Beddelhausen. „Grünen-Wähler hier unerwünscht“: Das Plakat sorgte für heftige Reaktionen. Warum die Betreiber sich nun gegen Nazi-Vorwürfe wehren.
Einen gemütlichen Besuch im Biergarten - das hatten auch Mitglieder der Grünen in Bad Berleburg geplant. Doch der Besuch dauerte nicht lange, denn schon bei der Ankunft am Brauhaus in Beddelhausen wurden sie mit einem Plakat konfrontiert, das sie schockierte. „Grün*innen Wähler*innen hier unerwünscht“, stand dort geschrieben. Der Grund? „Weil wir nicht länger hinnehmen, dass ihr unser Land systematisch zugrunde richtet, Arbeitsplätze, Gastronomien, ganze Industrien und gar unsere Nahrungsgrundlage, die deutschen Bauern, vernichtet. Für die ganz schlauen unter Euch: Aufgrund des AGG ist es leider zunächst schwierig, Euch den Zutritt zu unserem Hause zu verbieten, aber Ihr sollt wissen, was wir von Euch halten. Geht einfach woanders hin und anderen Leuten auf den Sack. Hafermilch und Tofu gibt es hier eh nicht“, so der Inhalt des Plakats. Ein Plakat, das jetzt hohe Wellen schlug - und nach wie vor für heftige Kritik sorgt, nicht nur in der Politik.
Wie die Braugemeinschaft Edertal auf Nachfrage unserer Redaktion verriet, habe das Schild bereits seit Weihnachten an der Tür zum Gasthaus gehangen. „Wir wollten damit niemanden beleidigen, sondern unseren Frust loswerden“, so Karina Schulze von der Braugemeinschaft. Schon seit längerem sei man dort verärgert über die Politik der Ampelregierung, „vermehrt über die der Grünen“, teilt die Braugemeinschaft mit. „Das jetzt ist in gewisser Weise ein Akt der Hilflosigkeit und unsere Form des Protests. Des Öfteren haben wir mitbekommen, dass viele Gäste wie auch wir mit den gestiegenen Energiekosten zu kämpfen haben. Das wollten wir so nicht mehr hinnehmen.“ Die Auswirkungen ihres Plakats aber habe das Team dennoch überrascht. Denn: „Das war ein Stück weit auch mit einem Augenzwinkern gemeint. Natürlich haben wir mit gewissen Reaktionen und Kritik gerechnet, aber dass es so heftig wird, haben wir nicht gedacht - das hat uns überrascht und vor allem schockiert.“
Überrascht waren auch die Mitglieder der Grünen über die Vorgehensweise. „Das Beddelhäuser Brauhaus war bis jetzt in Wittgenstein hochgeschätzt“, so Susanne Bald, Fraktionssprecherin der Grünen in der Berleburger Stadtverordnetenversammlung. Doch: „Mit dieser hasserfüllten Pöbelei verletzen die Verantwortlichen aber die Grenzen des Anstandes und schaden letztendlich auch ihrem eigenen Ruf. Wir bitten um Solidarität“, wendet sie sich kurz nach dem Vorfall an die Presse. Ein Gespräch mit dem Betreiber habe es bislang nicht gegeben, so Bald. „Die Betreiber senden dabei eine Doppelbotschaft - es heißt, man sei gesprächsbereit, doch bilden solche Pöbeleien keinerlei Gesprächsgrundlage für uns.“ Vielmehr sei die Vorgehensweise „eine Grenzüberschreitung“. „Das Plakat ist ein Angriff, eine Diffamierung. Dort werden Falschaussagen getätigt“, so Bald, die entsetzt ist über die Entwicklung im Hinblick auf das Demokratieverständnis. „Es ist erschreckend, wie vielen Übergriffen die Kommunalpolitik, die sich ehrenamtlich engagiert, heutzutage ausgesetzt ist - so etwas ist demokratieschädlich.“
Was das Brauhaus betrifft, so würde man sich einem Dialog nicht komplett verschließen – allerdings „unter der Voraussetzung, dass man sich bei uns entschuldigt und den Aushang unverzüglich entfernt“, so Bald. Das Zweite ist bereits geschehen. „Wir haben das Plakat mittlerweile entfernt, als Zeichen des guten Willens und um die Situation zu deeskalieren“, heißt es seitens der Braugemeinschaft, deren Team seit dem Wochenende viel Kritik und Hassbotschaften bekam.
Unterschiedliche Reaktionen
Unter anderem habe jemand mit dem Finger am Montagmorgen einer Mitarbeiterin „Nazi“ aufs Auto geschrieben und auch im Internet gab es bereits einige Kommentare. „Dass wir jetzt als rechts hingestellt werden, trifft uns sehr. Nicht alles, was nicht grün ist, ist gleich braun“, teilt die Braugemeinschaft in ihrer Stellungnahme zum Sachverhalt mit. „Wir haben viele internationale Gäste. Jeder ist hier willkommen“, verdeutlicht der Brauhaus-Betreiber. „Wir bedienen jeden, auch die Grünen. Wir wollten lediglich sagen, dass wir sie nicht mögen. Das ist unsere Meinung und dafür werden wir uns auch nicht entschuldigen.“ Stattdessen fordern sie eine Entschuldigung der Partei. „Natürlich muss man den Aushang nicht gut finden und kann auch durchaus Kritik daran äußern. Vielleicht war das rückblickend auch etwas kindisch. Den Nazi-Vorwurf lassen wir so aber nicht stehen. Dagegen werden wir uns rechtlich wehren - das ist Rufmord.“
Was das Plakat an sich betrifft, so gibt es unterschiedliche Meinungen hierzu. Iris Gerstmann, Fraktionsvorsitzende der Bad Berleburger SPD, hat kein Verständnis für die Aktion der Brauhaus-Betreiber. „Das geht gar nicht.“ Und auch Martin Schneider, Fraktionsvorsitzender der CDU, hält wenig von solchen Aktionen. „Ich finde es weder in Ordnung, solche Plakate aufzuhängen, noch Menschen direkt in die rechte Ecke zu stellen.“ Dennoch sei es richtig, hier zu reagieren. „Am Ende aber müssen beide Seiten selbst schauen, wie sie damit umgehen.“ Marion Linde, Fraktionsvorsitzende der UWG in Bad Berleburg, sieht in dem Plakat einen „Akt der Hilflosigkeit. Hier sollte man sich lieber mit der Suche nach Lösungen beschäftigen, statt sich gegenseitig hochzuschaukeln.“ Das erhöhe am Ende lediglich den Unmut. „Statt sich an die Zeitung zu wenden, würde ich empfehlen, in den Dialog zu gehen.“ Das sieht Guido Müller, Fraktionsvorsitzender der Kreis-FDP ähnlich: „An sich haben die Betreiber Hausrecht. Es ist ihre Entscheidung und ihr gutes Recht, Dampf abzulassen. Ob eine solche Aktion sinnig ist, ist die andere Frage. Vielleicht sollte man die Grünen einfach mal auf ein Bier einladen und miteinander sprechen.“