Wittgenstein. Dorfläden gelten als Zentrum der Gemeinschaft in den Dörfern – aber sie verschwinden. Mit diesen Ideen wollen sie zukunftsfähig bleiben.

Früher gab es sie fast in jedem Dorf – heute sind sie in einigen Regionen eher seltener vertreten: die Dorfläden. Wobei – gerade im Bad Berleburger Raum gibt es sie noch häufiger als in den Nachbarkommunen – etwa in Dotzlar, Berghausen, Elsoff oder auch in Bäckerei-Geschäften wie in Girkhausen oder Diedenshausen. Und viele Menschen schätzen die direkte Nähe zum Ladenlokal. Aber wie schaut es eigentlich in Sachen Online-Shop aus? Wäre ein Laden, der 24/7 verfügbar ist, eine Option für Wittgenstein?

Das sagen die Kommunen

Wie viele Dorfläden es konkret früher gab, ist nicht bekannt. „Eine Übersicht, wie viele ,Dorfläden’ es vor 25 Jahren gab, gibt es nicht“, so Ann Kathrin Müsse, Pressesprecherin der Stadt Bad Laasphe. Ähnliches gilt für Bad Berleburg: „Tatsache ist, dass es früher auf jeden Fall mehr Dorfläden bzw. Geschäfte des Lebensmitteleinzelhandels gab“, so Christian l’Hiver, Abteilungsleiter Bürger- und Seniorenservice.

Eine genaue Übersicht liegt aber auch in Bad Berleburg nicht vor. „Allerdings gab es in fast jeder Ortschaft mindestens einen Dorfladen bzw. ein Geschäft des Lebensmitteleinzelhandels. Wemlighausen etwa hatte früher zwei solcher Geschäfte, gegenwärtig gibt es aber keines dieser Art dort. Ein weiteres Beispiel: Weidenhausen, wo es bis vor einigen Jahren noch ein solches Geschäft gab. Es gibt aber auch zahlreiche positive Beispiele, etwa Dotzlar: Der dortige ehemalige Laden dient inzwischen wieder als Dorfladen.“

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Insgesamt lässt sich feststellen, dass es im Gebiet der Stadt Bad Berleburg zwar weniger Dorfläden als vor 25 Jahren gibt, aber trotz der ländlichen Struktur und der Konkurrenz der größeren Discounter in jeder zweiten bis dritten Ortschaft ein Dorfladen bzw. Lebensmittelgeschäft betrieben wird. Auf diese Weise ist eine nachhaltige Grund- und Nahversorgung in allen Ortschaften auch weiterhin gewährleistet“, so Christian l’Hiver. „Mit ihrer laufenden Grund- und Nahversorgungsoffensive möchte die Stadt Bad Berleburg dieses Angebot nun permanent weiterhin optimieren.“

Dorfläden des Sozialwerkes

Zwei Beispiele solcher Läden sind die des Sozialwerks St. Georg. 2009 wurde der Dorfladen in Dotzlar und 2011 der in Berghausen eröffnet. „Die beiden Läden werden kontinuierlich gut angenommen, sie sind fest und gut in den Dörfern etabliert und mittlerweile als Ort, an dem man sich im Dorf trifft, auch ein wichtiger Bestandteil der Dorfgemeinschaften. Die Läden bieten ein Vollsortiment, sodass alles erhältlich ist, was man im gewöhnlich normalen Alltag braucht“, sagt Tino Strackbein, als Regionalleiter des Sozialwerk St. Georg für die Region Wittgenstein auch für „Unser Laden“ in Berghausen und „User Laden“ in Dotzlar mitverantwortlich.

Aktuell sei man dabei, „die Beschäftigungsangebote für Menschen mit chronischer psychischer Erkrankung aus den besonderen Wohnformen und ambulanten Dienst der Wiedereingliederungshilfe in Wittgenstein, in und im Rahmen des Laden Berghausen weiterzuentwickeln. Damit wollen wir den Inklusionsgedanken weiter stärken, der uns als Integrationsbetrieb leitet“, so Strackbein weiter.

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Doch wie schaut es in Sachen Online-Angebot und einer Rund-um-die-Uhr-Öffnung aus? „Wir unterstützen die Stadt Bad Berleburg dabei, die Nahversorgung in der Stadt der Dörfer möglichst ortsnah aufzustellen. Dabei sind natürlich auch innovative Lösungen gefragt.“

Und dazu gehöre z.B. auch die Idee, an geeigneten Orten Verkaufsautomaten aufzustellen, „so wie dies zum Beispiel die Milcherei Henk bereits in Arfeld getan hat. Damit ist dann dort auch eine 24/7-Einkaufsmöglichkeit gegeben“. Dennoch sei in den Läden des Sozialwerks eine 24/7-Selbstbedienung kein Thema, da der direkte, persönliche Kontakt zu den Kunden etwas sei, das die Dorfläden auszeichnet.

Größeres Thema sei hingegen die Onlinevermarktung: „Im Rahmen der Strategie der Stadt Bad Berleburg zur Förderung regionaler Anbieter wurden bereits Überlegungen bzgl. einer gemeinsamen Online-Vermarktung angestellt. Zur Umsetzung ist es jedoch wahrscheinlich noch ein weiter Weg, da dazu einige Hürden zu überwinden sind. Wahrscheinlicher ist es, dass mit der Zeit die einzelnen Anbieter eigene Online-Shops aufbauen. Verschieden regionale Anbieter haben schon entsprechende Internetauftritte bzw. nutzen die Social-Media-Kanäle. Auch unsere Läden haben bereits einen Instagram-Account“, so Strackbein.

„Im Rahmen von ,Unser Laden’ Berghausen’ sind wir aktuell in den Anfängen einen Onlien-Liefer-/ Versandservice für Kaffee, Kekse etc. als neues Beschäftigungsangebot für Menschen mit einer chronischen psychischen Erkrankung aufzubauen.“

Energiekosten und Spritpreise

Einen Lieferservice hingegen – wie es auch andere Dorfläden und Supermärkte im Wittgensteiner Raum anbieten – gibt es auch in Berghausen. Doch Stichwort Lieferung und die damit verbundenen Spritkosten: Welche Vorteile haben die Dorfläden – gerade in dieser Zeit von gestiegenen Sprit- und Energiekosten?

Auch auf diese Frage hat Tino Strackbein eine Antwort: „Dorfläden haben den Vorteil der Nahversorgung, die auch fußläufig erreichbar ist. Das spart natürlich Geld, wenn man das Auto stehen lassen kann oder keine weiten Wege damit zum Einkaufen in die Stadt hat. Dorfläden sind somit auch für Menschen wichtig, die kein Auto haben oder fahren bzw. nicht mehr selbst fahren können. Mit der guten Erreichbarkeit der Dorfläden, bleibt diesen Menschen ein Stück Unabhängigkeit erhalten“, erklärt Strackbein.

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Die aktuelle Weltlage und die sich daraus ergebende Inflation führt Regionalleiter des Sozialwerk St. Georg für die Region Wittgenstein auch für Unser Laden Berghausen und User Laden Dotzlar dazu, dass die Menschen etwas zurückhaltender beim Geldausgeben werden. „Das merken wir auch in den beiden Läden, jedoch derzeit in einem nicht bedrohlichen Maß.“