Bad Berleburg. Im Internet wird der Stadt „Abzocke“ vorgeworfen, weil sie auf dem neuen Goetheplatz Kontrollen ankündigt. Was ist dran am Vorwurf?
Kaum ist die Ankündigung der Stadt Bad Berleburg veröffentlicht, sorgt sie für Diskussionen auf Facebook. Die Stadtverwaltung hat angekündigt, dass auf dem Goetheplatz die „Einhaltung der Parkregelungen konsequent überprüft“ werden soll. Hintergrund ist die nun abgeschlossene Beschilderung des neugestalteten Goetheplatzes. Darüber gehen die Meinungen komplett auseinander. Das Spektrum reicht von „Abzocke“ bis Lob für die Regelungen.
So schreibt Sarah Lückel: „In BLB ist das Parken echt mittlerweile Abzocke. Aber auch die Wohnungsgenossenschaft hat an der Lenne angeblich Kundenparkplätze, die allerdings nicht als solche gekennzeichnet sind und steckt den Leuten dann Zettel unter die Scheibenwischer und droht mit kostenpflichtiger Abschleppung. Das Lustige daran ist, dass Mitarbeiter auf den besagten Kundenparkplätzen parken und die nie alle belegt sind, wenn man zu unterschiedlichen Zeiten da lang fährt. Willkommen in Deutschland, dem Land der absurden Parkverordnungen und -vorschriften.“ Und Wolfgang Daus kommentierte zunächst mit „Abzocke“ und dann mit „Schafft doch alle Parkplätze ab“.
Ganz andere Töne schlagen Frank Dickel und Frank Benfer an. Dickel sieht das alles pragmatisch: „Einfach Parkscheibe raus und gut ist! Seid doch froh, dass da kein Parkscheinautomat bedient werden muss!“ Und Benfer lobt Bad Berleburg sogar: „Ich finde da Berleburg sehr human. Drei Stunden kostenlos Parken. Andere Städte würden an solchen Plätzen Parkscheinautomaten aufstellen. Nachtrag: selbst in der Stadt kann man fast überall zwei Stunden kostenlos Parken.“
Für Anlieger des Goetheplatzes wie Hotelier Andreas Benkendorf ist die Situation „ein zweischneidiges Schwert“. Es gibt eine Konkurrenz zwischen Anwohnern und Geschäftsleuten sowie deren Kunden. Am Goetheplatz gibt es drei Restaurants, ein Café und einen Friseursalon. Außerdem liegt er direkt am Wahrzeichen der Stadt. Das Schloss ist ein Touristenmagnet. „Wir leben hier in einer historischen Altstadt, für die Parkraum geschaffen werden muss“, erläutert Benkendorf, die Jahrzehnte alte Diskussion, die mit dem Umbau des Goetheplatzes erneut aufflammte. „Es gab ja sogar mal die Idee, ein Parkhaus in den Hang zu bauen“, schmunzelt der Betreiber des Hotels „Alte Schule“. Das sei aber an den zu erwartenden Kosten gescheitert. Das Hotel selbst, zu dem auch die Hotel-Ableger „Fliegendes Klassenzimmer“ und „Nachts im Museum“ gehören, hat selbst Parkraum hinter den Hotelgebäuden geschaffen. Der reicht aber auch nicht immer aus. Deswegen weicht Benkendorf auf angemietete Parkplätze auf einer Fläche der Rentkammer auf dem Gelände des ehemaligen Floralandes am Berlebach aus. „Dann müssen die Restaurantgäste schon mal 200 Meter gehen“, berichtet er. Benkendorf kennt deshalb die Diskussion um Parkplätze nur zu gut und weiß auch, dass man mit Fingerspitzengefühl zwischen den unterschiedlichen Interessen argumentieren muss.
Hinweis statt Knöllchen in Anfangszeit
Dieses Fingerspitzengefühl wird die Stadt Bad Berleburg auch zeigen. Sie hat bei ihrer Ankündigung deutlich gemacht, was und warum kontrolliert werden solle, und dass am Anfang eine „Schonfrist“ für Parksünder gelten werde: In einer Übergangszeit verzichtet die Stadt auf die Erhebung von Bußgeldern im Falle eines Verstoßes, sondern verteile lediglich Hinweiszettel. Auf diese Weise sollen Verkehrsteilnehmende zunächst für die nun geltenden Regeln sensibilisiert werden.
Wichtig: Dies bedeutet nicht, dass am oder rund um den Goetheplatz keine Parkflächen mehr zur Verfügung stehen – im Gegenteil: Neben den bestehenden Parkflächen auf dem Goetheplatz können natürlich weiterhin die Parkflächen entlang der Schlossmauer genutzt werden. Die Abteilung Sicherheit und Ordnung weist darauf hin, dass die Parkenden auf dem Goetheplatz auf die sogenannten taktilen Elemente, erkennbar als weiße geriffelte Flächen, achten und mindestens einen Meter davon Abstand halten müssen. Diese besondere Pflasterung dient der Wegführung für Menschen mit Sehbehinderung und nicht als Parkbegrenzung.
Parkplätze und Parkscheinautomaten seit Jahrzehnten Thema
Rückblende: Die Parkraumbewirtschaftung der kommunalen Flächen ist ein Thema, das in Bad Berleburg seit Jahren immer wieder diskutiert und letztlich immer abgelehnt worden ist: zuletzt im Dezember 2018 mit der bevorstehenden Umgestaltung des Goetheplatzes. Damals basierten die Diskussionen auf diesen Daten: Die Zahl der Parkplätze in der Bad Berleburger Kernstadt ist zuletzt im Juli 2012 genau erhoben worden. Zu dieser Zeit gab es dort insgesamt 1509 Parkflächen, darunter 521 öffentliche Parkflächen. Auf 167 davon musste man eine Parkscheibe auslegen. Von den 988 privaten Stellflächen waren 64 gebührenpflichtig und 85 Stellplätze für bestimmte Nutzergruppen zum Teil frei zugänglich.
Diese Zahlen haben sich inzwischen verändert. Die Firma Ejot hat nur für Firmenangehörige Parkraum an zwei Stellen in der Poststraße eingerichtet. Rund um das Parkhaus ist bis zum Abriss des Eins-A-Gebäudes auch frei zugänglicher Parkraum entstanden. Ebenso in der Hochstraße und im Berlebach auf Grundstücken der Rentkammer. Auch am Akut-Krankenhaus wurde nach dem Abriss eines Schwesternheimes die beengte Parksituation für Beschäftigte und Besucher der Vamed-Klinik entschärft. Am Krankenhaus und den Rehakliniken verursachte „wildes Parken“ in den Wohnstraßen und in der Straße „Am Berlebach“ Probleme, die inzwischen größtenteils gelöst sind. Allerdings hat sich ein Teil dieses Problems an die Straße „Am Sengelsberg“ verlagert, wo - den Kennzeichen nach zu urteilen - Besucher oder Patienten der Rehaklinik den Parkgebühren entgehen möchten.
Gegen eine klassische Parkraumbewirtschaftung mit Parkscheinautomaten entlang der Poststraße und der Oberstadt sprachen sich auch die Supermarktbetreiber in der Kernstadt aus. Sie fürchteten eine Verlagerung des Parkdrucks auf ihre Flächen und drohten damit, diese außerhalb der Geschäftszeiten mit Schranken zu schließen. Der damalige Kämmerer der Stadt Bad Berleburg beurteilte Parkscheinautomaten als „nicht wirtschaftlich“. Hintergrund sind neben personalintensiven Kontrollen auch Wartungen. Das rechne sich nicht. Aleksandar Bikar, Geschäftsmann und Immobilienbesitzer am Goetheplatz betonte damals in dieser Zeitung: Bad Berleburg sei am Wochenende tot. Wenn dann noch Parkgebühren drohten, kämen noch weniger Menschen in die Stadt.