Berlin. Nach den jüngsten Ampel-Beschlüssen gibt es für Energieeffizienz und Heizungstausch weniger Geld. Experten warnen jetzt vor den Folgen.
- Das Haushaltsloch der Bundesregierung ist vorerst gestopft: Damit steht fest, dass es in vielen Bereichen Einschnitte geben wird
- Das betrifft auch die Themen Heizung und Gebäudesanierung
- Die Verunsicherung nach den Beschlüssen ist groß. Der Eigentümerverband fürchtet Schlimmes
Deutschland muss den Gebäudebestand sanieren, will man die Klimaschutzziele erreichen. Doch nach den Beschlüssen der Bundesregierung zur Beilegung des Haushaltsstreits wachsen bei Branchenvertretern die Zweifel. „Die Klimaschutzziele im Gebäudesektor rücken immer weiter in unerreichbare Ferne, wenn die Rate bei energetischen Sanierungen in Deutschland weiter sinken wird. Ein klimaneutraler Gebäudebestand in Deutschland ist derzeit eher eine Fiktion als Realität“, sagte Jan Peter Hinrichs, Geschäftsführer des Bundesverbands energieeffiziente Gebäudehülle (BuVEG) am Freitag dieser Redaktion.
Hintergrund dafür sind geplante Kürzungen von SPD, Grünen und FDP im Klima- und Transformationsfonds (KTF). Koalitionsintern hat man sich unter anderem auf Kürzungen bei Förderungen für „Maßnahmen der Energieeffizienz und erneuerbarer Energien im Gebäudebereich“ verständigt. Darüber hinaus soll die zugesagte Unterstützung von Vermietern, die nun schnell Heizungen sanieren, zurückgenommen werden. 2024 sollen so 2,8 Milliarden Euro, im Jahr darauf sogar von 3,8 Milliarden Euro eingespart werden.
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Das Wirtschaftsministerium beschwichtigte auf Anfrage: „Die Unterstützung beim Heizungstausch kommt. Die Bürgerinnen und Bürger werden weiterhin in großem Umfang finanziell unterstützt, wenn sie ihre Gebäude sanieren oder die Heizung umwelt- und klimafreundlich umstellen“, sagte eine Sprecherin von Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) am Freitag dieser Redaktion. Genannte Zahlen bestätigte sie auf Nachfrage zunächst nicht.
Heizung: Bund will an Fördersätzen festhalten
Förderungen, zum Beispiel für den Heizungstausch, sollen dabei für den einzelnen Bauherren zwar nach wie vor in vollem Umfang fließen. Insgesamt allerdings könnte die öffentliche Hand weniger Vorhaben unterstützen. Konkret habe das Ministerium „Prognoseanpassungen“ vorgenommen. Das heißt: Zuvor geplante Fördersätze bleiben gleich, die Zahl der Projekte, die unterstützt werden können, sinkt jedoch womöglich. Informationen dieser Redaktion zufolge wird das Fördervolumen aber auch nach der Einigung zum Haushalt im Jahr 2024 bei knapp 17 Milliarden Euro liegen.
Auch die Fördersätze – zum Teil soll der Heizungstausch mit bis zu 70 Prozent unterstützt werden – bleiben demnach unangetastet. „Dabei geht es also auch nicht um Kürzungen von individuellen Förderungen, sondern nur um Prognosen zum Umfang der Antragstellungen. Diese Prognoseanpassungen erfolgen standardmäßig und wurden und werden regelmäßig – auch unabhängig von den zu klärenden Haushaltsfragen – aktualisiert“, sagte die Sprecherin weiter.
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Der Schwerpunkt der beschlossenen Einsparungen soll aber über die Rücknahme einiger der beim letzten Baugipfel gemachten Beschlüsse erfolgen. Davon betroffen ist ein sogenannter Geschwindigkeitsbonus beim Einbau einer neuen klimafreundlichen Heizung, der nun nicht ganz so hoch ausfallen soll wie geplant. Das trifft vor allem Vermieter, die einen solchen Schritt geplant hatten.
Eigentümerverband fürchten Schlimmes – Ampel sorgt für Frust
An der Frage, wie sich die neuen Haushaltsbeschlüsse der Regierung im Einzelnen genau auswirken, wird derzeit in vielen Ministerien aber noch gearbeitet. Vielfach gebe es dazu noch keine Klarheit, sagt ein Insider. „Wir begrüßen den gefundenen Kompromiss und werden, wie alle Ressorts, unseren Beitrag leisten. Wir müssen leider um Verständnis dafür bitten, dass wir noch nicht detailliert zu allen Förderungen und Programmen Stellung nehmen können. Dafür müssen erst die Beratungen zum Haushalt 2024 im Deutschen Bundestag und die abschließende Verabschiedung abgewartet werden“, hieß es am Freitag aus dem Bundesbauministerium.
Eigentümervertreter befürchten hingegen schon Schlimmes. „Die Ampel-Regierung sorgt mit ihrer Planlosigkeit für Frust und Abwarten bei den privaten Vermietern“, kommentierte Haus & Grund-Präsident Kai Warnecke den Haushaltskompromiss. Dass private Vermieter nun doch nicht eine Zusatzförderung bekämen, wenn sie sich schnell für einen Wechsel zu einer klimaneutralen Heizung entscheiden, sei klima- und sozialpolitisch nicht nachvollziehbar.
Dem Programm klimafreundlicher Neubau ist Geld ausgegangen
Auch der Bundesverband energieeffiziente Gebäudehülle hält die Beschlüsse für schädlich: „Für die Menschen, die bauen und sanieren wollen, hält die große Katerstimmung weiter an. Die Verunsicherung wächst weiter, es gibt kaum Planungssicherheit. Die Anzahl der Neubauten wird sinken, die Sanierungsrate weiter fallen“, sagte dessen Geschäftsführer Hinrichs. Oppositionspolitiker Jan-Marco Luczak, baupolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, befürchtete, dass geplante Kürzungen viele Menschen wirtschaftlich überfordern: „Das betrifft nicht nur private Eigentümer, sondern auch Mieterinnen und Mieter. Denn wird die Förderung gekürzt, wird mehr auf Mieter umgelegt und die Mieten steigen“, sagte Luczak dieser Redaktion.
Erst vergangene Woche hatte es bereits schlechte Nachrichten für Gebäudeeigentümer gegeben: Wer energieeffizient baut, konnte seit März bei der KfW-Bank an Kredite zu günstigen Konditionen kommen. Doch mittlerweile ist der Fördertopf leer. Wohl bis Februar können keine Förderanträge mehr gestellt werden.
Der Sozialverband Deutschland (SoVD) nannte die absehbaren Folgen der neuen Haushaltsaufstellung „eine bittere Pille“. Viele Menschen müssten ab 2024 mit höheren Heizkosten rechnen. „Die Energiebremsen gelten nicht mehr und die CO₂-Preise steigen deutlich. Und gleichzeitig werden nun die Fördermöglichkeiten bei der Bundesförderung für effiziente Gebäude beschränkt. Das heißt konkret: die Aussicht auf eine künftig gut gedämmte Wohnung mit niedrigeren Heizkosten wird für sie damit zunichtegemacht“, sagte SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier dieser Redaktion.
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