Berlin. Wer profitiert am meisten von der Rentenerhöhung? Ein Experte erklärt, welche Faktoren eine entscheidende Rolle spielen.
Mit der geplanten Rentenerhöhung sollen im Juli erstmals alle 21 Millionen Rentner in Deutschland einheitlich 4,57 Prozent mehr Geld erhalten. Damit wird ein Schlussstrich unter die jahrelangen unterschiedlichen Anpassungen in Ost und West gezogen. Und dennoch schneiden manche Rentner in den neuen Bundesländern besser ab als Westler. Wie kann das sein? Ein Faktencheck.
„Für die Berechnung der Rente werden Beschäftigungszeiten in der ehemaligen DDR und in den neuen Bundesländern mit einem Umrechnungsfaktor erhöht. Damit sollen Unterschiede im Lohnniveau zwischen Ost und West ausgeglichen werden. Für Beschäftigungszeiten ab 2025 erfolgt keine Hochwertung mehr. Haben trotz der grundsätzlich bestehenden Lohnunterschiede Beschäftigte bestimmter Branchen im Osten dasselbe verdient wie Beschäftigte im Westen, kann die Hochrechnung dazu führen, dass die Rente des ostdeutschen Arbeitnehmers höher ausfällt als die Rente des westdeutschen Arbeitnehmers“, erläutert Dirk Manthey, Pressereferent der Deutschen Rentenversicherung Bund.
Rentenexperte und Wirtschaftsprofessor Bernd Raffelhüschen sieht in der einheitlichen Rentenanpassung deshalb nur eine „scheinbare Gleichberechtigung“, wie er unserer Redaktion sagte: „Die Rentenentgeltpunkte in Ost und West sind nicht gleich, sondern im Osten sogar höher. So beziehen ostdeutsche Rentner, die noch in der DDR gearbeitet haben, höhere Renten als Menschen in ähnlichem Job im Westen.“
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Rentenexperte: Entgeltpunkte sind entscheidend
Um dies richtig zu verstehen, muss man tief in die komplizierte Logik des deutschen Rentensystems einsteigen. Jeder Beschäftigte sammelt jedes Jahr sogenannte Entgeltpunkte für seine künftige Rente – pro Jahr maximal rund zwei Punkte. Die Summe der Entgeltpunkte richtet sich am Ende des Arbeitslebens nach der Höhe des Einkommens, für das Beiträge gezahlt wurden, und der Anzahl der geleisteten Arbeitsjahre.
Die Höhe der Entgeltpunkte pro Jahr richtet sich nach dem persönlichen Bruttoeinkommen und wie sich dieses im Vergleich zum Durchschnittseinkommen der Deutschen verhält. Beispiel: 2024 liegt das jährliche Durchschnittseinkommen bei rund 45.000 Euro. Diese Summe entspricht einem Entgeltpunkt.
Wer weniger verdient als der Durchschnitt und entsprechend geringere Beiträge zahlt, der erhält auch weniger Entgeltpunkte gutgeschrieben – zum Beispiel nur 0,9 oder 0,7. Wer mehr verdient, der erhält entsprechend mehr – zum Beispiel 1,2 oder 1,5. Da die Zahlung von Rentenbeiträgen in diesem Jahr bei maximal rund 90.000 Euro Bruttoeinkommen gedeckelt ist, bekommen alle, die mehr als 90.000 Euro verdienen, maximal zwei Punkte gutgeschrieben.
Rente: So viel ist ein Rentenpunkt ab Juli wert
Ein Entgeltpunkt für die Rente entspricht aktuell einem Wert von 37,60 Euro. Ab Juli soll der Wert auf 39,32 Euro steigen. Je nachdem wie viele Rentenpunkte ein Beschäftigter also im Laufe seines Arbeitslebens gesammelt hat, fällt auch seine Rente entsprechend hoch aus – und zwar in Ost und West.
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Nach der deutschen Wiedervereinigung 1989 mussten die Rentenansprüche der Ostdeutschen ins westdeutsche System überführt werden. Da in der DDR in der Regel weniger verdient wurde, wurden die Einkommen, die Ostdeutsche seit 1945 erzielt hatten, für die Rentenberechnung mit einem Faktor multipliziert, der für jedes Jahr im Sozialgesetzbuch (SGB VI) festgelegt wurde. Es war praktisch ein Ausgleich für die bis zuletzt oft noch geringeren Lohnzahlungen in den neuen Bundesländern.
Dieser Faktor lag für die 1980er-Jahre bei über 3,1 – und sank ab den 1990er-Jahren zunächst auf 1,7 bis zuletzt 1,01 im Jahr 2024 ab. Das heißt: Alle versicherten Einkommen der Ostdeutschen wurden mit diesem Faktor multipliziert. Dies kann unterm Strich dazu geführt haben, dass manche Ostdeutsche gerade in den 1980er- und 1990er-Jahren mehr Rentenpunkte gesammelt haben als Westdeutsche – und dadurch heute eine höhere Rente haben als Westdeutsche.
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