Berlin. Der Wirtschaftsminister hat sich offen gegenüber einer Unternehmenssteuerreform gezeigt. Die Wirtschaft hat konkrete Vorstellungen.
Erst kürzlich hatte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger lautstark gegen die aus seiner Sicht wenig firmenfreundliche Politik der Ampel gewettert – nun plant die Bundesregierung offenbar, einen Schritt auf die Wirtschaft zuzugehen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sprach sich am Wochenende dafür aus, Unternehmen in Deutschland steuerlich zu entlasten. Das traf auch auf Zustimmung bei seinen Koalitionspartner: Von der SPD hieß es am Sonntag, konkreten Vorschlägen, wie man Unternehmen in Deutschland fit machen könne für die Zukunft, stünde die Partei offen gegenüber. Auch vom dritten Partner der Ampelkoalition, der FDP, gab es Zuspruch.
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Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Liberalen im Deutschen Bundestag, Lukas Köhler, sagte unserer Redaktion, er halte eine Reform der hohen Unternehmenssteuern für eine der wichtigsten Aufgaben, um die deutsche Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs zu bringen. „Daher freue ich mich, dass der Finanzminister und der Wirtschaftsminister nun gemeinsam neuen Schwung in diese für den Wirtschaftsstandort Deutschland so wichtige Debatte bringen. Aus Sicht der FDP ist es ohnehin immer sehr viel Erfolg versprechender, Wachstumsimpulse über Steuersenkungen statt über Subventionen zu setzen“, betonte Köhler weiter.
Habeck hatte am Wochenende die deutsche Unternehmensbesteuerung gegenüber der „Welt am Sonntag“ als „international nicht mehr wettbewerbsfähig und investitionsfreundlich genug“ bezeichnet. „Genau deshalb sollten wir überlegen, wie wir zum Beispiel Steuererleichterungen, Steueranreize für Investitionen in der Perspektive finanzieren, um die Kräfte wirklich zu entfesseln.“ Lesen Sie auch:Robert Habeck bei „Caren Miosga“: „Die Welt ist nicht fair”
Lindner für neues Dynamisierungspaket
Der Spitzenpolitiker der Grünen reagierte damit auf Kritik von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) an seinem Vorschlag, ein Sondervermögen zur Entlastung von Unternehmen zu schaffen. Habecks Vorschlag sei nicht abgestimmt gewesen, hatte Lindner gesagt. „Die Idee war in jeder Hinsicht überraschend“, sagte Lindner. „Der Wirtschaftsminister sagt damit ja, dass er mit der bestehenden Wirtschaftspolitik der Bundesregierung unzufrieden ist und er etwas komplett anderes für nötig hält.“ Das sei „ein ungewöhnlicher Vorgang“.
Der FDP-Chef forderte unter anderem „ein Dynamisierungspaket, um private Investitionen, Gründergeist und Wettbewerbsfähigkeit zu entfesseln“. Zudem brauche es mehr Flexibilität am Arbeitsmarkt, etwa durch weniger Bürokratie, und ein Klimaschutzgesetz, „das die planwirtschaftlichen Vorgaben überwindet“. Außerdem forderte Lindner eine Energiepolitik, „die sich vor allem auf Versorgungssicherheit und wettbewerbsfähige Preise konzentriert“.
Habeck sagte nun: „Ich bin da bei Christian Lindner: Wir müssen mehr tun für Wachstum und wirtschaftliche Dynamik.“ Er arbeite deshalb gern mit Lindner an einem Dynamisierungspaket. Dafür gab es am Sonntag auch Zustimmung aus der Wirtschaft. Der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Peter Adrian, erklärte gegenüber der „Welt“, entscheidend sei, dass Unternehmen wieder Vertrauen in den Standort Deutschland gewinnen können.
DIHK: Nur wenn Wirtschaft erfolgreich ist, gibt es mehr Steuereinnahmen
Eine Reform der Unternehmensbesteuerung sollte die Bundesregierung daher als ein wichtiges Element ihrer wirtschaftspolitischen Standortpolitik und Investitionsförderung verstehen. „Denn nur auf Basis erfolgreicher Unternehmen und einer wachsenden Wirtschaft werden wir nachhaltig steigende Steuereinnahmen des Staates sichern. Deshalb muss vorrangig die Investitionskraft der Unternehmen gestärkt werden. Denn gerade in Zeiten der Transformation in Richtung Klimaneutralität brauchen wir deutlich mehr private Investitionen“, sagte Adrian.
Laut DIHK sollte die Steuerbelastung daher jetzt rechtsformunabhängig von derzeit mehr als 30 Prozent auf ein wettbewerbsfähiges Niveau gesenkt werden. Das Belastungsniveau in anderen Industriestaaten liege schon heute meist bei 25 Prozent oder darunter, so die Kammer.
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