Berghausen/Dotzlar. Die Dorfgeschäfte stehen vor dem Aus: Die Geschäftsführer erklären, was hinter dem Aus steckt und was die nächsten Schritte sind.

Die Nachricht hat viele Menschen überrascht: Am Dienstagmorgen verkündeten das Sozialwerk St. Georg und seine Tochtergesellschaft georgs.plus, dass die beiden Dorfläden „Unser Laden“ in Berghausen und Dotzlar bis spätestens zum 31. Dezember dieses Jahres schließen werden. Am Montag hatten die Geschäftsführer dies den Mitarbeitern vor Ort mitgeteilt. „Die Entscheidung ist uns nicht leichtgefallen“, so Holger Gierth, der neben Marc Padberg die Geschäftsführung innehat, im Gespräch mit unserer Redaktion. Eine Entscheidung, die erst vor wenigen Wochen getroffen wurde – nach der Prüfung des Geschäftsjahres 2023. „Da konnten wir die ökonomischen Faktoren nicht mehr ausblenden.“

Wie das Sozialwerk St. Georg und seine Tochtergesellschaft georgs.plus mitteilten, haben die Nahversorger als Inklusionsbetriebe seit der Eröffnung der Läden vor rund 14 Jahren „nicht nur eine wichtige Versorgungsfunktion in ihren Gemeinden erfüllt, sondern auch Menschen mit Assistenzbedarf wertvolle Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten auf dem ersten Arbeitsmarkt geboten“. Die Geschäftsführer Holger Gierth und Marc Padberg bedauern die Entscheidung sehr, sahen aber keine andere Möglichkeit: „Trotz intensiver Bemühungen und der Umsetzung zahlreicher Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität und des Umsatzes unserer Läden, sehen wir uns aufgrund langfristig nicht tragbarer wirtschaftlicher Herausforderungen zu diesem schmerzhaften Schritt gezwungen.“

Wie Gierth auf Nachfrage unserer Redaktion berichtet, habe es im vergangenen Jahr mehrere Aktionen gegeben, um die Umsätze zu steigern. Doch: Die Entwicklungen im Lebensmitteleinzelhandel und die allgemein schwierige Wirtschaftslage, die bereits zu Schließungen von Dorfläden in der Region geführt haben, hätten auch „Unsere Läden“ hart getroffen, geht es aus der Mitteilung hervor. Da reichten Umsatzsteigerungen durch „ein erweitertes Angebot, verbesserte Serviceleistungen und eine stärkere lokale Vernetzung leider nicht aus, um den gestiegenen Finanzbedarf ohne weitere Zuschüsse zu decken“, so die beiden Geschäftsführer weiter. Die Schließung der Läden treffe nicht nur die Mitarbeitenden, sondern auch die Dorfgemeinschaften in Berghausen und in Dotzlar.

Nachfolgerlösung gesucht

Das bestätigt auch Berghausens Ortsvorsteherin Charlotte Linde-Reber. Sie ist traurig über die Entscheidung. Am Montagmittag habe sie von der anstehenden Schließung erfahren. „Das ist ein großer Einschnitt ins Dorfleben. Ich hatte immer das Gefühl, dass es gut lief.“ Auch die Mitarbeiter seien an dem Tag sehr betroffen gewesen. Wie es nun weitergehe, werde die Zeit zeigen. „Wir müssen die Nachricht jetzt erst einmal verarbeiten und dann in Ruhe darüber nachdenken, wie es weitergehen könnte.“ Dazu werde es in naher Zukunft Gespräche geben – unter anderem möchte auch das Sozialwerk St. Georg den Kontakt zu den Ortsvorstehern aufnehmen, um gemeinsam nach einer Lösung zu suchen. „Wenn es eine Nachfolgelösung gibt, wäre es toll. Wir würden in Sachen Inventar-Übernahme natürlich gern unterstützen“, so Gierth.

Unser Laden: Der Laden in Berghausen soll bis zum Jahresende geschlossen werden.
Unser Laden: Der Laden in Berghausen soll bis zum Jahresende geschlossen werden. © WP | Ramona Richter

Aktuell sei man dabei, für die Mitarbeiter eine neue Beschäftigungsmöglichkeit innerhalb des Sozialwerks St. Georg zu finden. Von den derzeit 16 Mitarbeitenden sind sieben Mitarbeitende schwerbehindert oder gleichgestellt. Sollten Mitarbeiter außerhalb des Sozialwerks eine Stelle finden, die sie schon eher antreten können, „stehen wir ihnen natürlich nicht im Weg“, so der Geschäftsführer. Daher habe man bewusst offengelassen, einen der Läden eventuell auch vor dem 31. Dezember zu schließen, oder die Öffnungszeiten anzupassen. „Das wird sich in den kommenden Monaten dann zeigen.“ Die Geschäftsführer sind sich jedoch einig: „Wir sind stolz auf das, was unsere Teams in Berghausen und Dotzlar erreicht haben und auf die tiefe Verbundenheit, die zwischen unseren Mitarbeitenden und den Bürger in den beiden Dörfern entstanden ist.“ Denn: „Die Verbundenheit war eigentlich immer spürbar. Doch am Ende kommt es auch auf die Kaufkraft an. Wenn viele Menschen in die Läden gehen, jedoch nur wenig kaufen, wird es irgendwann eng.“ Zwar sei es nie darum gegangen, viel Umsatz zu machen, dennoch aber sei es nun an der Zeit gewesen, eine ökonomische Verantwortung zu übernehmen.

Weitere Gespräche sind geplant

Wie die Geschäftsführer berichten, werden darüber hinaus auch Gespräche mit der Stadt Bad Berleburg und lokalen Akteuren geführt, um mögliche Nachfolgebetriebe zu unterstützen, „die die wichtige Nahversorgungsfunktion in den beiden betroffenen Dörfern fortführen können“. Denn die haben sich im Rahmen der Grund- und Nahversorgungsoffensive zu wichtigen Ankerpunkten in den Dörfern entwickelt, wie Bürgermeister Bernd Fuhrmann berichtet. „Deshalb arbeiten wir seit Bekanntwerden der Entscheidung daran, mit allen Beteiligten Lösungen zu eruieren, um die beiden Dorfläden auch über die Jahreswende hinaus zu erhalten.“ Dabei gehe es einerseits um den Erhalt der Grund- und Nahversorgungsangebote, andererseits darum, die dauerhafte Übernahme sozialer Verantwortung zu gewährleisten. „Kurzum: Es geht uns dabei darum, die wichtigen Angebote in Berghausen und Dotzlar nachhaltig auf eine noch breitere Basis zu stellen. Wichtig ist, dass wir dazu alle an einem Strang ziehen – dazu stehen wir weiterhin im Austausch mit dem Sozialwerk St. Georg und haben zugleich auch Kontakt mit den beiden Ortsvorstehern von Berghausen und Dotzlar aufgenommen“, so Fuhrmann.

Wir arbeiten seit Bekanntwerden der Entscheidung daran, mit allen Beteiligten Lösungen zu eruieren, um die beiden Dorfläden auch über die Jahreswende hinaus zu erhalten. Es geht uns dabei darum, die wichtigen Angebote in Berghausen und Dotzlar nachhaltig auf eine noch breitere Basis zu stellen. Wichtig ist, dass wir dazu alle an einem Strang ziehen – dazu stehen wir weiterhin im Austausch mit dem Sozialwerk St. Georg und haben zugleich auch Kontakt mit den beiden Ortsvorstehern von Berghausen und Dotzlar aufgenommen
Bernd Fuhrmann - Bad Berleburgs Bürgermeister

Die Stadt sei ebenfalls kurzfristig über die geplante Schließung der beiden Dorfläden in Berghausen und Dotzlar informiert worden. „Wir haben natürlich im Gespräch mit den Verantwortlichen des Sozialwerks St. Georg versucht, den Fortbestand der beiden Dorfläden zu sichern – die Entscheidung stand zu diesem Zeitpunkt jedoch leider bereits fest.“ Was die Suche nach einer Lösung betrifft, so könnten „bei der Konzepterarbeitung die Erkenntnisse aus den Prozessen zum Wiederaufbau bzw. dem Erhalt oder sogar der Schaffung von Dorfläden in unseren Ortschaften eine wichtige Rolle spielen – auch neue Denkansätze sind aber möglich. Einen herzlichen Dank möchten wir an dieser Stelle den Dorfgemeinschaften und Arbeitsgruppen aussprechen, ohne deren großes Engagement es vermutlich schon vor Jahren zu einer Schließung gekommen wäre.“

Wie das Sozialwerk St. Georg mitteilt, ist das Schulbistro am Städtischen Gymnasium Bad Laasphe von den Schließungen nicht betroffen und wird weiterhin den gewohnten Service bieten.

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