Essen/Duisburg. Gewerkschaft reagiert auf Thyssenkrupp Steel-Chefaufseher Sigmar Gabriel. Der Druck auf Konzernchef Miguel López steigt.
Angesichts einer ungewissen Zukunft der Stahlsparte von Thyssenkrupp erhöht die IG Metall den Druck auf Konzernchef Miguel López. „Das ständige Hin und Her muss ein Ende haben“, sagte der nordrhein-westfälische IG Metall-Chef Knut Giesler mit Blick auf den von López geführten Essener Industriekonzern und seine Duisburger Stahlsparte Thyssenkrupp Steel, für die das Management derzeit verschiedene Optionen prüft. „Ob Verkauf, Beteiligung oder Verselbstständigung – es braucht endlich ein industrielles Konzept, das finanziell und strukturell abgesichert ist“, fordert Giesler.
Zuvor hatte der Aufsichtsratsvorsitzende von Thyssenkrupp Steel, Sigmar Gabriel, in einem Interview mit unserer Redaktion eine „grundlegende Neuaufstellung“ des Stahlkonzerns angekündigt. „Wir haben Anlagen, die auf eine jährliche Produktion von knapp 12 Millionen Tonnen ausgelegt sind, aber wir verkaufen derzeit nur etwa neun Millionen Tonnen – Tendenz möglicherweise sogar fallend.“ Eine gewisse Zeit lasse sich dies ohne Anpassungen überbrücken, aber nicht auf Dauer, erklärte Gabriel. „Wir alle zusammen im Unternehmen, das Management und die Mitbestimmung, müssen jetzt schauen, dass wir einen Plan entwickeln, der uns in die Zukunft trägt.“
Der Vorstand von Thyssenkrupp Steel werde daher bis Mitte April ein Konzept für das Unternehmen vorlegen, so Gabriel. Es könne „sicher nicht ausgeschlossen werden, dass bei Kapazitätsanpassungen auch ein Beschäftigungsabbau erfolgt“. Ein Großteil der rund 27.000 Mitarbeiter von Thyssenkrupp Steel ist in NRW beschäftigt – insbesondere in den Ruhrgebietsstädten Duisburg, Bochum und Dortmund, wo sich große Stahlwerke befinden.
Der nordrhein-westfälische Gewerkschaftschef Giesler reagierte auf das Gabriel-Interview mit den Worten, IG Metall und Betriebsrat hätten „zur Kenntnis genommen“, dass der Vorstand von Thyssenkrupp Steel „ein Restrukturierungskonzept erarbeitet und dies Mitte April vorlegen“ wolle. „Das Problem ausschließlich bei Vorstand und Mitbestimmung des Stahlbereichs abzulegen, ist jedoch nicht akzeptabel“, kritisiert Giesler. „Wir halten weiterhin an unserer Forderung der Verselbstständigung des Stahlbereichs fest, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Diese Rahmenbedingungen sind von der Thyssenkrupp AG herzustellen.“ Damit macht Giesler deutlich, dass er insbesondere Konzernchef López in der Pflicht sieht, der im Thyssenkrupp-Vorstand für die Stahlsparte verantwortlich ist.
IG Metall zu Thyssenkrupp: Politik dürfe „nicht nur Zaungast bleiben“
Auch die Politik müsse „in die Lösungsfindung bei diesen tiefgreifenden Veränderungen einbezogen werden“, mahnt Giesler, sie dürfe „nicht nur Zaungast bleiben“. Die Bundesregierung und die NRW-Landesregierung hatten bereits staatliche Hilfen von rund zwei Milliarden Euro für die beginnende Umstellung der Stahlproduktion auf eine klimafreundliche Herstellungsweise zugesagt.
Angesichts der Stahlkrise warnten Thyssenkrupp-Betriebsräte die Konzernleitung unlängst vor Einschnitten bei den rund 27.000 Beschäftigten. Eine vereinbarte Job-Sicherung bei Thyssenkrupp Steel bis März 2026 sowie das Produktionsnetzwerk müssten Bestand haben, forderte die IG Metall in einem Flugblatt, in dem sich unter anderem Stahl-Gesamtbetriebsratschef Tekin Nasikkol zu Wort meldete. Äußerungen von Thyssenkrupp-Chef Miguel López werteten die Betriebsräte als Andeutungen auf einen bevorstehenden „Kahlschlag“ bei Deutschlands größtem Stahlkonzern. Karsten Kaus, Geschäftsführer der IG Metall Duisburg-Dinslaken, erklärte, er halte „größere Protestaktionen“ für möglich.
Sigmar Gabriel, ehemals Vizekanzler und nun Aufsichtsratsvorsitzender von Thyssenkrupp Steel, betonte im Interview mit unserer Redaktion, für ihn stehe „außer Frage, dass sämtliche Entscheidungen nur gemeinsam mit unseren Mitbestimmungsgremien fallen sollten“. Ein „fairer Interessenausgleich“ sei notwendig. „Dass wir dabei niemanden ins Bergfreie fallen lassen wollen, ist doch klar“, sagte Gabriel.