Siegen/Arfeld. Tobias Beitzel aus Arfeld gibt dem Rundfunksender klares Feedback: Die ländliche Jugend will gehört werden. Dafür muss aber umgedacht werden.

Fühlen sich junge Menschen auf dem Land von überregionalen Medien und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR) repräsentiert? Eindeutig nein, macht der Arfelder Poetry Slammer Tobias Beitzel im Siegener WDR-Studio deutlich. ARD-Landesrundfunkanstalten hatten unter dem Motto „Landleben trifft ARD“ in zwölf Studios und auf einem Bauernhof junge Menschen, die auf dem Land leben, zum Dialog eingeladen. Knapp 350 Frauen und Männer aus unterschiedlichen Lebensbereichen und Berufswelten waren - wie Tobias Beitzel - der Einladung gefolgt, darunter Aktive aus Handwerk, Vereinsleben, Lokalpolitik und Socialmedia.

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Insgesamt 75 Teilnehmer und Teilnehmerinnen empfing der WDR laut einer Pressemitteilung in seinen Studios in Aachen, Duisburg und Siegen. „Wir wollten zuhören und verstehen, was den Menschen am WDR gut gefällt, was weniger und was sie grundsätzlich von uns erwarten. Der persönliche Austausch ist dazu immer das allerbeste Mittel. Wir haben einiges gehört, was wir in Zukunft beherzigen sollten“, so der ARD-Projektleiter Michael Worringen vom WDR-Publikumsservice, der in Duisburg dabei war.

Berichte in Stereotypen

„Ja, es gibt Landwirtschaft, ja, es gibt klassisches Landleben, aber es gibt auch normales, junges Leben, das auf dem Land stattfindet – und da fühlen sich, glaube ich, nicht viele repräsentiert“, gab Tobias Beitzel vor Ort zu verstehen. Er war einer von 20 Gästen, die im Studio Siegen mit WDR-Programmmachern diskutierten. Das Problem sei, so erklärt und Beitzel der Redaktion später am Telefon, dass hauptsächlich Menschen aus Städten beim ÖRR arbeiten. Über das Land werde daher, wenn, in Stereotypen berichtet. „Es wird über das Land geredet, aber nicht mit dem Land“, so Beitzel über die Kritik, die er mit nach Siegen ins WDR-Studio genommen hatte.

Der WDR lud junge Menschen, die auf dem Land leben, zum Dialog ein - darunter war auch der Arfelder Poetry Slammer Tobias Beitzel (rechts).
Der WDR lud junge Menschen, die auf dem Land leben, zum Dialog ein - darunter war auch der Arfelder Poetry Slammer Tobias Beitzel (rechts). © WP | WDR/Jan Knoff

Auch finde das Land in zu kleinem Umfang statt. Tobias Beitzel nennt Funk, das Online-Content-Netzwerk der ARD und des ZDF, als Beispiel: „Da gab es mal einen Aufruf, dass man Sendungsideen einreichen könnte.“ Das hatte Beitzel dann auch getan und eine Idee zu dem jungen Leben auf dem Land eingesendet. „Dazu wurde mir gesagt, dass Funk ja schon so ein ähnliches Format habe. Funk hat insgesamt 50 Formate“, macht er damit den Anteil deutlich, den das Landleben in der überregionalen Berichterstattung einnimmt. Dennoch bewertet er die Einladung nach Siegen als einen guten Impuls der ARD. „Ich habe schon das Gefühl, dass die Veranstaltung zielführend war, ob das auf fruchtbaren Boden fällt, ist aber abzuwarten.“ Grundsätzlich sei ein solcher Austausch mit jungen Menschen für Medienhäuser zu empfehlen. „Junge Menschen nutzen Medien auf eine ganz andere Weise als ältere Menschen.“ Junge Menschen seien Online-Communitys gewöhnt und seien dort auch aktiv. Anders als früher sei die Medienwelt heute auch eine ganz andere, denn das Publikum sei durch Social Media viel besser in der Lage, Rückmeldung zu geben und online seine Meinung zu teilen.

Ja, es gibt Landwirtschaft, ja, es gibt klassisches Landleben, aber es gibt auch normales, junges Leben, das auf dem Land stattfindet – und da fühlen sich, glaube ich, nicht viele repräsentiert.
Tobias Beitzel - Poetry Slammer aus Arfeld

Unterhaltungschefin Karin Kuhn nahm aus der Veranstaltung in Siegen mit, dass „wir als WDR in manchen Formaten zu nostalgisch auf das Landleben schauen. Die Impulse zweier junger Unternehmensgründerinnen und eines Podcasters aus dem Sauerland, mit denen ich diskutiert habe, finde ich sehr inspirierend.“ Immer wieder wünschten sich Teilnehmer und Teilnehmerinnen mehr Personality-Geschichten - und dass Menschen wie sie stärker im Programm vorkommen.

Kulturelles Leben kommt zu kurz

Im WDR-Studio Aachen empfingen Redaktionsleiterin Bettina Feldhaus sowie junge WDR-Programmmacher rund 20 junge Gäste aus dem Umland. Kritik übten die Besucher dort daran, dass aus ihrem unmittelbaren lokalen Umfeld nur selten berichtet werde, dass das kulturelle Leben auf dem Land zu wenig vorkomme und zu stark auf die Landwirtschaft fokussiert werde. „Mir fehlt der Aspekt, dass auch viele Akademiker auf dem Land leben, die häufig zum Arbeiten in die Stadt pendeln“, meinte etwa Promotionsstudentin Laura Harter aus Düren.

Im Studio Duisburg wünschten sich die jungen Gäste ebenfalls mehr Berichte über das kulturelle Landleben und über das ehrenamtliche Engagement – vor allem auch im Digitalen. „Arbeitet an Eurer Sichtbarkeit im Netz, habt keine Angst vor Veränderung und vielleicht gibt es auch irgendwann lokale Nachrichten auf TikTok“, sagte eine junge Frau.