Rom. In immer mehr Ländern wird ein Recht auf Nichterreichbarkeit gefordert. Was das für Arbeitnehmer und den Büroalltag bedeuten würde.
Ob im Urlaub oder nach Feierabend – viele Arbeitnehmer sind auch in ihrer freien Zeit für Vorgesetzte und Arbeitskollegen erreichbar, beantworten E-Mails oder WhatsApp-Nachrichten. Immer mehr Staaten finden aber: Das muss nicht sein. Sie haben ein Recht auf Nichterreichbarkeit eingeführt. Auch in Italien gibt es nun einen entsprechenden Vorstoß.
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Im Parlament in Rom liegt nun der Gesetzentwurf „Lavoro, poi stacco“ („Ich arbeite, dann schalte ich ab“) vor, der von einer Gruppe Abgeordneter der Demokratischen Partei (PD) in Zusammenarbeit mit der Jugendorganisation „L‘associata“, in der Abgeordnetenkammer eingereicht wurde.
Geplant ist demnach, dass Arbeitnehmer außerhalb der Arbeitszeiten nicht von ihrem Arbeitgeber oder Vorgesetzten kontaktiert werden dürfen – egal ob per Telefon, E-Mail oder Messenger-Diensten. Dieses Recht sollte demnach für einen Zeitraum von mindestens 12 Stunden nach Ende der Arbeitszeit gelten.
Recht auf Nichterreichbarkeit soll auch für Kollegen gelten
Der Gesetzentwurf sieht zudem Strafen für Unternehmen vor, die sich nicht daran halten: Zwischen 500 und 3000 Euro pro betroffenem Arbeitnehmer sollten fällig werden. Das Recht auf Abschaltung bedeutet, dass man „außerhalb der Arbeitszeit nicht ständig auf Abruf bereit sein muss“, ohne dass man Konsequenzen befürchten müsse, betonten die Initiatoren des Gesetzentwurfs.
Darüber hinaus wird vorgeschlagen, dass Unternehmen mit mehr als 15 Beschäftigten ihren Arbeitnehmern auf eigene Kosten digitale Geräte zur Verfügung stellen. Denn: Allzu oft würden private Smartphones, PCs und Tablets mit den für die Arbeit verwendeten Geräten zusammenfallen. Dies erhöhe die Möglichkeit, jederzeit Nachrichten aus dem Büro zu erhalten. Darüber hinaus will das Gesetz nicht nur die Beziehung zwischen Chef und Arbeitnehmer regeln: Das Recht auf Abschaltung soll auch unter Kollegen gelten.
Prekäre Arbeitsverhältnisse und unangemessene Entlohnung sind nach Ansicht der Initiatoren des Gesetzentwurfs Ursache für die ständige Erreichbarkeit und die daraus resultierenden psychischen Probleme – insbesondere Angst, Stress und Schlaflosigkeit. Dies seien Bedingungen, die dazu führen, dass sich die Arbeitnehmer ständig herausgefordert fühlen und im Wettbewerb mit ihren Kollegen stünden.
Homeoffice befeuert Druck, ständig erreichbar zu sein
Immer mehr Staaten haben in den letzten Jahren ein solches Recht auf Nichterreichbarkeit eingeführt: Frankreich etwa, aber auch Spanien, Belgien und Irland. Auch auf EU-Ebene wird das Thema diskutiert, um den Arbeitnehmern ein gesundes Gleichgewicht zwischen Beruf und Privatleben zu ermöglichen. So forderte das EU-Parlament 2021 ein „Right to Disconnect“, geworden ist daraus noch nichts.
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Auch in Italien sind Remote Work – also das Arbeiten unabhängig vom Standort, zum Beispiel im Homeoffice – und hybride Arbeitsmodelle hoch im Kurs. Die Coronapandemie hat diese Entwicklung beschleunigt und Unternehmen dazu gezwungen, flexible Arbeitsstrukturen zu implementieren. Dabei haben viele festgestellt, dass die Produktivität nicht zwangsläufig an physische Präsenz im Büro gebunden ist. Stattdessen haben hybride Arbeitsmodelle, die sowohl Remote-Arbeit als auch Büroarbeit umfassen, an Beliebtheit gewonnen.
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Ein Nachteil dieser hybriden Modelle: Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen. Viele Arbeitnehmer fühlten sich verpflichtet, auch nach Feierabend erreichbar zu sein, was zu mentalem Stress führe, warnen Experten. Der dauerhafte Druck, immer verfügbar zu sein, verhindere die nötige Erholung und könne zu chronischem Stress und Burnout führen. Ein Problem, das mittlerweile auch im italienischen Parlament angekommen ist.