hier machte der Gastkoch seinem Ruf als Saucen-Spezialist alle Ehre.
Zum Hauptgang hatte Rittmeyer Mai-Bock mit Mairübchen, gebratenen Pilzen und Pfefferjus zubereitet. Das Reh, geschossen in Niedersachsen und zubereitet auf den Punkt mit Röstaromen außen und einem zartrosa Kern innen, die Mairübchen knackig und die Sauce wieder sehr überzeugend. Ein sehr stimmiges Gericht vom Gastkoch aus Buxtehude.
Als Dessert schließlich kombinierte die Küche Erdbeere, Duftrose und Rhabarber in verschiedenen Texturen zusammen mit Kerbel-Sorbet und sorgte für einen feinen Abschluss des sehr gelungenen Menüs. Abgerundet wurde die Speisenfolge mit den passenden Weinen, Bier und alkoholfreien Getränken sowie mit Edelbränden, Kaffeespezialitäten und Pralinen.
Rittmeyer bedankte sich bei den Teams von Service und Küche für die „tolle Zusammenarbeit“ und ging anschließend von Tisch zu Tisch, um mit den Gästen zu plauschen und zu fachsimpeln. Dabei hob der Buxtehuder die Vorteile der Jahreszeit hervor: „Ich kann jetzt Produkte verwenden, die im Februar einfach noch keine Saison haben.“ Am Sonntag wird er in Pinneberg noch einmal rund 70 Feinschmecker verwöhnen.
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36. Schleswig-Holstein Gourmet Festival beginnt im September
Und nach dem aktuellen Gourmet Festival ist vor der nächsten Feinschmecker-Saison: Das 36. Schleswig-Holstein Gourmet Festival beginnt am Sonntag, 11. September, im Hotel Der Seehof in Ratzeburg. Wer kocht? Überraschung.
Unter den 17 Mitgliedsbetrieben sind in der nächsten Saison zwei Neue: die Hofküche Backensholz in Oster-Ohrstedt als einziger Bioland Gold Betrieb Schleswig-Holsteins sowie das Gastronomie-Ensemble Zur Erholung in Uetersen. Beide Häuser sind jeweils in Familienbesitz und konzentrieren sich auf ökologische und saisonale Produkte.
Im Hotel Cap Polonio steht am 30. September sowie 1./2. Oktober Michael Oettinger, Küchenchef im eigenen, mit einem Michelin-Stern prämierten Lokal in Fellbach bei Stuttgart, am Herd.