Kiel. Schwarz-Grün verteidigt die Notkredite für den Haushalt 2024. Die Opposition bereitet unterdessen bereits eine Klage vor.
Beim Haushaltskurs liegen Regierung und weite Teile der Opposition in Schleswig-Holstein weiter gewaltig über Kreuz. Während Koalitionsvertreter am Mittwoch im Landtag Notkredite im Umfang von 1,5 Milliarden Euro verteidigten, bereiteten die beiden größten Oppositionsfraktionen SPD und FDP bereits den Gang vor das Landesverfassungsgericht vor. Im Plenum lieferten sich beide Seiten einen Schlagabtausch über den Regierungskurs.
Deutschland erlebe eine Wirtschaftskrise und habe derzeit keine Aussicht auf mehr Steuereinnahmen, sagte CDU-Fraktionschef Tobias Koch. Von den drei Notkrediten handele es sich nur bei den 154 Millionen Euro für die Folgen der Jahrhundert-Sturmflut an der Ostsee im Oktober um neue Pläne. Mit dem Corona-Notkredit setze die Koalition lediglich Beschlüsse des Landtags von 2020 um. „Wir machen das, was vereinbart war“, betonte Grünen-Fraktionschef Lasse Petersdotter. Zur Bewältigung der Pandemie-Folgen gehöre mehr, als nur Atemschutzmasken zu kaufen. Dazu zähle auch der Ausbau der Radwege, um die Resilienz der Bevölkerung zu stärken. „Ich bin überzeugt, dass dieser Haushalt und auch die Notkredite verfassungskonform sind.“
Schleswig-Holstein: Regierung und Opposition sind sich weiter wegen Haushaltsplanung uneins
Schwarz-Grün stört es, dass aus der Opposition – anderes als sonst - nur vom SSW eigene Vorschläge zum Haushalt kamen. Es sei eine Stärke der Demokratie, kontrovers über den besten Weg zu ringen, sagte Finanzministerin Monika Heinold (Grüne). „Aber dafür braucht es auch Alternativen.“ Sie erinnerte daran, dass der Landtag noch mit den Stimmen der SPD bereits im November eine außergewöhnliche Notsituation auch für 2024 festgestellt habe.
Noch deutlicher wurde CDU-Mann Koch: „Mitten in der Krise ducken sich SPD und FDP hier weg.“ Wenn Fraktionen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Haushalts hätten, wäre es das Mindeste gewesen, eigene Vorschläge zu machen. Wenn die Opposition glaube, dass die angedachten Mittel für den Schulbau nicht aus dem Notkredit stammen dürften, hätte sie deren Streichung beantragen können.
SPD und FDP setzen Gutachter wegen Haushalt ein
SPD und FDP bezweifeln, dass der Etat im Umfang von knapp 18 Milliarden Euro verfassungskonform ist. Sie haben den Bielefelder Rechtswissenschaftler Simon Kempny als Prozessbevollmächtigten bestimmt. Oppositionsführerin Serpil Midyatli (SPD) rechnet spätestens Anfang Juni mit der Vorlage seines Gutachtens. „Wir behalten uns vor, eine Normenkontrollklage anzustrengen“, sagten sie und FDP-Fraktionschef Christopher Vogt. Kempny vertrete bereits juristisch die SPD- und FDP-Fraktion in Nordrhein-Westfalen bei einer Normenkontrollklage gegen den Haushalt der dortigen schwarz-grünen Landesregierung.
Ihre Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Etats seien nicht ausgeräumt, sagte Midyatli. „Es wäre eine Katastrophe für dieses Land, wenn diese Landesregierung einen verfassungswidrigen Haushalt vorlegt.“ Der Haushalt löse keines der Probleme. „Schleswig-Holstein steckt in einer Haushaltskrise.“ Notwendig sei eine ehrliche Analyse und dass die Union ihren Widerstand gegen eine Reform der Schuldenbremse aufgebe. „Die finanzielle Lage des Landes ist zu schlecht.“
Ausgaben in Schleswig-Holstein sollen 2024 belaufen sich auf 18 Milliarden Euro
Vogt sprach von einer politischen Bankrott-Erklärung. Dass ausgerechnet das Bundesland, das nachweislich am besten durch die Corona-Pandemie gekommen sei, damit abermals einen Notkredit begründe, löse bundesweit nur noch Kopfschütteln aus. Der Haushalt sei aus dem Lot geraten, das Land in alte Zeiten zurückgefallen. 11 der 16 Bundesländer kämen ohne Notkredite aus. „Die anderen Bundesländer bekommen das hin, weil sie solider wirtschaften.“ Daueraufgaben würden mit dem Ukraine-Notkredit finanziert. Der Haushalt sei nur schwerlich durch Änderungsanträge zu heilen gewesen. Die Koalition spare nicht, sondern gebe das Geld der Bürger mit vollen Händen aus.
Die Koalition will die Ausgaben für 2024 in Höhe von knapp 18 Milliarden Euro unter anderem mit drei neuen Notkrediten in Höhe von insgesamt 1,5 Milliarden Euro finanzieren. Der Corona-Notkredit beläuft sich auf 573 Millionen Euro, ein weiterer für die Folgen des Krieges in der Ukraine auf knapp 800 Millionen Euro. Der dritte Notkredit ist für die Folgen der Jahrhundert-Sturmflut im Oktober an der Ostsee.
Schleswig-Holstein: Regierung sieht keine Alternative zu Notkrediten
Finanzministerin Heinold sieht angesichts der angespannten Haushaltslage aktuell keine Alternative zu Notkrediten. „Lücken in der Finanzplanung lassen sich nicht mit politischen Debatten über die Schuldenbremse lösen.“ Schwarz-Grün habe sich für einen schrittweisen, abgefederten Sparkurs in Krisenzeiten entschieden. Notkredite seien jedoch keine Dauerlösung.
„Allein die großen Steuerpakete Jahressteuergesetz, Inflationsausgleichsgesetz, Zukunftsfinanzierungsgesetz und Wachstumschancengesetz kosten Land und Kommunen in Schleswig-Holstein in 2024 rund 690 Millionen Euro“, sagte Heinold. Der Haushalt sei aus ihrer Sicht verfassungskonform. „Wir tilgen Not- und Konjunkturkredite wie gesetzlich vorgeschrieben.“
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Zudem habe die Koalition einen klaren Konsolidierungskurs vereinbart, sagte Heinold. Schwarz-Grüne wolle Förderungen auf den Prüfstand stellen. Dem Land sei es 2009 bereits einmal gelungen, den Haushalt zu sanieren. Heute seien die Rahmenbedingungen dafür besser. „Damals lag die Zinssteuerquote bei 15,9 Prozent, heute liegt sie bei 4,7 Prozent. Damals lag die Investitionsquote bei 8,7 Prozent, heute planen wir mit 13,1 Prozent.“
Der SSW hat bereits angekündigt, den Haushalt mitzutragen. Notkredite seien weiter gerechtfertigt, um die Handlungsfähigkeit des Staates abzufedern, sagte Fraktionschef Lars Harms. „Es würde aber in der Tat schwer, das Stichwort Corona im nächsten Jahr noch mal zu verwenden.“ Anders sehe das aber bei Ausgaben aus dem Sturmflut-Notkredit aus. Das Land ist aktuell mit gut 32 Milliarden Euro verschuldet. dpa