Berlin. Kampf gegen Inflation: EZB könnte erneut Leitzins anheben. Was das für Sparer, Kredite und Jobs heißt, erklärt der ING-Chefvolkswirt.
Es ist wieder soweit: Am Donnerstag verkündet die Europäischen Zentralbank (EZB) ihren Zinsentscheid. Im Kampf gegen die Inflation hatte die EZB seit Mitte 2022 ihre Leitzinsen immer wieder deutlich angehoben. Zuletzt wurde der Leitzins im Juli erhöht. Experten gehen davon aus, dass auch jetzt der Zinsschritt wieder nach oben gehen wird – vermutlich ein letztes Mal. Was bedeutet das für Verbraucher? Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING, beantwortet alle wichtigen Fragen.
Welches Ziel verfolgt die EZB durch die Zinserhöhung?
Carsten Brzeski: Sie will die Inflation bekämpfen. Wir haben jetzt seit drei Jahren eine viel zu hohe Inflationsrate. Darauf hat die EZB vor einem guten Jahr angefangen zu reagieren. Mit der Zinserhöhung versucht die EZB also die Inflation zu drücken.
Wann wirken die Zinserhöhungen?
Brzeski: Ungefähr nach 6 bis 18 Monaten. Das ist natürlich ein sehr breiter Zeitraum. Man merkt es dann, wenn beispielsweise die Banken und Sparkassen ihren Kunden wieder höhere Sparzinsen anbieten. Dann hat die EZB-Zinserhöhung das Spargeld erreicht. Oder auch, wenn Kredite für Unternehmen und Kunden teurer werden. Was aber auch wichtig ist in diesem Zusammenhang: Man weiß auf jeden Fall, dass von den Zinserhöhungen, die wir bisher hatten, noch was in der Pipeline ist. Dass sich also von den bisherigen Erhöhungen die Wirkung noch nicht komplett entfaltet hat.
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Lohnt sich jetzt also Geld auf Spar- und Tagesgeldkonto wieder?
Brzeski: Es lohnt sich für Verbraucher auf jeden Fall. Weil es wieder Zinsen gibt, weil es wieder eine Rendite gibt. Gleichzeitig ist diese Rendite aktuell immer noch geringer als die Inflation. Und eigentlich sollte jeder Anleger, jeder Sparer, sich auch die Real-Rendite, also die Rendite abzüglich der Inflation, anschauen. Und da ist sie auch beim reinen Spargeld immer noch negativ. Aber im Vergleich zu vor anderthalb Jahren lohnt sich das Sparen wieder.
Wie wirkt sich die Zinserhöhung auf Verbraucher aus?
Brzeski: Man muss sagen: Geldleihen ist deutlich teurer geworden. Wir hatten vor zwei Jahren noch die Situation, da wurden Verbrauchern Kredite ja fast hinterher geworfen zu Nullzinsen. Das gibt es jetzt nicht mehr. Und das spürt der Verbraucher, der sich zum Beispiel einen Kredit nimmt, um ein Auto zu finanzieren. Oder auch der Verbraucher, der eine Immobilie kaufen will oder der Immobilienbesitzer, der eine Anschlussfinanzierung suchen muss. Das ist deutlich teurer geworden. Im positiven Sinne spürt der Verbraucher die EZB-Entscheidung dann, wenn es gelingt, die Inflationsrate wieder zu drücken. Wenn dann beispielsweise Lebensmittel wieder günstiger werden.
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Thema Kredite: Wird das Bauen noch teurer?
Brzeski: Ja, das wird noch teurer. Wir haben es in den letzten Jahren schon gesehen: Die Immobilienpreise sind extrem gestiegen, unter anderem durch zu wenig Fachkräfte und hohe Materialkosten. Dadurch sind die Baupreise gestiegen. Und jetzt kommen noch die Finanzierungskosten hinzu, die deutlich steigen. Das spürt der Projektentwickler, das spürt der Häuslebauer, das spürt derjenige, der seine Wohnung energetisch sanieren will. Kurz: Das spürt die gesamte Immobilienwirtschaft.
Welche Folgen haben steigende Zinsen für Konjunktur und Arbeitsplätze?
Brzeski: Durch die Anhebung der Zinsen schwächt sich insgesamt das Wirtschaftswachstum und die Wirtschaft ab. Aber das ist das, was die EZB erreichen will. Über die gestiegenen Zinsen soll die wirtschaftliche Aktivität runtergefahren werden, damit es weniger Nachfrage gibt, so dass es weniger Preisdruck gibt und schließlich sich die Inflation abschwächt. Das bedeutet gleichzeitig eine höhere Gefahr für Arbeitsplätze und Arbeitslosigkeit. Allerdings haben wir in ganz Europa den demografischen Wandel und den Fachkräftemangel. Früher hätte in so einer Situation ein Unternehmen wahrscheinlich über Entlassungen nachgedacht. Dadurch, dass es heute allerdings so wenig qualifizierte Arbeitnehmer gibt, wird wohl eher an Arbeitskräften festgehalten – trotz unsicherer wirtschaftlicher Lage.
Das heißt, die Inflation wird im besten Fall abgeschwächt, aber dafür ist steigt das Risiko für eine Rezession?
Brzeski: Genau. Die Hauptaufgabe der EZB ist es, die Inflation zu bekämpfen. Mit Zinsen und Geldpolitik will sie die Inflationsrate abschwächen. Und um das hinzubekommen, schickt sie die Wirtschaft Richtung Abkühlung, Richtung Rezession. Ansonsten würde die Inflationsrate auch nicht deutlich zurückgehen. Das kann entweder zu einer – wie wir Ökonomen sagen – harten oder sanften Landung führen. Natürlich hofft jede Notenbank auf eine sanfte Landung. Aber die Praxis zeigt uns: Das Abkühlen der Wirtschaft kommt oft mit unerwünschten Nebeneffekten – das sehen wir gerade an der Bauwirtschaft.
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Warum wird es die voraussichtlich erstmal letzte Zinserhöhung der EZB gewesen sein?
Brzeski: Geldpolitik oder Notenbankpolitik ist auch zu einem großen Teil immer Kunst, nicht nur Wissenschaft. Das Problem bei der EZB ist diese Kunst: Die Abwägung zwischen Inflationsbekämpfung auf der einen Seite und damit auf der anderen Seite eine Rezension zu verursachen. Und die EZB muss sich bei jeder Zinsentscheidung die Frage stellen: Wenn ich jetzt weiter die Zinsen erhöhe, wie sieht dann die Situation aus? Momentan geht man davon aus, dass sich die Wirtschaft in Europa in den kommenden Monaten weiter spürbar abkühlen wird und gleichzeitig die Inflationsrate merklich nachlassen wird. Dadurch stellt sich eigentlich gar nicht mehr die Frage für die EZB in den kommenden Monaten nach einer weiteren Zinserhöhung. Sie hat ihr Ziel erreicht: die Inflation abzuschwächen.
FAQ zu Tagesgeld und Festgeld
Was ist Tagesgeld?
Das Tagesgeld ist eine klassische Geldanlage. Der Sparer legt sein Geld bei einer Bank zu einem variablen Zinssatz an. Er kann täglich über sein Geld verfügen und jederzeit Ein- und Auszahlungen vornehmen.
Was unterscheidet Tagesgeld von Festgeld?
Während das Tagesgeld eine flexible Verfügbarkeit des Kapitals bieten, ist das Kapital bei einem Festgeldkonto für einen festgelegten Zeitraum angelegt und nicht zugänglich.
Wie sicher sind Tages- und Festgeldkonten?
In vielen Ländern wie Deutschland sind Einlagen bis zu 100.000 Euro je Kunden und Bank über einen Einlagensicherungsfonds geschützt – beide Anlageformen sind daher eine sichere Investitionsoption.
Wie werden die Zinsen bei Tages- und Festgeld berechnet?
Tagesgeldzinsen werden oft variabel berechnet und können sich ändern – je nach Marktlage. Festgeldzinsen sind stattdessen für die zuvor vereinbarte Laufzeit des Vertrages festgeschrieben und ändern sich nicht.
Kann ich mehrere Tages- und Festgeldkonten gleichzeitig haben?
Ja – es gibt keine Begrenzung für die Anzahl der Konten. Allerdings sollten Sie Angebote und Konditionen sorgfältig vergleichen, um die besten Renditen zu erzielen.
Welche Gebühren fallen bei Tages- und Festgeldkonten an?
Normalerweise fallen keine Kontoführungsgebühren an. Jedoch sollten Sie immer das Kleingedruckte lesen, um sicherzustellen, dass keine versteckten Kosten anfallen.
Wie kann ich ein Tages- oder Festgeldkonto eröffnen?
Die meisten Banken und Finanzinstitute bieten eine einfache Online-Eröffnung an. Auch die Legitimation erfolgt bei vielen Banken mittlerweile digital. Allen voran Direktbanken bieten oft nur einen reinen digitalen Service an.
Ist mein Geld bei ausländischen Banken sicher?
Das ist von der jeweiligen Bank und dem Land abhängig. Innerhalb der Europäischen Union (EU) gilt flächendeckend eine Einlagensicherung von maximal 100.000 Euro je Kunde und Bank. Außerhalb der Eurozone können andere Bedingungen gelten. Daher ist es ratsam, sich über die Einlagensicherung des jeweiligen Landes zu informieren, ehe man eine Anlage tätigt.
Kann ich mein Festgeld vorzeitig kündigen?
Die vorzeitige Kündigung kann möglich sein – etwa bei flexiblen Verträgen. Oft gehen damit aber finanzielle Nachteile oder Strafzinsen einher. Daher sollte man zuvor die Vertragsbedingungen sorgfältig lesen.
Was passiert bei sich ändernden Zinsen?
Bei Tagesgeldkonten können sich die Zinsen ändern – oft angelehnt an die Entwicklung des Leitzinses. Bei Festgeldkonten bleibt der Zinssatz für die mit der Bank vereinbarte Laufzeit unverändert.