Wittgenstein. Zahl der einsatzfähigen Atemschutzgeräteträger in Erndtebrück gefährlich klein. Auch Bad Laasphe und Bad Berleburg brauchen mehr.

Sie sind immer an vorderster Front in den Einsätzen. Wenn Menschen aus brennenden Wohnungen geholt werden müssen, wenn Häuser oder Industriebetriebe brennen, dann sieht man Feuerwehrleute mit Pressluftflaschen und Atemschutzmasken. Kaum ein Einsatz ist heute ohne diese speziell ausgebildeten und mit besonderer persönlicher Schutzausrüstung ausgestatteten Feuerwehrmänner und -frauen möglich. Und das ist auch das Problem.

Bei einer Alarmübung an der Flüchtlingsunterkunft in der Erndtebrücker Hauptmühle probten die Feuerwehrleute den Einsatz unter schwerem Atemschutz.
Bei einer Alarmübung an der Flüchtlingsunterkunft in der Erndtebrücker Hauptmühle probten die Feuerwehrleute den Einsatz unter schwerem Atemschutz. © WP | Matthias Böhl

Die Zahl der für Atemschutzeinsätze tauglichen Kameraden nimmt ab. „Wir sehen dieses Problem seit ein paar Jahren“, bestätigt der stellvertretende Kreisbrandmeister und Bad Laaspher Wehrführer Dirk Höbener. Er bestätigt das, was sein Amtskollege, der Erndtebrücker Gemeindebrandmeister Karl Friedrich Müller erst jetzt in der Jahresdienstversammlung bemängelte. Nicht nur die Zahl der Mitglieder oder zumindest der tagesverfügbaren Kräfte in den Freiwilligen Feuerwehren geht zurück, auch die Zahl der Atemschutzgeräteträger, die eine Schlüsselposition in der Einsatztaktik einnehmen.

Bei Berufsfeuerwehren wirst Du niemanden mit Vollbart sehen. Da kann vorschreiben, dass sich die Männer rasieren müssen. Bei freiwilligen Feuerwehren nicht.
Dirk Höbener - Wehrführer in Bad Laasphe

Von aktuell 145 Männern und Frauen der Erndtebrücker Feuerwehr haben 43 eine entsprechende Ausbildung. Einsatztauglich sind aber aktuell nur 34. Bei 22 fehlt die medizinische Tauglichkeitsuntersuchung. Jeweils sechs haben die vorgeschriebene Übung auf der Atemschutzstrecke in Siegen nicht absolviert oder Einsatz- und Übungserfahrungen fehlen. 15 Mal ist es der fehlende Nachweis der jährlichen Unterweisung. Und bei einigen kommen eben sogar mehrere dieser letztgenannten Voraussetzungen zusammen. „Im schlimmsten Fall müssen wir uns Unterstützung von Nachbarfeuerwehren holen“, machte Karl-Friedrich Müller seinen Kameradinnen und Kameraden den Ernst der Lage klar.

Unter schwerem Atemschutz löschte die Feuerwehr die brennenden Späne an der Lagerhalle. Foto: Matthias Böhl
Unter schwerem Atemschutz löschte die Feuerwehr die brennenden Späne an der Lagerhalle. Foto: Matthias Böhl © Matthias Böhl

In Bad Laasphe ist die Situation weniger dramatisch, aber ähnlich. „2010 hatten wir 82 Atemschutzgeräteträger. Zum Jahresende 2023 waren es 59. Die Tendenz zeigt deutlich nach unten“, so Dirk Höbener. Aber der Bad Laaspher Stadtbrandmeister hat auch aufmunternde Prognosen: „Unser Tiefststand war 2021 mit 38 Atemschutzgeräteträgern. Das hatte auch etwas mit Corona zu tun.“ Danach habe es jährlich sieben neue einsatztaugliche Kräfte gegeben.

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In Bad Berleburg gibt es laut dem stellvertretenden Stadtbrandmeister Matthias Limper, der für Atemschutzangelegenheiten zuständig ist, 173 Atemschutzgeräteträger, darunter sechs Frauen, bei rund 480 aktiven Feuerwehrleuten. Aber die Verteilung sei ganz unterschiedlich: „Wir haben Einheiten, in denen 80 Prozent auch Atemschutzgeräteträger sind und welche mit wesentlich geringerem Anteil“, sagt Limper. Das bestätigt auch der Wehrführer von Bad Berleburg, Klaus Langenberg. „Es geht um die tagesverfügbaren Kräfte. Wenn Du zu einem Einsatz raus fährst, schaust Du immer, dass Du genügend Atemschutzgeräteträger auf den Fahrzeugen hast. Sonst musst Du weitere Kräfte nachalarmieren.“ Und Matthias Limper sieht das auch im Zusammenspiel der Nachbarfeuerwehren im Einsatzfall: „Wir haben da ein gutes Miteinander und unterstützen uns gegenseitig.“

Um eigenständig einsatzfähig zu sein, gibt es eine Grundregel: „Eigentlich muss eine Feuerwehr 50 Prozent ihrer einsatzfähigen und verfügbaren Kräfte auch als Atemschutzgeräteträger haben“, macht Höbener klar. Einsatzfähig und verfügbar. Das sind zwei Begriffe, mit denen Freiwillige Feuerwehren überall im Land kämpfen.

Dass nicht alle verfügbar sind, liegt vielfach auch daran, dass viele zur Arbeit pendeln müssen. Bei der Tauglichkeit macht Höbener aber gleich mehrere Punkte aus. Los geht es mit fehlender Fitness, die sich auch auf die Tauglichkeitsuntersuchung auswirke. Atemschutzgeräteträger unter 50 müssen alle drei Jahre einen medizinischen Test absolvieren. Über 50 ist er schon jährlich und wird von manchen als lästig empfunden. Dann kommen die anderen praktischen und theoretischen Nachweise über Übungsstrecke, Einsatzzeiten und Unterweisung. „Da werden auch einige Termine verschludert“, macht Höbener klar. Und zu guter Letzt kann sogar ein Modetrend bei Männern die Einsatzfähigkeit gefährden: „Der Vollbart ist ein Riesenproblem“, sagt Höbener. Alle Haarmoden, die verhindern, dass eine Atemschutzmaske dicht schließt, sind Ausschlusskriterien. „Bei Berufsfeuerwehren wirst Du niemanden mit Vollbart sehen. Da kann man vorschreiben, dass sich die Männer rasieren müssen. Bei Freiwilligen Feuerwehren nicht.“

Und ein letzter Trend ist auch nicht von der Hand zu weisen: „Bei Einsätzen unter Atemschutz gibt es bestimmte Gefahren. Und es gibt junge Menschen, die sich fragen, muss oder will ich mir das antun?“, berichtet Höbener.