Bei Kaffee und Tee ist Fair Trade in Hamburg bereits der Standard. In der Mode setzt sich Fair Trade allerdings nur langsam durch.
Hamburg. Die Perle glänzt noch ein bisschen mehr. Denn ab sofort darf sich Hamburg zusätzlich zur Umwelthauptstadt offiziell auch Fair-Trade-Stadt nennen. Seit Januar 2009 können sich deutsche Städte bei der Siegelorganisation TransFair um diesen Titel bewerben. Es geht um verbesserte Arbeitsbedingungen für Bauern in Afrika, Asien und Südamerika und den Verzicht auf Kinderarbeit. Fairer Kaffee im Rathaus, 185 Geschäfte mit Fair-Trade-Produkten und 92 Gastronomiebetriebe mit fair gehandelten Speisen und Getränken.
Kirsten Brodde gehen die Anforderungen jedoch nicht weit genug. Die Journalistin schreibt einen Blog zum Thema "grüne Mode", kritisiert, dass sich das Fair-Trade-Siegel meist noch auf "klassische Kolonialprodukte" wie Kaffee und Tee bezieht. Doch gerade bei der Produktion von Kleidung sieht sie Bedarf an gerechtem Handel und fordert: "Wenn Hamburg Fair-Trade-Town sein will, sollten Polizisten, Feuerwehrleute und Müllmänner fair gehandelte Uniformen tragen."
Lisa Speck ist Projektkoordinatorin der Aktion "Fair-Trade-Stadt Hamburg". "Kleidung spielt bei uns schon eine Rolle", sagt sie. Geschäfte, die Kleidung aus fair gehandelter Baumwolle verkaufen, stünden auf der Liste der Einzelhändler auf der Homepage der Kampagne. Ein großes Hindernis sei aber das Fehlen eines einheitlichen Siegels in der Produktion von Kleidung. Das Fair-Trade-Siegel zum Beispiel zertifiziere nur die Baumwolle, nicht den Produktionsweg. "Außerdem ist es leichter, mit den fairen Lebensmitteln zu beginnen, da es in diesem Bereich schon eine höhere Vielfalt gibt", sagt Lisa Speck.
Noch spielt fair gehandelte Mode kaum eine Rolle. Ein Problem: Sie schreckt immer noch viele Leute ab, die sofort an schlabberige Ökoklamotten denken. Zwar zeigen Modedesigner wie Stella McCartney und Alberta Ferretti, wie glamourös Green Fashion sein kann, doch handelt es sich dabei immer noch um Nischenprodukte.
In Hamburg setzen die Designerinnen Julia Starp und Philippa Lindenthal Eco-Trends, Inga Thomas fertigt ihre Designerschuhe ausschließlich aus veganen Stoffen. Seit 1992 verkauft Uli Ott in ihrer Boutique Marlowe nature am Grindel Kleidung aus Biobaumwolle, die auch höhere soziale Standards für die Näherinnen garantiert. "Ich hatte auch vorher schon Modeläden", erzählt sie, "wenn ich Pakete mit Sachen aus Indien oder Bali ausgepackt habe, kam mir oft ein stechender Geruch entgegen, wahrscheinlich wegen der Schädlingsbekämpfungsmittel." Dann habe sie angefangen zu fragen, wo die Sachen herkommen und wer sie wie produziert.
Über ein fehlendes Angebot an fairer Kleidung könnten sich die Hamburger jedenfalls nicht beschweren, findet Kirsten Brodde. Neben dem Laden von Uli Ott gebe es noch zwei weitere Boutiquen, die sich auf Mode konzentrieren, die unter fairen Bedingungen gefertigt worden ist: Glore im Karolinenviertel und May Green in Ottensen. Und sogar mitten in der Altstadt würden "Grüne Erde" und "Hess Natur" grüne Mode anbieten. Im virtuellen Avocado Store mit Sitz am Schulterblatt werden Eco-Fashion- und Lifestyle-Accessoires von Marken wie Kuyichi, Bleed und Knowledge Cotton Apparel sogar zu fairen Preisen angeboten.
Wiebke Hövelmeyer, Inhaberin von Glore, erlebt in ihrem Laden, dass faire Kleidung auf wachsendes Interesse stößt. "Viele schauen herein und sind überrascht, dass es sich in meinem Laden um Biokleidung handelt." Den kräftig roten Ballerinas zum Beispiel sieht man nicht an, dass sie aus recyceltem Leder produziert worden sind. Wiebke Hövelmeyer würde heute nicht mehr bei H&M einkaufen: "Sobald man das einmal durchdacht hat, kann man nicht mehr zurück", sagt sie. Doch auch der schwedische Modekonzern denkt um, bietet neben Kleidung aus Biobaumwolle neuerdings eine Conscious Collection mit Kleidung aus recycelter Viskose an. Auch Otto hat längst Ökomode im Programm.
Laut Trendforscherin Sabine Koppe sei es wichtig, dass die großen Firmen auf grüne Produktion umstellen, damit eine richtige Trendwende möglich wird - ähnlich dem Siegeszug der Biolebensmittel. "Die Konsumenten sind immer informierter, dadurch werden neben Bio auch andere ethische Aspekte immer wichtiger."
Doch so rasant wie im Markt für Biolebensmittel sieht Sabine Koppe die Entwicklung hier nicht. "Beim Grundbedürfnis der Ernährung liegt es nahe, als Erstes darauf zu achten. Das, was ich auf die Haut auftrage, also Biokosmetik, war die zweite wichtige Ebene, die ja mittlerweile auch einen großen Marktanteil ausmacht. Mit Biomode, also das, was ich mir auf die Haut lege, wäre dann die dritte Ebene erreicht."
Ein positives Signal in diese Richtung sieht auch Jürgen Dax, Geschäftsführer vom Bundesverband Textil und Einzelhandel: "Studien zeigen immer wieder, dass Konsumenten grundsätzlich die Idee unterstützen, dass Näherinnen für ihre Arbeit ein gerechter Lohn zusteht." Doch die meisten entschieden sich im Laden für günstige Textilien. Der Anteil von Kleidung aus Biobaumwolle liege auf dem deutschen Markt noch unter einem Prozent. "Deshalb ist es wichtig, dass Hamburg als Fair-Trade-Stadt mit gutem Beispiel vorangeht", sagt Kirsten Brodde.
Weitere Informationen zur Kampagne gibt es unter www.fairtradestadt-hamburg.de