Hamburg. Unser Genussexperte Gerd Rindchen hat das Oechsle für sich entdeckt – dank schmackhafter Speisen und guter Weine bei schlanken Preisen.

Wenn man selbst Rindchen heißt, weinaffin ist und dann in der Nähe ein Weinlokal namens „Oechsle“ entdeckt, liegt es wohl auf der Hand, dass man nicht umhinkommt, dieses Etablissement neugierig anzusteuern – vorweg genommen: eine nachhaltig gute Entscheidung. Denn Patron Christian Planko kann nicht nur ausgesprochen gut und stilsicher kochen, er pflegt auch eine in der späten Corona-Phase, wo die Preisschraube zum Lieblingswerkzeug vieler Gastronomen avancierte, fast schon archaisch anmutende, höchst gastfreundliche Preispolitik.

Restaurant in Hamburg: Aromatisch bei schlanken Preisen

Im Oechsle speist man recht gehoben mit freundlichem Service in schönem, klarem Ambiente, kurzum: das ehrwürdige ehemalige La Mirabelle an der Bundesstraße hat sich ganz schön gemausert. Unter den Vorspeisen auf der wöchentlich variierenden Karte erfreuen aktuell die festfleischigen, aromatischen Muscheln ohne Schale, die mit einer sehr feinen, stimmigen Fenchel-Curry-Beurre-Blanc daherkommen (12,50 Euro).

Beherzte rustikale Akzente setzt bei den Hauptgerichten eine saftig à point gebratene Lachstranche mit vorzüglichen Lauch-Graupen, herzhaftem Kartoffel-Speck-Püree und hocharomatischem Krustentierschaum. Ein Glücklichmacher für schlanke 18,50 Euro. Eher die Abteilung Finesse bespielt die delikate Seezunge, die sich mit gelungenem grünen Tomaten-Chutney, Kichererbsenbällchen und einer subtil abgestimmten Safransauce umgibt (26,50 Euro).

Ein Gericht, das Herr Planko nimmermehr von der Karte nehmen darf, weil er dann Gefahr läuft, von enttäuschten Stammgästen meuchlings gemetzelt zu werden, ist das gekonnt bereite klassische Wiener Schnitzel mit lauwarmem Kartoffel-Gurken-Salat und Preiselbeeren (23,50 Euro).

Zu den Stärken der Karte zählen auch klassische, erinnerungsweckende bürgerliche Schmorgerichte, wie die großartigen geschmorten Kalbsbäckchen mit Selleriepüree, Karotten und Portweinjus (24,50 Euro) oder die imposante Rinderroulade, stolz thronend auf Kartoffelpüree und konzentriertem Schmorsud und ehrfürchtig flankiert von würzigem Bohnenragout (19,50 Euro).

Das Oechsle macht eine gute Figur

Die Weinkarte, kundig und umfänglich komponiert, vereint Bewährtes und Überraschendes und ist ebenfalls nicht blutdrucktreibend kalkuliert. So kostet mein langjähriger Grüner-Veltliner-Favorit, der rassige „Urkristall“ von Leo Maurer, 31 Euro, noch etwas günstiger ist der sehr gelungene Lagenriesling „Steinberg“ von Nahe-Star Jakob Schneider (30 Euro).

Wer etwas mehr Geld ausgeben will, bekommt einen der besten deutschen trockenen Rieslinge zum Schnäppchenpreis: Der rare 2016er „Marienburg Fahrlay-Terrassen Großes Gewächs“ vom biodynamischen Kult-Winzer Clemens Busch stammt aus seiner besten Parzelle und ist bestockt mit uralten, wurzelechten Rieslingstöcken. Der Wein kostet im Handel, so noch vorhanden, 50 bis 52 Euro, hier im Restaurant 59 Euro.

Zu den Schmorgerichten passen vorzüglich gereifte Bordeaux wie der 2012er Médoc Cru Bourgeois von Château Lousteauneuf (46 Euro), auch der 2018er Nebbiolo von Italiens „Winzerin des Jahres 2021“ Giulia Negri (38 Euro) macht Bella Figura. Wie der ganze Laden, der das Zeug zum Stammlokal hat.