Essen. Schuhunternehmer Heinrich Deichmann rollt ein neues Konzept für seine Filialen aus. Deichmann spricht von einer „Sonderkonjunktur“.

Deichmann ist schon jetzt Europas größter Schuhhändler – und das Unternehmen wächst weiter. Während viele Wettbewerber taumeln, läuft das Geschäft beim Essener Familienunternehmen rund. Im Interview mit unserer Redaktion spricht Schuhunternehmer Heinrich Deichmann darüber, warum seine Läden Zulauf haben, wie er die Zukunft von Deutschlands Innenstädten sieht und weshalb er besorgt auf die Populisten im Land blickt.

Herr Deichmann, Sie haben im Jahr 1999 die Unternehmensführung als Vorsitzender der Geschäftsführung übernommen. Das ist jetzt 25 Jahre her. Wer hat sich in dieser Zeit mehr verändert? Sie oder das Unternehmen?

Deichmann: Wir haben uns beide stark verändert. Was das Unternehmen angeht: Wir haben expandiert und sind gerade mit dem Deichmann-Konzept stark gewachsen. Wir sind internationaler, digitaler und auch modischer geworden. Unsere Modelle und Kollektionen lassen wir ohne Zwischenhändler nach unseren Design- und Qualitätsvorgaben direkt von langjährigen Lieferanten herstellen. Auch unser großes Marken-Portfolio spielt mittlerweile eine sehr wichtige Rolle. Uns gehört beispielsweise die Marke Elefanten, und wir haben die europäische Lizenz für Schuhe von Fila, Esprit und Bench. Außerdem sind wir ein riesiger Kunde von Branchengrößen wie Adidas, Nike, Puma und Skechers. Es ist viel passiert, keine Frage.

Und Sie persönlich?

Deichmann: Ich denke, ich bin etwas gelassener geworden und ich habe gelernt, besser zu delegieren, also die Firma mit guten Leuten gemeinsam zu steuern. Rückblickend muss ich auch sagen: Die Pandemie-Zeit hat mich als Unternehmer geprägt. Wer Corona durchgemacht hat, den kann nichts mehr so schnell aus den Angeln heben.

Ihr Vater hat irgendwann die Entscheidung treffen müssen, ob er als Arzt oder als Unternehmer tätig sein will. War für Sie immer klar, dass Sie die Firma ihrer Familie führen möchten?

Deichmann: Ja, das war es. Ich konnte mich mit dem, was mein Vater tat, sehr gut identifizieren. Zum einen war er ein erfolgreicher Unternehmer, zum anderen hat er sehr viel Gutes getan und sich sozial engagiert. In unserer Heimat, vor der Haustür in Velbert, hat er sich beispielsweise stark in der Obdachlosen-Hilfe engagiert. Das habe ich als Kind hautnah mitbekommen. Wirtschaftlich und auch sozial etwas bewegen zu können, fand ich immer toll. Das hat mich inspiriert.

Schuhunternehmer Heinrich Deichmann: „Wir haben im vergangenen Jahr mit 8,7 Milliarden Euro einen Umsatz-Rekord erzielt.“ Im Jahr 2023 hat Europas größter Schuheinzelhändler Deichmann eigenen Angaben zufolge rund 184 Millionen Paar Schuhe in Filialen und über Onlineshops in 34 Ländern verkauft – 1,4 Prozent mehr als im Vorjahr.
Schuhunternehmer Heinrich Deichmann: „Wir haben im vergangenen Jahr mit 8,7 Milliarden Euro einen Umsatz-Rekord erzielt.“ Im Jahr 2023 hat Europas größter Schuheinzelhändler Deichmann eigenen Angaben zufolge rund 184 Millionen Paar Schuhe in Filialen und über Onlineshops in 34 Ländern verkauft – 1,4 Prozent mehr als im Vorjahr. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Gibt es Entscheidungen während ihrer Unternehmerlaufbahn, auf die Sie besonders stolz sind?

Deichmann: Ich würde nicht unbedingt von Stolz sprechen. Ich bin dankbar über die Entwicklung, die wir in den 25 Jahren genommen haben. Wir haben im vergangenen Jahr mit 8,7 Milliarden Euro einen Umsatz-Rekord erzielt. Mir ging es nie um die Maximierung von irgendwas. Mein Ziel ist und war immer, das Unternehmen gesund und solide in die nächste Generation zu bringen.

Würden Sie manche Entscheidungen heute anders treffen?

Deichmann: Gravierend Dinge anders machen? Das sehe ich nicht. Es hat ziemlich viel sehr gut funktioniert. Nicht so gut gelaufen ist: Wir haben mal eine Kette in den USA gekauft und waren damit nicht sonderlich erfolgreich. Trotzdem haben wir lange daran festgehalten. Das lag wohl daran, dass wir immer den Anspruch haben, Dinge selbst hinkriegen zu wollen, auch mit Geduld, aber eben gelegentlich auch mit zu viel Geduld. Aber es klappt nicht alles, und dann muss man reagieren. Deshalb mussten wir uns auch im letzten Jahr schweren Herzens von zwei Konzepten trennen – von Onygo und MyShoes.

Die Sneakers- und Modekette Onygo verkaufen Sie. Den Betrieb der Schuhkette MyShoes stellen Sie ein. Mussten diese harten Einschnitte wirklich sein?

Deichmann: Ja. Mit MyShoes haben wir über viele Jahre kein Geld verdient – trotz großer Anstrengungen. Und gerade die Anbieter im mittleren Preissegment, wie eben MyShoes, sind in der Krise noch stärker unter Druck geraten. Würden wir die Kette daher weiterbetreiben, ginge dies letztlich zu Lasten der gesamten Unternehmensgruppe. Daher haben wir – sehr spät – die Entscheidung getroffen, dass wir mit MyShoes nicht weitermachen.

Was wird aus den betroffenen Beschäftigten?

Deichmann: Wir wissen um unsere soziale Verantwortung und möchten für alle Beteiligten faire, sozialverträgliche Lösungen finden. Dass wir gerade jetzt den Betrieb einstellen, haben wir auch in dem Bewusstsein getan, dass sich den Menschen auf dem Arbeitsmarkt derzeit sehr gute Chancen bieten. Beschäftigte im Einzelhandel werden gesucht.

Wieso trennen Sie sich von der Sneakers- und Modekette Onygo?

Deichmann: Onygo war unser Versuch, verstärkt im Lifestyle-Segment für Frauen Fuß zu fassen – mit Markensportschuhen und Mode auf höherem Niveau. Das hat aber nicht funktioniert. Es ist uns aber gelungen, einen Investor für 19 von 28 Filialen zu finden.

In bundesweit rund 1400 Filialen und online verkaufte Deichmann im Jahr 2023 nach eigenen Angaben mehr als 70 Millionen Paar Schuhe – ein Plus von knapp drei Prozent gegenüber dem Vorjahr. Rund 17.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren Ende 2023 in der Deichmann-Gruppe in Deutschland beschäftigt. Weltweit gehören 49.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Deichmann.
In bundesweit rund 1400 Filialen und online verkaufte Deichmann im Jahr 2023 nach eigenen Angaben mehr als 70 Millionen Paar Schuhe – ein Plus von knapp drei Prozent gegenüber dem Vorjahr. Rund 17.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren Ende 2023 in der Deichmann-Gruppe in Deutschland beschäftigt. Weltweit gehören 49.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Deichmann. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Haben Sie die Hoffnung, auch für MyShoes noch einen Käufer zu finden?

Deichmann: Auch dazu führen wir fortlaufend Gespräche, die noch nicht abgeschlossen sind.

Für viele Menschen sind es herausfordernde Zeiten. Eine Pandemie liegt hinter uns. Jetzt erleben wir, dass wieder Krieg herrscht in Europa. Ein Energiepreis-Schock, die Inflation – es gibt viele Probleme. Spüren Sie daher eine Kaufzurückhaltung? Oder ist es eher ein Zulauf, weil Sie das Niedrigpreis-Segment bedienen?

Deichmann: Letzteres. Insgesamt hat die Inflation in Deutschland dazu geführt, dass viele Menschen weniger Geld ausgegeben haben. Trotz höherer Tarifabschlüsse, die es in diesem Jahr gab, hat sich der Trend noch nicht gedreht. Die Menschen sparen weiterhin. Wir profitieren davon, dass wir schon immer auf unser gutes Preis-Leistungs-Verhältnis gesetzt haben. Daher verzeichnen wir eine Art Sonderkonjunktur. Im vergangenen Jahr gab es bei uns eine hervorragende Umsatzentwicklung – und wir haben sie bislang 2024 wieder. Mit den ersten Monaten des Jahres sind wir sehr zufrieden.

Gerade in der Schuh- und Modebranche gab es in jüngerer Vergangenheit viele Insolvenzen. Görtz, Reno, Salamander und Klauser bei den Schuhhändlern. Hinzu kommen im Textilhandelsbereich Marken wie Galeria, Gerry Weber, Esprit und P&C. Was ist da los?

Deichmann: Die Branche hat sehr gelitten, das gilt für Textilien und für Schuhe. Zunächst hat die starke Konkurrenz durch reine Online-Anbieter viele Fachgeschäfte getroffen, dann kam Corona. Das war eine enorme Herausforderung für den Einzelhandel. Und nun wirkt sich die Inflation aus. Für einige Unternehmen war das zu viel.

Ein entscheidender Vorteil Ihres Unternehmens ist: Sie sind nicht auf Banken angewiesen, leiden also nicht unter höheren Zinsen. Richtig?

Deichmann: Das stimmt. Wir sind nicht von Banken abhängig. Das verschafft uns Freiräume.

Das heißt: Sie wollen zum Beispiel in ihre Läden investieren?

Deichmann: Ja. Wir haben vor zwei Jahren ein neues Ladenbau-Konzept auf den Weg gebracht, das wir jetzt ausrollen in Deutschland, aber auch international. Damit bekommen wir nochmal einen viel moderneren Auftritt. Im laufenden Jahr werden wir in Deutschland rund 100 Läden umbauen, 350 weitere Filialen kommen im Ausland hinzu.

Wie steht es um Deutschlands Innenstädte?

Deichmann: Die Innenstädte sind unter Druck. Aber die Lage ist nicht überall gleich. Es gibt Städte, die entwickeln sich prächtig. Das hängt teilweise auch mit der Historie der Orte zusammen. Es muss in den Innenstädten ein Zusammenspiel von Einzelhandel, Gastronomie und Kultur geben. Mancherorts hilft es auch, wenn wieder mehr Wohnbebauung in den Zentren vorhanden ist. Die Innenstädte müssen belebt werden.

Wie blicken Sie auf das Ruhrgebiet?

Deichmann: Gerade in den mittleren Städten des Ruhrgebiets gibt es echte Herausforderungen. Wir selbst spüren das aber noch nicht. Auch unsere Innenstadt-Läden laufen nach wie vor gut. Wir erleben, dass die Kunden wieder zurückkommen. Allerdings fällt es schon auf, wie sehr mancherorts die Zahl der Händler abnimmt.

Setzen Sie künftig auch noch auf kleinere Läden – oder nur noch auf große Filialen?

Deichmann: Wir haben eine Minimum-Größe, die wir brauchen. Die liegt bei 400 bis 500 Quadratmetern. Wenn wir neue Läden eröffnen, sollten die eigentlich nicht mehr kleiner sein, damit wir ein angemessenes Sortiment präsentieren können.

Das heißt: Mitunter werden Sie auch kleinere Standorte schließen und gleichzeitig größere eröffnen?

Deichmann: Das kommt vor, ist aber keine Strategie, die wir systematisch verfolgen.

Gibt es noch Orte in Deutschland ohne ein Deichmann-Geschäft?

Deichmann: Über 90 Prozent der Bundesbürger erreichen das nächste Deichmann-Geschäft in nur 20 Minuten Fahrzeit – in Innenstädten, in Einkaufs- und Fachmarktzentren. Es gibt also praktisch keine „weißen Flecken“ mehr.

Wo sind dann noch Wachstumspotenziale für Sie in Deutschland?

Deichmann: Wir brauchen und wir haben Wachstum. Aber dabei steht nicht eine Ausweitung unserer Ladenfläche im Vordergrund. Wir sind überall von Kostensteigerungen betroffen. Insofern ist es wichtig, diese auszugleichen. Gerade im vergangenen Jahr ist uns das auch wieder gut gelungen. Es läuft gut.

Heißt das auch: mehr Jobs?

Deichmann: Wir haben innerhalb eines Jahres rund 1000 neue Mitarbeiter in Deutschland eingestellt. Zwischenzeitlich hatten wir Mühe, unsere Stellen zum Beispiel im Verkauf neu zu besetzen. Auch wir spüren den Fachkräftemangel, den es in ganz Deutschland gibt. Uns ist es aber gelungen, die Stellen wieder zu besetzen. Dafür tun wir auch einiges.

Schuhunternehmer Heinrich Deichmann (Mitte) im Gespräch mit WAZ-Chefredakteur Andreas Tyrock (rechts) und Wirtschaftsredakteur Ulf Meinke (links) in Essen.
Schuhunternehmer Heinrich Deichmann (Mitte) im Gespräch mit WAZ-Chefredakteur Andreas Tyrock (rechts) und Wirtschaftsredakteur Ulf Meinke (links) in Essen. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Zum Beispiel was?

Deichmann: Wir zahlen über Tarif. Das ist wichtig. Bei uns gibt es auch eine Unterstützungskasse für Beschäftigte, die finanziell in Not geraten. Wir feiern außerdem gerne Feste mit unseren Mitarbeitern. Und wenn eine Verkaufsstelle mehr als zehn Prozent Umsatzplus macht, dann gibt es eine Extrazahlung für das Team und wir spendieren ein Wochenende an einem schönen Ort – in Italien oder Spanien zum Beispiel. Weil es so gut gelaufen ist, hatten wir im vergangenen Jahr rund 800 Teilnehmer. Generell bemühen wir uns um einen menschenorientierten Führungsstil. Wir müssen hart arbeiten, aber die Art und Weise, wie wir miteinander umgehen, soll von unseren christlichen Werten geprägt sein.

Inwiefern?

Deichmann: Das Unternehmen soll den Menschen dienen. So lautet unser Leitbild. Ich glaube schon, dass das für viele Mitarbeiter von uns eine Rolle spielt.

Sie betonen das christliche Menschenbild, was heißt das für Muslime, die bei Ihnen arbeiten?

Deichmann: Bei uns sind Menschen aller Glaubensrichtungen gleichermaßen willkommen. Selbstverständlich! Wir sind eine internationale Unternehmensgruppe. Und Vielfalt empfinden wir als Bereicherung. Nicht zuletzt, weil wir Schuhe für alle anbieten, ist Vielfalt Teil unserer DNA. Wir haben Mitarbeiter aller Ethnien, Religionen und Konfessionen. Wichtig ist uns, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unsere universellen Werte teilen.

Sind Sie besorgt darüber, wie laut die Populisten im Land sind?

Deichmann: Mir bereitet das zum Teil Sorgen. Es gibt leider eine politische Entwicklung, die zunehmend dazu beiträgt, dass sich Rassismus und auch Antisemitismus stärker verbreiten. Das ist etwas, was ich vollkommen ablehne – auch aufgrund meiner christlichen Überzeugung. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Die Werte des Grundgesetzes sind unverrückbar. Es ist meines Erachtens sehr gefährlich, wenn einige Politiker den Eindruck erwecken wollen, es gebe Menschen zweiter Klasse.

Braucht es eine klare Positionierung auch von Unternehmern?

Deichmann: Ja, ich denke schon. Es wird immer klarer: Unsere Demokratie, ein Leben in Freiheit und mit Rechtsstaatlichkeit, verbunden mit Wohlstand – all das ist nicht garantiert. Das lehrt uns auch die Geschichte. Daher müssen wir uns für unsere Werte einsetzen. Es gibt augenscheinlich Menschen im Land, die unsere freiheitliche Demokratie in Frage stellen wollen. Auf Sorgen in der Bevölkerung muss man eingehen. Da hat die Politik ihre Hausaufgaben zu machen. Aber es wäre fatal, Populisten auf den Leim zu gehen. Denn sie gaukeln ihre vermeintlichen Lösungen mit ihren einfachen Parolen nur vor.

Was können Sie als Unternehmer tun?

Deichmann: Wir wollen das, was ich gesagt habe, vorleben. Auf unsere Belegschaft bezogen bedeutet das: Uns ist jeder willkommen – unabhängig von der Herkunft oder dem Glauben eines Menschen. Ich habe mich hierzu auch bei unserer internen digitalen Jahrestagung klar vor unseren Beschäftigten positioniert, weil mir das wichtig war. Alle Mitarbeiter sollen wissen, wofür ich stehe.

Was können Sie über Worte hinaus bewirken?

Deichmann: Welche Werte wir vertreten, findet auch Niederschlag in unserem sozialen Engagement. Wir versuchen dort, wo soziale Brennpunkte sind, mitzuhelfen. Als Unternehmen setzen wir uns zum Beispiel für benachteiligte Kinder ein. Mit unserer Stiftung unterstützen wir darüber hinaus Projekte in Afrika, in Griechenland und in Moldawien zum Beispiel. Wir tun auch einiges hier im Ruhrgebiet. In der Dortmunder Nordstadt haben wir ein Jugendzentrum initiiert, dort kommen regelmäßig Jugendliche aus Migrantenfamilien zusammen. Wir beschäftigen dort eine Reihe von Sozialarbeitern, und in Duisburg helfen wir beispielsweise im Stadtteil Bruckhausen mit, die soziale Not etwas zu lindern.

Deichmann ist ein international tätiges Unternehmen. Wie sehr ist der Auslandsanteil am Gesamtumsatz gewachsen?

Deichmann: 68 Prozent unseres Umsatzes erwirtschaften wir mittlerweile im Ausland, 32 Prozent in Deutschland. Das heißt auch: Wir haben eine überaus internationale Belegschaft.

Sprechen Sie in der Zentrale in Essen noch vornehmlich Deutsch?

Deichmann: Ja, aber auch wir sind – wie gesagt – zunehmend internationaler aufgestellt.

Im vergangenen November haben Sie ein Richtfest auf dem Firmen-Campus in Essen gefeiert. Ist der Neubau auch ein Bekenntnis zum Standort Essen?

Deichmann: Absolut. Wir fühlen uns hier zuhause. Wir sind ein internationales Unternehmen, aber wir haben unsere Wurzeln in Essen. Im Ruhrgebiet leben tolle Menschen. Ich schätze ihre Direktheit, die Ehrlichkeit, die Offenheit und Einsatzbereitschaft. Deshalb möchte ich hier auch auf keinen Fall weg. Uns verbindet eine lange Tradition mit Essen. Der Ort, an dem mein Großvater seine erste Schuhmacherwerkstatt eröffnet hat, ist nur knapp einen Kilometer von unserer Zentrale entfernt. Diese Kontinuität ist uns auch wirklich etwas wert.

Heißt Kontinuität auch: Sie binden Ihren Sohn Samuel Deichmann immer mehr ein?

Deichmann: Ja, er ist jetzt seit über drei Jahren im Unternehmen, arbeitet derzeit schwerpunktmäßig in der Kölner Zentrale unserer Tochter Snipes. Ich habe selbst erlebt, wie wichtig es ist, sich Schritt für Schritt im Unternehmen weiterentwickeln zu können. Mein Vorteil ist, dass ich seit 1989 dabei bin und das große Wachstum, das wir als Firma verzeichnet haben, unmittelbar miterlebt habe. Samuel wird seinen Weg gehen, da bin ich mir sicher.

Samuel und Heinrich Deichmann beim Richtfest für den neuen „Deichmann-Campus“ am Essener Firmensitz: „Ich habe selbst erlebt, wie wichtig es ist, sich Schritt für Schritt im Unternehmen weiterentwickeln zu können“, sagt Heinrich Deichmann.
Samuel und Heinrich Deichmann beim Richtfest für den neuen „Deichmann-Campus“ am Essener Firmensitz: „Ich habe selbst erlebt, wie wichtig es ist, sich Schritt für Schritt im Unternehmen weiterentwickeln zu können“, sagt Heinrich Deichmann. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Wenn Sie fünf Jahre in die Zukunft blicken: Welches Bild des Unternehmens Deichmann sehen Sie dann?

Deichmann: Ich sehe das Unternehmen gar nicht so anders als heute. Aber klar ist: Wir haben mit Deichmann eine Menge vor. Wir wollen investieren. Das betrifft unsere Läden und auch unsere Infrastruktur. Wir erneuern gerade wesentliche Teile unsere IT-Systems und sind dabei, unsere Logistik zu verbessern. Wir planen neue große Distributionszentren, in denen wir besonders auch die Verzahnung von Online- und Filialgeschäft berücksichtigen. Was erwarte ich also in fünf Jahren? Dass diese Vorhaben erfolgreich abgeschlossen sind. Damit wären wir dann nochmal stärker aufgestellt als heute.

Was treibt Sie persönlich an? Gibt es da etwas, was Sie noch erreichen möchten?

Deichmann: Das bezieht sich vor allem auf unsere Stiftungsarbeit. Ich möchte, dass wir dort noch klarer ein Konzept entwickeln, das sich leichter multiplizieren lässt. Wir möchten den Ärmsten der Armen helfen. Mein Wunsch wäre es, in Zukunft noch mehr Menschen helfen zu können, wenn es etwa um das tägliche Brot, die medizinische Versorgung und Bildung geht, damit Menschen selbstständiger in Würde leben können. Ähnlich wie wir im Geschäft Wachstumsziele haben, habe ich sie auch im sozialen Bereich.