Hamburg. Zu Gast ist diesmal Johannes Geil-Bierschenk aus Rheinhessen. Er wirbt für Weine einer Region, die sich stark gewandelt hat.

Um die Frage, die er jedes Mal gestellt bekommt, am gleich Anfang zu klären: Ja, der Name seines Weingutes sei sowohl Fluch als auch Segen, sagt Johannes Geil-Bierschenk, der diesmal zu Gast in unserer Reihe „Vier Flaschen“ ist und mit Weinkenner Michael Kutej, Riesling-Liebhaber Lars Haider und Apfelsaftschorlentrinker Axel Leonhard vier Weine verkostet.

Fluch, weil es eben Menschen gebe, die sich nicht vorstellen könnten, eine Weinflasche zu kaufen, auf deren Etikett in großen Buchstaben „geil“ steht. Segen, weil andere Menschen gerade das witzig finden und „unsere Weine einfach mal ausprobieren und dann hoffentlich feststellen, dass sie wirklich schmecken, wie sie heißen“.

Besondere Weine aus Rheinhessen

Der Name selbst ist übrigens in Rheinhessen, und dort lebt und arbeitet Johannes Geil-Bierschenk, alles andere als selten, er kennt allein sechs weitere Weingüter aus der Region, die Geil heißen. Und er muss es wissen, denn der Winzer ist Vorsitzender des 2017 gegründeten Vereins „Maxime Herkunft Rheinhessen“. Der hat sich als Ziel gesetzt, die Weine seiner rund 100 Mitglieder noch bekannter zu machen.

Johannes Geil-Bierschenk ist Vorsitzender des 2017 gegründeten Vereins „Maxime Herkunft Rheinhessen“.
Johannes Geil-Bierschenk ist Vorsitzender des 2017 gegründeten Vereins „Maxime Herkunft Rheinhessen“. © Weingut Geil | Weingut Geil

„Rheinhessen ist in den vergangenen Jahren sicher die spannendste Weinregion Deutschlands gewesen“, sagt Geil-Bierschenk – besser: muss er sagen als ihr oberster Botschafter. Aber wahr ist: Die Zeiten, in denen die Gegend mehr für Masse als für Klasse bekannt war, sind lange vorbei, und dass das so ist, liegt an Winzern wie Klaus-Peter Keller, Philipp Wittmann – und eben an Johannes Geil-Bierschenk.

Geil hat keinen Grauburgunder oder Sauvignon Blanc

Der hat sich mit seinem Weingut aus zweierlei Hinsicht für einen ungewöhnlichen Weg entschieden. Erstens, weil er komplett auf den Anbau jener beiden Rebsorten verzichtet, die im Weißweinbereich die mit Abstand beliebtesten in Deutschland sind, auf Grauburgunder und Sauvignon Blanc. „Wenn man nur an den Verkauf denkt, ist das verrückt“, sagt der Winzer, aber er denke eben nicht nur an den Verkauf: „Ich will das produzieren, was mir selbst schmeckt.“ Und das seien vor allem Riesling, Weißburgunder, Spät- und Frühburgunder, „das andere sollen andere machen“.

Das Weinpaket zur 68. Folge des Vier Flaschen Weinpodcasts mit einer spannenden Auswahl: Geil Scheurebe trocken 2021, Geil Weisser Burgunder vom Löss trocken 2021, Geil Riesling Bechtheimer -S- trocken 2020, Geil Riesling Geyersberg trocken 2020
Das Weinpaket zur 68. Folge des Vier Flaschen Weinpodcasts mit einer spannenden Auswahl: Geil Scheurebe trocken 2021, Geil Weisser Burgunder vom Löss trocken 2021, Geil Riesling Bechtheimer -S- trocken 2020, Geil Riesling Geyersberg trocken 2020 © Silkes Weinkeller | Silkes Weinkeller

Das Zweite, was das Weingut Geil von vielen anderen unterscheidet, ist die Preisgestaltung: Er sei bescheiden groß geworden, sagt der Winzer, und das ist er geblieben. „Wir sind jedes Jahr ausverkauft, obwohl wir praktisch kein Marketing für unsere Weine machen, und wir kommen mit unseren Kosten gut klar.“ Deshalb gibt es einen guten Riesling bei Geil gern schon mal für zehn Euro, auch um „den Menschen zu zeigen, dass es nicht immer Grauburgunder sein muss“.

Los geht unser Test mit einem Exoten aus dem Geil-Angebot, einer Scheurebe aus dem Jahr 2021, die die meisten vom Geruch für einen Sauvignon Blanc halten würden. Die Unterschiede im Geschmack sind allerdings groß, für die Scheurebe aus Rheinhessen sind schwarze Johannisbeere und Grapefruit typisch, Kutej hält sie für einen „idealen Sommerwein, leicht und nicht so kitschig wie viele Sauvignon Blanc“. Die Flasche kostet neun Euro.

Ein Riesling "für jeden Tag"

Von der Scheurebe zum Weißburgunder vom Löss, einer speziellen Bodenart, ist es ein großer Schritt; wer die Weine hintereinander probieren möchte, kann zwar dasselbe Glas verwenden, sollte das aber kräftig vinieren, also einmal mit einem Schluck Weißburgunder ausspülen – sonst wird man das starke Aroma der Scheurebe nicht so schnell los. Der zweite Wein schmeckt nach Banane, Birne, Vanille, für Kutej ist er der ideale Essensgebleiter in der Spargelzeit.

Riesling-Liebhaber Lars Haider (v.l.),  Apfelsaftschorlentrinker Axel Leonhard und Weinkenner Michael Kutej verkosten vier Weine.
Riesling-Liebhaber Lars Haider (v.l.), Apfelsaftschorlentrinker Axel Leonhard und Weinkenner Michael Kutej verkosten vier Weine. © HA | Ha

Womit es zu den Rieslingen geht: Im vergangenen Jahr hatten die „Vier Flaschen“ schon einen Geil-Riesling getestet, die Edition S, die damals Bestnoten erhielt, „das war viel Wein für wenig Geld“, erinnert sich Lars Haider. Auch der Riesling Bechtheimer S aus dem Jahr 2020 hat einen Anspruch, der sich im Preis (11,90 Euro) nicht unbedingt widerspiegelt. Er sei sein „Riesling für jeden Tag“, sagt Johannes Geil-Bierschenk über den Wein, der eine Cuvée aus zehn verschiedenen Weinbergen ist und sich, so Haider, „von Glas zu Glas verändert“.

Das gilt noch viel stärker, um nicht zu sagen eindrucksvoller, für den Riesling Geyersberg, ebenfalls aus 2020, der eigentlich viel zu jung ist, um schon getrunken zu werden: „Der hat sein Optimum erst in zwei, drei Jahren erreicht“, sagt Geil-Bierschenk. Das mag stimmen, der Riesling hat aber schon jetzt eine enorme Kraft und eine Salzigkeit, die alle Tester beeindruckt. Und das Beste: Die Flasche kostet nicht, wie von der Runde getippt, irgendetwas um die 30 Euro, sondern nur etwa die Hälfte.

Die „Vier Flaschen“ können Sie sich unter www.abendblatt.de/podcast anhören oder auf dem YouTube-Kanal des Abendblatts ansehen. Im Wechsel mit der bekannten, etwa 90 Minuten langen Folge gibt es alle zwei Wochen eine schnelle Variante: In maximal 9:59 Minuten testen Kutej, Haider und Leonhard eine Flasche Wein, die unter zehn Euro kosten muss, und die am Ende mit Punkten von eins bis zehn bewertet wird.

Podcast mit Kevin Fehling findet auf MS „Europa“ statt

Und dann gibt es noch eine News: Die „Vier Flaschen“ gehen im August an Bord! Zu Gast im Podcast, den wir auf der MS „Europa“ aufzeichnen, ist Drei-Sterne-Koch Kevin Fehling. Wer bei der exklusiven Kurzreise (12. bis 14. August) im Rahmen des hochkarätigen Gourmet-Events „Europa’s Beste“ dabei sein will, findet die weiteren Infos dazu unter www.abendblatt.de/leserreisen.