Essen/New York. Der neue US-Präsident erlässt Dekret gegen Meereswindparks. RWE muss nun um seinen größten Markt und ein Prestigeprojekt vor New York bangen.

Der in den vergangenen Jahren so erfolgsverwöhnte Energiekonzern RWE hat ein mächtiges Problem - und das heißt Donald Trump. Der neue US-Präsident unterzeichnete als eine seiner ersten Amtshandlungen ein Dekret, das neue Meereswindparks verbietet. Dabei gibt er sich als Tierschützer - und wiederholte nach seiner Amtseinführung die unbelegte Behauptung, Windkraft sei nicht nur teuer, sondern töte auch Wale. Das sagt Trump seit Jahren immer wieder.

Noch schlimmer könnte für den Essener Konzern werden, dass Trump auch bereits erteilte Genehmigungen und Pachtverträge für Windkraftanlagen auf See und an Land überprüfen und im Zweifel rückgängig machen lassen will. Damit stehen vor allem drei Großprojekte von RWE vor den Küsten der Vereinigten Staaten plötzlich wieder in Frage.

RWE plant sechs GW Meeres-Windkraft an der US-Küste

Für Deutschlands größten Stromerzeuger waren die USA in den vergangenen Jahren der mit Abstand wichtigste Wachstumsmarkt beim Ausbau erneuerbarer Energien. Angetrieben durch Bidens Subventionen im sogenannten Inflation Reduction Act (IRA) wuchs RWE zum viertgrößten Ökostromerzeuger in den Staaten. Genau das könnte für die Essener nun zum Boomerang werden, denn Trump kündigte am Montag nach seiner Amtseinführung an: „Mit meinen heutigen Maßnahmen werden wir den Green New Deal beenden.“

US-Präsident Donald Trump hält nichts von Windkraft. Er verbietet nun neue Projekte und will auch alle laufenden überprüfen lassen.
US-Präsident Donald Trump hält nichts von Windkraft. Er verbietet nun neue Projekte und will auch alle laufenden überprüfen lassen. © AFP | NICHOLAS KAMM

Aufgrund seiner früheren Äußerungen kam Trumps Anti-Windkraft-Dekret für RWE „nicht überraschend“, wie der Konzern am Abend gegenüber unserer Redaktion erklärte. „Wir hatten bereits Ende des Jahres angekündigt, Investitionen in Offshore Wind in den USA zu verschieben. Wir werden nun das Ergebnis der Überprüfung durch die US-Regierung abwarten“, so RWE. Der Konzern betont, es befinde sich in den USA „nur ein Offshore-Windprojekt in einem fortgeschrittenen Entwicklungsstadium“, nämlich das vor der Küste von New York.

Allerdings hatte RWE viel mehr vor. Aktuell betreiben die Deutschen in den USA rund 170 Grünstrom-Anlagen in 24 Bundesstaaten. Bisher sind dies im Wesentlichen Windräder an Land und großflächige Solarparks. Beim weiteren Ausbau sollten Windparks auf hoher See eine Hauptrolle spielen, RWE hat sich Zuschläge für drei Großanlagen mit insgesamt sechs Gigawatt (GW) Leistung gesichert. Damit ist der Dax-Konzern nach eigener Aussage bei den laufenden Meereswind-Projekten der zweitgrößte Entwickler in den USA. Doch die nimmt Trump nun als erstes ins Visier.

RWE-Aktienkurs gibt nach Trumps Wahl deutlich nach

Weil die Finanzmärkte wissen, wie wichtig die USA für RWE sind, sank der Aktienkurs des Konzerns seit dem Wahlsieg Trumps am 6. November um rund 3,5 Prozent. RWE wirbt Anleger vor allem mit dem Versprechen, ein schnell wachsender Grünstrom-Konzern zu werden. Bis 2030 wollte RWE weltweit rund 55 Milliarden Euro in Erneuerbare Energie und Großspeicher stecken – mehr als ein Drittel davon sollte in die USA fließen. Das dürfte sich mit Trump nun ändern, RWE-Finanzchef Michael Müller hatte bereits im November erklärt, wegen neuer Risiken in den USA rund eine Milliarde Euro weniger pro Jahr zu investieren.

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Dass die USA eine Schlüsselrolle in den RWE-Plänen für die kommenden Jahre spielen, ist mit Trumps Wahl zum US-Präsidenten praktisch über Nacht von einer hoffnungsvollen zu einer risikoreichen Strategie geworden. Finanzchef Müller rechnete bereits im November vor allem für den geplanten 3-GW-Meereswindpark in der Bucht vor New York mit Verzögerungen, weil dafür noch Genehmigungen durch US-Bundesbehörden ausstünden. Die wird es nun absehbar kaum geben können, solange Trump sein Dekret nicht aufhebt.

RWE-Meereswindpark in New Yorker Bucht wackelt nach Trumps Dekret

Es sollte ein Vorzeigeprojekt der Essener werden: RWE hat erst im Oktober mit dem Bundestaat New York einen Abnahmevertrag für den ersten Teil des Projekts mit 1,3 GW unterzeichnet. Dieser hätte in Brooklyn ans New Yorker Stromnetz angeschlossen werden und rund 500.000 Haushalte mit Strom versorgen sollen. Zudem plant RWE große Windparks im Golf von Mexiko und vor der Küste Nordkaliforniens. An der Westküste will der deutsche Marktführer seinen ersten schwimmenden Windpark im Großformat aufs Meer setzen.

Markus KREBBER , 2023
RWE-Chef Markus Krebber muss sich Sorgen um sein Grünstrom-Geschäft in den USA machen. © picture alliance / SZ Photo | Rainer Unkel

Welche Investitionen überhaupt noch sicher sind, ist völlig offen. Denn Trumps Dekret sieht auch eine nachträgliche Überprüfung der Genehmigungsprozesse für alle laufenden Projekte an Land und auf See vor. Sie sollen darauf hinterfragt werden, ob sie negative Auswirkungen auf die nationale Sicherheit, die Strompreise oder auch die Artenvielfalt haben. Womit Trump offenkundig seine These von den sterbenden Walen zur Vorgabe macht, aller Widersprüche von Wissenschaftlern zum Trotz. So sieht nicht nur die US-Meeresforschungsbehörde NOAA die größte Bedrohung für die Wale im Klimawandel, den Trump leugnet.

Trump: Solarparks sehen aus „wie die Hölle“

Vor der Wahl hatte Trump auch gegen die vielen neuen Solarparks gewettert, die in den südlichen, sonnenreichen US-Staaten sehr ertragreich laufen. RWE hatte zuletzt neue Anlagen in Kalifornien und Georgia in Betrieb genommen und sieht viel Potenzial für mehr in den USA. Bei einem Wahlkampfauftritt in Florida beschrieb Trump sie mit diesen Worten: „Alles aus Stahl, Glas und Drähten, es sieht aus wie die Hölle.“ In den bisher unterzeichneten Dekreten tauchen sie noch nicht auf. Absehbar ist aber, dass unter Trump möglichst keine neuen hinzukommen sollen. Denn Trump will die von Biden eingesetzten und von Konzernen aus aller Welt genutzten Förderprogramme sofort stoppen und stattdessen wieder mehr auf fossile Energieerzeugung setzen.