Berlin. Erstmals erhalten alle Rentner 4,57 Prozent mehr Geld. Bernd Raffelhüschen mahnt zu einer Reform – denn die Jungen tragen die Last.
Alle 21 Millionen Rentner bekommen ab 1. Juli 4,57 Prozent höhere Renten. Was der Rentenexperte und Wirtschaftsprofessor Bernd Raffelhüschen von der Erhöhung für alle hält, sagte er im Gespräch mit unserer Redaktion.
Die Renten steigen erstmals in ganz Deutschland um 4,57 Prozent. Besteht damit Gleichberechtigung in Ost und West?
Bernd Raffelhüschen: Die Rentenerhöhung ist ein Automatismus und folgt der Entwicklung der Bruttolöhne. Angesichts der Lohnerhöhungen war der hohe Anstieg absehbar. Dass die Renten in Ost und West gleichmäßig ansteigen, ist eine Folge des Rentenanpassungsgesetzes von Ex-Arbeitsministerin Andrea Nahles. Damit besteht aber nur anscheinend Gleichberechtigung. Denn die Rentenentgeltpunkte in Ost und West sind nicht gleich, sondern im Osten sogar höher. So beziehen ostdeutsche Rentner, die noch in der DDR gearbeitet haben, höhere Renten als Menschen in ähnlichem Job im Westen.
Ist in den nächsten Jahren mit weiteren kräftigen Rentenerhöhungen zu rechnen?
Wenn Arbeitsminister Hubertus Heil sein Gesetz zum Rentenpaket II durchsetzt, das ein dauerhaftes Rentenniveau von 48 Prozent des durchschnittlichen Einkommens garantiert, müssen die Renten auch in den nächsten Jahren parallel zu den Tariflohnerhöhungen steigen. Anders ist dies nicht zu erreichen. Doch das wird für die Rentenversicherung teuer, da die Zahl der Rentner in den nächsten Jahren deutlich steigen wird. Entsprechend müssen die Beiträge oder Bundeszuschüsse erhöht werden. Mit dieser Politik trägt die junge Generation die Rentenlast, während die alte Generation – die Babyboomer – als Verursacher der Situation verschont wird.
Hintergrund: Höhere Rente für 21 Millionen Deutsche – So viel gibt es mehr
Ist eine Rentenreform zur Finanzierung der Renten notwendig, um diese dauerhaft zu finanzieren?
Wir dürfen nicht davon ausgehen, dass unsere Kinder dauerhaft massive Beitragserhöhungen schultern. Irgendwann wird die Akzeptanz für die umlagefinanzierte Rente schwinden. Dann bekommen wir einen intergenerativen Verteilungskonflikt, den wir verursachergerecht lösen müssen. Verursacher sind die Babyboomer, die zu wenig Nachwuchs bekommen haben.
Und was schlagen Sie vor?
Konkret bedeutet dies, dass die Babyboomer länger arbeiten müssen. Das Rentenzugangsalter muss schnellstmöglich erhöht werden. Der Beitrag muss auf einen konkreten Satz festgesetzt werden. Frauen müssen mehr in Vollzeitbeschäftigung arbeiten. Zudem muss die Zuwanderung nach Qualifikation gesteuert werden. Mit diesen vier Punkten könnte die Rente so reformiert werden, wie sie bereits unter der Agenda 2010 bestand. Hubertus Heil ist ganz klar ein Anwalt der alten Generation – und nicht der jungen. Von Generationengerechtigkeit im Sinne von Gleichbehandlung besteht hier keine Spur.
Weitere Artikel von Finanztip
- Staatliche Leistung:So holen Sie das meiste aus dem Elterngeld heraus
- Kartenzahlung:Girocard oder Kreditkarte für Kinder – Tipps für Eltern
- Rente:Wie sich ETF-Sparen auch im Alter noch lohnen kann
- Ausgaben reduzieren:Haushaltsbuch führen – Tipps für mehr Geld am Monatsende
- Geldanlage:Worauf Anleger bei Unternehmensanleihen achten müssen
- Weniger Papierkram:Steuer-Apps – So gelingt die Steuererklärung auf dem Handy