Siegen-Wittgenstein. Der Kreistag beschäftigt sich erneut mit dem Artenschutzprojekt - unter anderem geht es um die Suche nach einer neuen Trägerstruktur.

Das Wisentprojekt am Rothaarsteig: Als der Umweltausschuss des Kreises Siegen-Wittgenstein das Projekt 2007 beschlossen hatte, hätte wohl kaum jemand gedacht, dass das Projekt einige Jahre später so viele Diskussionen und Gerichtsverhandlungen mit sich bringen würde. Ein Projekt, das damals in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen dem Kreis-Siegen-Wittgenstein, der Bezirksregierung Arnsberg, dem Landesbetrieb Wald und Holz, dem Trägerverein Wisent-Welt-Wittgenstein und dem Fürstenhaus in Bad Berleburg mündete. Es folgte die Insolvenz des Trägervereins, die Vertragskündigung durch den Grundstückseigentümer und eine Klage des NRW-Landesverbandes des Bundes für Umwelt und Naturschutz gegen den Kreis. Wie geht es nun weiter mit den Wisenten? In der kommenden Woche, am 26. April, steht das Projekt erneut auf der Tagesordnung des Kreistages.

Hierfür wurde eine acht Seiten lange Beschlussvorlage erarbeitet. Unter anderem soll der Kreistag die bisherige Beschlusslage konkretisieren und bestenfalls beschließen, dass der Kreis Siegen-Wittgenstein „nicht bereit ist, eine alleinige oder eine nur auf kommunale Partner gestützte Trägerschaft an dem Projekt als neue freiwillige Aufgabe zu übernehmen“ - gleiches gilt für „den Besitz oder das Eigentum an der freigesetzten Herde im Projekt“. Auch solle dem Kreis das Eigentum nicht durch ordnungsbehördliche Anordnungen der Fachbehörden der Kreisverwaltung zufallen können, „die notwendig sind oder werden, um die eigentlich von anderen verantwortlichen Dritten zu gewährleistenden Maßnahmen der Betreuung der Herde oder des Herdenmanagements sicherzustellen“, heißt es. Jedoch besitze der Kreis „weiterhin die Bereitschaft, in einer neuen leistungsfähigen Projekt- und Trägerstruktur eine aktive Rolle zu übernehmen, soweit dies erforderlich erscheint“. Die Kosten hierfür sollten 75.000 Euro je Haushaltsjahr nicht überschreiten.

Neue Trägerstruktur: Eine schwierige Suche

Bereits in der Sitzung vom 22. September 2023 hatte der Kreisausschuss unter anderem beschlossen, den Landrat damit zu beauftragen, alle notwendigen Schritte einzuleiten, um möglichst zeitnah eine „neue leistungsfähige Projekt- und Trägerstruktur in dem vom Runden Tisch vorgeschlagenen Rahmen für die Fortführung des Projektes zu bilden, welche die anstehenden Aufgaben des Herdenmanagements alsbald übernehmen kann“. Wie Landrat Andreas Müller in der Beschlussvorlage an den Kreistag nun mitteilt, seien die Bemühungen, eine neue Trägerstruktur zu initiieren, bislang ins Leere gelaufen. Das habe mehrere Gründe. „In Anbetracht der Gesamtsituation des Projektes und der damit verbundenen rechtlichen Probleme ist dieses Ansinnen offensichtlich auf etwas objektiv Unmögliches ausgerichtet, solange keine staatliche Stelle die Gesamtverantwortung für das Projekt übernimmt, eine umfassende Finanzgarantie ausspricht und eine Haftungsübernahme für im Projektverlauf eventuell entstehende Schäden und Schadensersatzansprüche erklärt.“

Zwar gebe es Interessensbekundungen des Kölner Zoos oder der Deutschen Wildtierstiftung - die aber seien „einerseits inhaltlich und insbesondere finanziell beschränkt und auf eine mehr begleitende, beratende, fachlich unterstützende Rolle ausgerichtet“, heißt es. „Sie bleiben aber bislang weiterhin an die Voraussetzung gebunden, dass eine staatliche Stelle die Gesamtverantwortung und -finanzierung für die Fortführung des Projektes als Freisetzungs-, oder noch eher Auswilderungsprojekt übernimmt.“ Weitere angefragte Stellen führten „allenfalls zu Auskünften, nach denen eine Mitwirkung in dem Projekt, oder eine dauerhafte Finanzierung oder die Übernahme einer Trägerschaft nicht den jeweiligen Satzungszwecken entspricht oder außerhalb der finanziellen Möglichkeiten liegt“.

Keine neue Erklärung seitens der Landesregierung

Schon vor wenigen Wochen hatte Guido Müller, Fraktionsvorsitzender der Kreis-FDP geäußert, dass es Zeit werde, „den Umweltminister zum Handeln zu zwingen“. Bereits 2023 hatte der Kreistag eine Forderung beschlossen, „nach der das Land die zentrale Verantwortung für die Fortführung des Projektes übernehmen und die dazu erforderlichen Mittel, soweit keine anderen Zuschüsse oder Zuweisungen zur Verfügung stehen, bereitstellen soll“. Doch habe die Landesregierung - oder die betroffenen Ministerien - laut Beschlussvorlage bislang keine neuen Erklärungen hierzu abgegeben. „Das Ministerium wurde verwaltungsseitig nunmehr erneut gebeten, bis zur Sitzung des Kreisausschusses seine Position zu prüfen und dem Kreis eine Mitteilung über seine Entscheidungen zukommen zu lassen“, heißt es. „Schon die letzten drei, vor dem jetzigen Minister Krischer, in den jeweiligen Landesregierungen verantwortlichen Ministerinnen und Minister haben eine weitere Verantwortung des Landes abgelehnt und den aus ihrer Sicht gegebenen lokalen oder regionalen Charakter des Projektes in den Vordergrund gestellt.“ So auch auf Nachfrage unserer Redaktion vom 26. März: „Bei dem Wisent-Projekt im Rothaargebirge handelt es sich um ein von einem privaten Verein initiiertes und getragenes Projekt“, teilte Frank Seidlitz, Pressesprecher des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr mit.

In der Beschlussvorlage wird indes betont, dass es den Kreis nach Personal- und Finanzausstattung überfordern würde, in eine zentrale Träger- oder Eigentümerverantwortung für das Projekt hineinzuwachsen. „Auch eine gemeinsame Trägerschaft mit der Stadt Bad Berleburg, die bis heute weiterhin die einzige Stelle ist, die eine Bereitschaft zu einem dauerhaften Mittun und zur Mitfinanzierung signalisiert hat, kann keine gesunde Basis für ein solches Projekt sein“, heißt es.

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