Emotion lautet die neue harte Währung im Online-Marketing. Burberry und Co. geben ihren Kunden via Internet das Gefühl etwas Besonderes zu sein.
Wer im Onlineshop von Ralph Lauren Kinderkleidung sucht, findet sich prompt in einem Film wieder. User können darin jeden Schauspieler anklicken, sein komplettes Outfit auswählen und auch direkt bestellen. Die aufwendig illustrierte Geschichte dazu erzählt Hollywood-Star Uma Thurman und ist als Buch bei Amerikas größtem Buchhändler Barnes&Noble erschienen. Und wer richtig dazugehören will, kann auf Facebook sein Kind gleich für die Fortsetzung des Videos casten lassen. Eins dürfte damit klar werden: Die Online-Welt von Luxusmarken hat sich tiefgreifend gewandelt.
Laut der 2007 veröffentlichten und einzigen Studie zu „Luxusmarken im Netz“ sind kaufkräftige User den neuen Medien noch stärker zugewandt als andere: Berufstätige in gehobenen Positionen seien laut Studie praktisch den ganzen Tag online und tätigten 18 Prozent ihrer Luxuskäufe online. Neben reiner Information nutzen sie durchaus auch unterhaltende Inhalte. Edles Design und interaktive Features wurden von rund 42 Prozent der befragten luxusaffinen Käufer gewünscht. Daneben werden spezielle Vorteile wie etwa kostenloser Versand oder Preisnachlass geschätzt (62 Prozent) sowie Vorabinformationen zu Produkt-Neuheiten (53 Prozent). Kleine Geschenke, Coupons und Einladungen zu Modenschauen und Sonderverkäufen kommen gut an. Eine kleinere Klientel von 13 Prozent finden exklusive Previews von neuen Spots und Videos interessant.
Um die außergewöhnlichen Ansprüche ihrer Kunden an Qualität, Service und das gewisse Etwas, auch auf ihrer Homepage zu erfüllen, schöpfen Luxusmarken die ganze Palette an Möglichkeiten aus, die das Netz bietet: Aufwendige Video-Animationen beleuchten bei Edel-Uhren-Fabrikant Jaeger LeCoultre jeden Produktionsschritt eines Uhrwerks. Mit der neuen iPhone-App der Uhren-Manufaktur IWC können User im „Try it“-Modus Modelle am zuvor fotografierten Handgelenk ausprobieren und sich die „Big Pilot“ als virtuelle Uhr auf den Touchscreen spielen.
Live-Streams ausgewählter Modenschauen und High-Definition-Fotostrecken aktueller Kollektionen füllen die Internetseiten von Burberry. Trendige Musikclips locken die luxusaffinen Internetkäufer zusätzlich. Die britische Traditionsmarke lässt außerdem Chef-Designer Christopher Bailey regelmäßig per Video persönlich zu seinen Fans sprechen und ihre Fragen beantworten. Kundenservice gibt es telefonisch oder per Live-Chat. Das Resultat der virtuellen Rundumbetreuung: Burberry ist mit 4,3 Millionen Facebook-Fans Klassenbester in der Luxuskategorie.
Dieser Aufwand ist nötig, weil Luxusmarkenkunden beim Einkaufen immer einen Extra-Kitzel suchen, weiß Milton Pedraza, CEO des Luxury Institute in New York: „Wenn ein Kunde auf einer Webseite oder in einer Filiale eine schlechte Erfahrung macht, dann nimmt das dem Produkt und der Marke etwas, weil diese Erfahrung ihm nicht das Gefühl gab, besonders zu sein. Das bringt ihn weg von dem Gefühlsrausch, den er beim Kauf von Luxusgütern bekommt.“ Genau diesen Rausch soll der Kunde aber immer mit dem Label verbinden. Mehr noch: ihn emotional an die Marke binden. Zu diesem Ergebnis kam auch die Luxus-Studie: Die Luxusmarken stünden vor der besonderen Herausforderung das Markenerlebnis und die Emotionalität mit guter Nutzbarkeit und den gewünschten Informationen zu verbinden.
Ralph Lauren treibt diese Markenphilosophie auf die Spitze: Eine iPhone-App zum Poloshirt-Design bietet die Möglichkeit, per Fingerzeig den eigenen Namen direkt unter das berühmte Pony gestickt zu bekommen – viel verbundener kann man dem Label kaum noch werden. Auf seiner Facebook-Seite geht Ralph Lauren sogar so weit, Besucher ihre eigenen Werbespots für das neue RL-Parfum kreieren zu lassen – für ein Stück vom Markenglück werben die Kunden sich quasi selbst. Personalisierung und Interaktion sind dabei die wichtigsten Strategien: Gerade weil man die Werbung selbst mitgestalten kann, ist sie persönlicher und verlockender als alles fertig Vorgesetzte.
Allerdings sind die Clips, die Ralph Lauren als Material dafür vorlegt, alles andere als dilettantisch: Wo Sendezeit und Werbefläche unbegrenzt sind, werden aufwendig produzierte Kurzfilme gezeigt: Vier mal zwei Minuten makellose Hockey-Model-Party-Welt – je eine eigene Version für jeden der neuen Düfte. Schöne Menschen, die feiern, spielen und siegen, vermitteln die Marke als Accessoire ihres Lifestyle. „Den Menschen ist es nicht egal, für was ihre Kleidung steht. Sie können das gleiche weiße T-Shirt lieben oder hassen - je nach seiner Marke und Symbolik“, sagte der Marketingforscher Klaus Heine im Interview mit dem „Manager Magazin“. Luxusmarken vertrauten dabei vor allem auf ihre eigene Identität. Diese trügen sie als Mission in die Welt hinaus „und suchen damit nicht irgendwelche Kunden, sondern Anhänger, die ihre Identität schätzen und teilen“, so Heine. „Typische Werte von Luxusgüterkonsumenten sind Macht, Wohlstand, Prestige und Leistung. Sie sind eher offen für Neues und streben mehr nach Hedonismus und Selbstverwirklichung.“
Darum weiß auch Couturier Chanel und lässt kinoreife TV-Spots von Starregisseur Martin Scorsese drehen und schiebt online noch Making-Of Videos und Interviews hinterher – schließlich gibt es im Netz unendlich viel Platz um interessierten Kunden einfach alles anzubieten, was den Markenkult fördert und erhält. Dabei geht es nicht mehr nur darum, Kunden zu erreichen, sondern sie via Facebook-Abstimmung, iPhone-App und Internet-Casting zum Mitmachen zu animieren. Das gilt auch für Tiffany & Co.. Auf der Facebook-Seite des Edeljuweliers stimmen die Fans weltweit und doch unter sich über die Schmuckstücke der Oscar-Verleihung ab oder tauschen sich darüber aus, wer wo auf der Welt schon in wie vielen Tiffany-Filialen war. Im Netz entsteht sehr schnell eine eigene Fan-Gemeinde und mit dem Gemeinschaftsgefühl nach innen auch der Wunsch von außen, dazu zu gehören.
Langfristig reichen Gefühle allein aber keiner Marke aus und auch Tiffany & Co. möchte am Ende die unverbindlichen „Gefällt mir“-Klicks in Verkaufszahlen ummünzen. Um diese letzte Entscheidung zu erleichtern, leitet der Edeljuwelier auf seiner Homepage Schritt für Schritt zum perfekten persönlichen Verlobungsring. Der Kunde klickt sich durch Skizzen verschiedener Formen, Farben und Schliffe und bekommt so den Eindruck, der Ring würde speziell für ihn angefertigt. Und da Diamanten ein Leben lang halten, verspricht Tiffany den Kunden auch mehr Extra-Service als jedes Modelabel: „We will always be here for you“ lautet die lebenslange Garantie.