Zusatzangebote von Alternativmedizin bis Zahnreinigung machen einen Wechsel für die rund 52 Millionen gesetzlich Versicherten zunehmend attraktiver.

Immer mehr gesetzliche Krankenkassen bieten interessante Zusatzangebote von Alternativmedizin bis Zahnreinigung. Solche Extras können ein Grund für den Kassenwechsel sein. 52 Millionen Menschen haben die Wahl – so viele Mitglieder haben die gesetzlichen Kassen, mitversicherte Familienangehörige wie Kinder und Ehepartner nicht eingerechnet.

Finanztest zeigt am Beispiel einer Mutter, wie gesetzliche Krankenversicherte die richtige Kasse für sich finden. Wie im vergangenen Jahr hat Finanztest die Krankenkassen nach Leistungen gefragt, die über die gesetzlich vorgeschriebene Versorgung hinausgehen. Diesmal bieten viele Kassen mehr als im Vorjahr.

Mehr Geld für Zähne

Jetzt geben zum Beispiel 63 von 85 Kassen einen Zuschuss zur Osteopathiebehandlung: Therapeuten versuchen, mit den Händen Blockaden im Körper zur lösen.

Viel getan hat sich auch bei Extraleistungen rund um die Zähne, bei der künstlichen Befruchtung, für Schwangere und bei Hilfsmitteln wie Brillen. Versicherte erhalten bei vielen Kassen Geld für alternative Medikamente oder dürfen sich manchmal durch Ärzte oder in Krankenhäusern ohne Kassenzulassung behandeln lassen.

Wechseln darf jeder, der mehr als 18 Monate Mitglied bei seiner Kasse ist – selbst wenn er schon älter oder krank ist. Mitversicherte Familienmitglieder wechseln mit. Doch nicht immer ist ein Wechsel nötig. Oft bietet auch die eigene Kasse mehr Leistungen, als ihre Versicherten wissen.

Schritt für Schritt zur Wunschkasse

Die 38-jährigen Mutter Anja Hähnel überlegt, die Kasse zu wechseln: Ihre Kasse, die Schwenniger Krankenkasse, bietet ihr keine Medizinhotline. Doch sie hätte gern einen Ansprechpartner rund um die Uhr, der ihr schon am Telefon erste Ratschläge geben kann, wenn ihr oder vor allem ihrem lebhaften sechsjährigen Sohn Ben Ole einmal etwas passiert. So einen Service bieten 38 von 85 Kassen in unserem Test.

Hähnel kann nur zu einer Kasse wechseln, die in Mecklenburg-Vorpommern geöffnet ist. Nun sind nur noch 22 Kassen im Rennen. Neben der Telefonhotline findet die Mutter auch die zusätzlichen Früherkennungsuntersuchungen für Kinder interessant, die einige Krankenkassen bezuschussen.

Sohn Ben Ole hatte seine letzte Untersuchung, die U9, mit fünf Jahren im Februar 2012. Diese und die vorangehenden Untersuchungen übernehmen alle Kassen vollständig. Anders ist das bei den zwei zusätzlich möglichen Vorsorgeuntersuchungen U10 und U11.

Zuschuss für Behandlung beim Wunscharzt

Stark gewachsen ist das Zusatzangebot der Kassen zur Zahnvorsorge und -behandlung. Hähnel legt vor allem Wert auf die professionelle Zahnreinigung. Seit einiger Zeit hat sie Probleme mit dem Zahnfleisch und geht regelmäßig zur Zahnreinigung. „Es ist doch gut, wenn die Krankenkasse mir etwas zu der teuren Behandlung dazubezahlt.“

Einen Zuschuss für die Behandlung beim Wunschzahnarzt der Versicherten zahlen zurzeit 31 von 85 Kassen im Test. Die BKK Melitta Plus übernimmt zum Beispiel einmal im Jahr maximal 85 Euro.

Andere Kassen übernehmen nur dann einen Teil der Kosten, wenn die Patientin zu einem von der Kasse vorgeschlagenen Zahnarzt geht. Das ist für die junge Frau erst einmal kein K.-o.-Kriterium, sie lässt diese Kassen in ihrer Auswahl.

Auch Erreichbarkeit kann entscheidend sein

Hähnel interessiert sich auch für alternative Behandlungsmethoden und Medikamente. Zahlreiche Kassen im Test bieten ihr etwas: Versicherte können sich bei ausgewählten Vertragsärzten auch homöopathisch oder antroposophisch behandeln lassen. Ebenso beteiligen sich einige Kassen außerdem mit etwa 100 Euro pro Jahr an den Kosten für alternative Arzneimittel wie den homöopathischen Globuli.

Am Ende hat die 38-Jährige noch acht Kassen in der engeren Auswahl. Sie will sich als nächstes anschauen, wie viele Zahnärzte ihr diejenigen unter den Krankenkassen für die professionelle Zahnreinigung nennen, die nicht den Wunschzahnarzt zulassen. „Ich werde einfach mal bei den ausgewählten Kassen anrufen. Mal schauen, wie freundlich und kompetent die Mitarbeiter sind und wie gut ich jemanden erreiche.“ Auch das kann darüber entscheiden, welche Kasse letztendlich das Rennen macht.

Weitere Informationen: Zeitschrift Finanztest 9/2013 und www.test.de/krankenkassen

Finanztest-Tipps

Leistung: Durch die Vorgaben für alle gesetzlichen Krankenkassen müssen Sie in keiner Kasse eine schlechte Versorgung befürchten. Sie können jedoch ein paar hundert Euro im Jahr sparen und besseren Service bekommen, wenn Sie Zusatzangebote nutzen. Wechseln sollten Sie nur, wenn Ihre Krankenkasse Ihnen nicht die Zusatzangebote bietet, die Sie sich wünschen, oder Sie mit ihrem Service unzufrieden sind.

Datenbank: Unter www.test.de/krankenkassen gibt der Finanztest-Produktfinder im Internet jeden Monat aktualisiert ausführlich Auskunft über Zusatzangebote der Krankenkassen. Der Abruf kostet 3 Euro.

Wechsel: Sie dürfen Ihre Krankenkasse jederzeit verlassen, wenn Sie 18 Monate oder länger Mitglied waren. Keine neue Kasse darf Sie ablehnen – egal aus welchen Gründen.

Weitere wichtige Themen in der September-Ausgabe von Finanztest:

Tests und Reports: Dispozinsen beim Girokonto, Betriebsrente, Geldanlage, Geschäfte im Internet, gesetzliche Krankenkassen, Krankenversicherung für lange Auslandsreisen

Unter der Lupe: 360°-Rechtsschutz der Advocard, Tages- und Festgeld der FSS-Bank, Krankenversicherungs-App für Europa

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