Berlin. Die Energiepreise sind im Sinkflug. Singles und Familien können jetzt kräftig Geld sparen – wenn sie nur einige Tricks beachten.

Viele reiben sich verdutzt die Augen. Trotz hoher Inflation und dem andauernden Ukraine-Krieg purzeln die Energiepreise. So haben auch die Strom- und Gaspreise für Haushalte teilweise wieder das Niveau von vor Beginn der Krise erreicht. Seit dem Höhepunkt im September 2022 sind sie um 60 Prozent gesunken, berichtet das Vergleichsportal Verivox. Bei Gas beträgt der Preisverfall sogar 75 Prozent, wenngleich Gas immer noch teurer ist als vor der Krise.

Viele Versorger haben bereits die Preise gesenkt. Für diesen August und September haben weitere 65 Anbieter Strompreissenkungen von durchschnittlich 18 Prozent angekündigt, berichtet Verivox dieser Redaktion. Für Gas sind 80 Preissenkungen um durchschnittlich 26 Prozent zugesagt. Nur vier Stromanbieter planen Erhöhungen um durchschnittlich neun Prozent, sieben Gasanbieter eine Anhebung um fünf Prozent.

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Verbraucherschützer raten allen Haushalten, ihre Tarife jetzt zu überprüfen. Sollten diese deutlich über den aktuellen Angeboten liegen, sei ein Wechsel dringend zu empfehlen. „Die Großhandelspreise sind seit Monaten im Sinkflug, mit zeitlichem Verzug sinken nun auch die Preise der Grundversorger in vielen Gebieten“, so Verivox-Energieexperte Thorsten Storck.

Für wen lohnt sich ein Strom- und Gasanbieterwechsel?

„In den meisten Fällen lohnt sich ein Wechsel“, sagt auch die Energieexpertin der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, Amelie Vogler. „Wer mehr als 40 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) Strom bezahlt oder mehr als 12 Cent je Kilowattstunde für Gas, der sollte einen Wechsel prüfen.“ Denn: „Aktuell bieten viele Energieversorger schon wieder Strom für um die 29 Cent je Kilowattstunde an, Gas gibt es schon wieder für circa neun Cent.“

Zwischen den Tarifen gibt es bundesweit erhebliche Differenzen. „Eine Musterfamilie mit einem Stromverbrauch von 4000 Kilowattstunden Strom und 20.000 Kilowattstunden Gas kann durch einen Wechsel zu einem günstigeren Tarif weit über 1000 Euro pro Jahr einsparen“, rechnet Storck vor.

Bei Strom lässt sich durch einen Wechsel in einen anderen Tarif oft viel Geld sparen.
Bei Strom lässt sich durch einen Wechsel in einen anderen Tarif oft viel Geld sparen. © dpa | Sebastian Gollnow

Besonders groß ist der Unterschied zwischen überregionalen Neukundentarifen und den so genannten Grundversorgungstarifen – also jene Tarife örtlicher Versorger oder Stadtwerke, deren Kunden teilweise noch nie ihren Tarif gewechselt haben.

Was kostet Strom aktuell für Singles und Familien?

Eine Kilowattstunde Strom kostet für Neukunden aktuell im Schnitt 28,28 Cent, berichtet Verivox beim Vergleich von gut 1100 Stromanbietern. Das ist kaum mehr als im Oktober 2021 mit 28,04 Cent/kWh. Deutlich höher liegen die Preise im Grundversorgertarif: Hier kostet die Kilowattstunde im Durchschnitt 48,67 Cent – eine Preisdifferenz von gut 20 Cent je Kilowattstunde.

So zahlt ein Singlehaushalt mit einem Stromverbrauch von 1500 kWh laut Verivox bei dem günstigsten überregionalen Tarif derzeit 510 Euro im Jahr – und damit 29,6 Prozent oder 214 Euro weniger als im Vorjahr. Beim örtlichen Grundversorger muss er 801 Euro im Jahr bezahlen – und damit 32 Prozent mehr als im Vorjahr.

Für Familien mit einem Verbrauch von 4000 kWh werden bei günstigen überregionalen Anbietern aktuell 1131 Euro im Jahr fällig – 319 Euro weniger als im Vorjahr. Bei Grundversorgern zahlen die Haushalte unterdessen 1947 Euro – und damit sogar 35,5 Prozent oder 510 Euro mehr als im Vorjahr, so Verivox.

Was kostet Gas aktuell?

Ähnliche Vorteile haben Verbraucher auch beim Gas: Ein-Personenhaushalte (5000 kWh) bezahlen mit günstigen überregionalen Tarifen laut Verivox jetzt 479 Euro im Jahr – und damit 854 Euro weniger als im Vorjahr oder minus 64 Prozent. Bei Grundversorgern müssen sie dagegen jetzt noch deutlich tiefer in die Tasche greifen – mit 795 Euro im Jahr.

Gasanbieterwechsel kann sich lohnen: Oft wird es billiger.
Gasanbieterwechsel kann sich lohnen: Oft wird es billiger. © dpa | Gareth Fuller

Familien können noch kräftiger sparen. Sie zahlen bei einem Verbrauch von 20.000 kWh bei günstigen Tarifen jetzt 1726 Euro – und damit 2413 Euro weniger als im Vorjahr. Bei Grundversorgern müssen sie für Gas unterdessen aktuell noch 3166 Euro zahlen – das sind sogar 687 Euro mehr als im Vorjahr.

Warum zahlt sich ein Wechsel auch für den Steuerzahler aus?

Ein Wechsel zahle sich mehrfach aus, meint die Energie-Expertin der Verbraucherzentrale NRW: „Nicht nur die Verbraucherinnen und Verbraucher können viel Geld sparen, sondern auch der Steuerzahler.“ Denn der Staat deckelt in diesem Jahr zwar die Strom- und Gaskosten der Haushalte bei einem Niveau von 40 Cent bei Strom und 12 Cent bei Gas – dies gilt allerdings nur für 80 Prozent des persönlichen Verbrauchs.

Jeder Cent, den Haushalte durch einen günstigeren Vertrag weniger bezahlen müssen, schont die eigene Haushaltskasse. Gleichzeitig muss der Staat die nunmehr überteuerten Tarife nicht mehr subventionieren. Allein in diesem Jahr hat das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) nach eigenen Angaben bis Mitte Juni rund 7,8 Milliarden Euro für den Strompreisdeckel ausgeschüttet, für die Gaspreisdeckelung waren es 9,2 Milliarden Euro – und hat damit hart verdientes Geld der Steuerzahler ausgegeben.

Wie kompliziert ist ein Strom- oder Gaswechsel?

Ein Strom- und Gasanbieterwechsel ist einfach. Wer im Grundversorgungstarif ist, kann jederzeit wechseln – die Kündigungsfrist beträgt nur zwei Wochen. Wer einen Sondertarif oder Tarif mit längerer Laufzeit hat, muss die Kündigungsfrist beachten. Im Falle einer Preisänderung gibt es zusätzlich ein Sonderkündigungsrecht. Am einfachsten geht der Wechsel per Internet, auch über Vergleichsportale wie Verivox oder Check24. Der Anbieterwechsel kann auch schriftlich erfolgen.

Um das beste Angebot zu finden, müssen nur die Postleitzahl und der Jahresverbrauch in die Suchmaske der Vergleichsportale eingegeben werden. Dann bekommt man eine Liste der verfügbaren Angebote, sortiert nach Preisen. Wer sich die aktuellen Preise für eine längere Zeit sichern möchte, sollte einen 12- oder 24-Monats-Vertrag abschließen. Wer auf sinkende Preise setzt, kann einen Tarif mit einer kürzeren Laufzeit wählen.

Die aktuell zehn günstigsten Stromanbieter

Bei diesen zehn Anbietern findet man laut Verivox aktuell die günstigsten Stromtarife: ExtraEnergie, EVD EnergieVersorgung Deutschland, Elektrizitätsversorgung Berlin ElVeBe, Enstroga, Elogico, E wie einfach, eprimo, Yippie, Tibber Deutschland, Maingau Energie.

Die aktuell zehn günstigsten Gasanbieter

Laut Verivox bieten diese Versorger derzeit die günstigsten Tarife: ExtraEnergie, EVD EnergieVersorgung Deutschland, Maingau Energie, Paketsparer, Voxenergie, Yippie, Leu Energie, Enstroga, Montana Energieversorgung, Eprimo.