Berlin. Bei Finanzratschlägen im Internet ist Vorsicht geboten. Wie man unseriöse Angebote erkennt – und wo man sich gut informieren kann.
Ist die Rente noch sicher? Was können Versicherte privat tun, um im Alter auch finanziell sorgenfrei leben zu können? Sandra Klug ist Altersvorsorge- und Rentenexpertin bei der Verbraucherzentrale Hamburg. An dieser Stelle beantwortet sie regelmäßig Fragen zu den Themen private Vorsorge und Rente. Heute: Was sogenannte Finfluencer – also selbst erklärte Finanzexperten im Internet – versprechen und wie sich Verbraucher richtig verhalten.
Frau Klug, „Folge mir – und ich mache dich reich“, versprechen sogenannte Finfluencer auf Social-Media-Plattformen. Kann man sich als Nutzer guten Gewissens darauf verlassen?
Sandra Klug: Nein. Aber es muss bei Finfluencern differenziert werden. Zwischen Wissensvermittlung im Sinne von finanzieller Bildung bis hin zu unseriösen Strategien à la „Willst du Lambo, kaufe Krypto“ gibt es alles. Versprechungen, jemanden schnell reich zu machen, sind immer windig.
Welche Problemfälle sind Ihnen bekannt?
Klug: Richtig krasse Beispiele gibt es im Umfeld von Kryptowährungen. Uns sind Fälle bekannt, bei denen Menschen Geld einzahlen und ihnen dann eine wunderbare Wertentwicklung vorgegaukelt wird, mit dem Ziel, dass sie noch mehr Geld nachschießen. Da gehen Tausende Euro über den Jordan, zurückgezahlt wird nichts. Die Dunkelziffer in diesem Bereich ist hoch. Die Menschen schämen sich für ihre Fehler. Diese sich einzugestehen, ist hart, aber man ist in guter Gesellschaft.
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Was ist darüber hinaus eher unseriös?
Klug: Die Landschaft ist bunt. Wir sehen vor allem Probleme bei Copy Trading, aber auch bei Coaching-Angeboten. Man weiß in vielen Fällen nicht viel über die Menschen, die dahinterstecken. Was für eine Ausbildung haben sie? Was qualifiziert sie? Stimmen die selbst behaupteten Angaben? Letztendlich kann jede oder jeder über Finanzen reden. Zum Teil sind die Dinge, die da inhaltlich verkauft werden, wirklich schwach und/oder unheimlich teuer. Interessierte sollten sich die Frage stellen: Worin liegt eigentlich das Geschäftsinteresse der Influencer. Nicht selten bekommen diese Personen von Anbietern Geld, um Produkte oder Dienstleistungen zu bewerben. Verbraucherinnen und Verbraucher sollten sich dessen bewusst sein.
Wie viele deutschsprachige Finfluencer liefern denn gute Inhalte?
Klug: Das ist schwer zu sagen. Qualitätsmerkmale gibt es keine, Regulierung auch nicht. Auch die Reichweite sagt nichts aus. Wir stoßen immer wieder auf Inhalte, bei dem wir nur die Hände über dem Kopf zusammenschlagen können. Dinge werden oft stark verkürzt oder falsch dargestellt.
Was war der katastrophalste Rat aus dem Finfluencer-Spektrum, den Sie gehört haben?
Klug: Gerade hochgekocht ist der Fall ‚Immo Tommy‘. Der selbst ernannte größte Immobilien-Influencer Europas scheint überteuerte Schrottimmobilien und riskante Finanzierungen vermittelt und enorme Provisionen kassiert zu haben. Kein Aushängeschild für die Branche.
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Mal grundsätzlich: Wie sollte man mit dem vermeintlichen Rat eines Finfluencers umgehen?
Klug: Genau hinschauen und hinterfragen, was und warum da eigentlich etwas in die Kamera gesagt wird. Wie verdienen die Leute Geld? Kostenlose Seminare sind nur Lockmittel. Auch bei Coachings immer genau hinschauen, was da angeboten wird und ob es mich da hinbringt, wo ich hinwill. Sich in diesem Dschungel zurechtzufinden, ist wirklich schwierig. Ich empfehle daher auch, sich lieber eine zweite ,neutrale Meinung einzuholen, als einmal dem großen Betrug auf den Leim zu gehen.
Wer sollte denn die erste Anlaufstelle sein, wenn es um eine Beratung für die eigenen Finanzen geht?
Klug: Wichtig ist zunächst, sich die Informationen von einer neutralen Quelle zu holen, also von Menschen, die kein Verkaufsinteresse haben, bei denen die Provision nicht im Vordergrund stehen oder die Entgelte für Coachings verlangen. Im Wesentlichen sind das Honorarberater und Verbraucherzentralen. Auch bei Honorarberatern ist nicht zwingend alles Gold, was glänzt. Wichtig ist also stets, auf das eigene Bauchgefühl zu hören und den Kopf nicht auszuschalten.
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