Bad Laasphe. Bad Laasphe muss aus der Not heraus zu ungewöhnlichen Mitteln greifen. Die Fakten und wie es bei Nachbarkommunen aktuell aussieht.
Die Stadt Bad Laasphe muss sich ab sofort nicht nur mit dem Ausfall der kommunalen EDV durch den Cyberangriff auseinandersetzen, sondern auch mit der aus Arnsberg angekündigten Zuweisung von weiteren Flüchtlingen. Weil Wohnraum für Geflüchtet an der Lahn knapp ist, muss die Stadtverwaltung nun schnell reagieren und wird in der kommenden Wochen beginnen, die Dreifach-Turnhalle der Lachsbachschule in eine Sammelunterkunft umzufunktionieren. Wir haben die Details und die Lage aus den Nachbarkommunen Bad Berleburg und Erndtebrück.
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Die Stadt Bad Laasphe reagiert damit auf eine Ankündigung der Bezirksregierung, es sei mit deutlich steigenden Zuweisungen geflüchteter Menschen zu rechnen. Arnsberg sprach laut Stadtverwaltung von „durchschnittlich ungefähr 15 Personen pro Woche“. Das bestätigte der Dezernent Sören Lamm in einem Telefongespräch. Lamm macht deutlich, „dass die noch freien Kapazitäten, die für geflüchtete Menschen im Stadtgebiet vorgehalten werden, nicht ausreichen werden, um die künftig zu erwartenden Personen aufnehmen zu können“. Deshalb werde die Dreifachturnhalle neben der Lachsbachschule ab kommender Woche als provisorische Unterbringungseinrichtung hergerichtet. Die Stadtverwaltung geht davon aus, dass „ab dem 13. November die ersten Menschen dort provisorisch aufgenommen werden können“. Infolgedessen könne Schul- und Vereinssport ab dem 8. November dort vorläufig nicht mehr stattfinden.
Unvermeidlicher Schritt
„Dieser Schritt war angesichts der nun angekündigten kurzfristigen Entwicklung im Sinne einer Notstandsmaßnahme leider unvermeidlich“, erläutert Dirk Terlinden, der bislang immer gehofft hatte eine Turnhallenlösung zu vermeiden. Das Anwachsen des Flüchtlingsstromes war vor einigen Wochen schon aus Arnsberg angekündigt worden und hatte dazu geführt, dass sich die Stadt Bad Laasphe um Fördermöglichkeiten für Wohnungsbau gekümmert hatte. Bei der NRW-Bank war die Stadtverwaltung um Kämmerer Manfred Zode fündig geworden. Der zinslose Kreditrahmen über 7,2 Millionen Euro, mit Zinsbindung auf zehn Jahre und ohne Vorfälligkeitsentschädigungen, ist am Montag Thema in der Ratssitzung. Nach anfänglicher Kritik aus der Politik, scheint eine breite Zustimmung nun sehr wahrscheinlich.
Politik stimmt über Kreditaufnahme ab
Trotz des Cyberangriffs werde der dafür vorgeschriebene Nachtragshaushalt 2023 auf der Tagesordnung sein, erläutert Sören Lamm. Die vorgesehene Diskussion um einen Haushaltsplanentwurf 2024 allerdings nicht. Diese Daten stehen aktuell nicht zur Verfügung.
Geld ist auch ein Thema in der Pressemitteilung der Stadt Bad Laasphe zur Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen: „Vor allem liegt dies daran, dass die Kommunen für das Vorhalten von Wohnraum für geflüchtete Menschen keinerlei staatliche Refinanzierung erhalten. Über diese Frage wird seit Jahren politisch intensiv gestritten. Verfügt eine Kommune nicht zufälligerweise über größere leerstehende Immobilien, die sich zum Wohnen eignen, etwa frühere Kasernen oder Schulen, kann sie allenfalls im kleineren Rahmen durch das Anmieten von Wohnungen freie Kapazitäten bilden, aber eben nicht im großen Stil vorsorgen.“
Aktuelle Flüchtlingslage in Bad Laasphe
In Bad Laasphe leben derzeit rund 240 Personen im Stadtgebiet, ungefähr zu zwei Dritteln aus der Ukraine, im übrigen aus vielen verschiedenen Ländern stammend. Neben mehrere städtischen und einem angemieteten Mehrfamilienhaus stellten vor allem 36 von der Stadt angemietete Wohnungen bisher eine gute Lösung dar. Diese Wohnungslösungen werden aber spätestens ab dem 13. November erschöpft sein, heißt es. „Sie haben es sich daher bei der Entscheidung, die Lachsbach-Sporthalle vorübergehend umzufunktionieren, nicht leicht gemacht. Auch war keine andere städtische Halle für diesen Zweck besser geeignet, dies liegt vor allem an jeweiligen bautechnischen Umständen und der Lage im Stadtgebiet. Zum Beispiel kann die sanierungsbedürftige Heizungsanlage der Festhalle Feudingen wegen ihrer Schadstoffbelastung nicht betrieben werden. Ein entsprechendes Sanierungsprojekt läuft bereits, dauert aber noch länger an“, heißt es zur Erläuterung.
Situation in Bad Berleburg und Erndtebrück
In den Nachbarkommunen Erndtebrück und Bad Berleburg ist die Umnutzung von Turnhallen noch kein Thema, das bestätigen Erndtebrücks Bürgermeister Henning Gronau und die Bad Berleburger Fachbereichsleiterin für Bürgerdienste, Regina Linde. „Mit Plätzen in städtischen Immobilien und der Gemeinschaftsunterkunft in Bad Berleburg, die derzeit zur Verfügung stehen, hoffen wir, den Bedarf decken zu können. Darüber hinaus greifen wir intensiv auf den privaten Wohnungsmarkt zu. Wie bekannt, befinden wir uns in Planungen für den Ausbau der alten Schule in Schwarzenau, die ebenfalls Wohnraum bieten soll. Zudem könnten wir im Bedarfsfall auf einige Bereiche in der ehemaligen Salzmannschule übergangsweise zurückgreifen, sollte dies erforderlich werden“, so Linde.
„Die Gemeinde Erndtebrück konnte in den zurückliegenden Monaten in großem Umfang privaten Wohnraum anmieten, wofür wir den Bürgerinnen und Bürgern sehr dankbar sind. Zuletzt konnten wir auch die eigenen Kapazitäten noch einmal erweitern. Größere Sammelunterkünfte konnten wir bisher vermeiden. Zu Beginn des Ukraine-Krieges wurde allerdings bereits die ehemalige Hauptschule für die Unterbringung geflüchteter Menschen vorbereitet, um weitere Kapazitäten in Notfällen vorhalten zu können.“ An dieser Aussage von vor zehn Tagen habe sich nichts geändert, so Henning Gronau.
Das Konzept der Stadt Bad Laasphe
Die Stadt Bad Laasphe schreibt ihr Konzept zur Unterbringung von Flüchtlingen laufend fort und passt es an geänderte Verhältnisse an – so gut es die realen Umstände ermöglichen. Dabei bestehen derzeit folgende Zielrichtungen:
1. Mehrfamilienhäuser: Im Eigentum der Stadt stehende und angemietete Mehrfamilienhäuser bilden die Grundversorgung für das Wohnen geflüchteter Menschen.
2. Einzelwohnungen: Das Gleiche gilt für einzelne Wohnungen, die die Stadt für diesen Zweck anmietet.
3. Wohncontainer und ähnliche mobile Wohnanlagen: Die Stadt betreibt bereits seit Jahren eine kleine mobile Wohnanlage auf einem städtischen Grundstück. Aktuell wird eine Beschlussvorlage für den Stadtrat gefertigt, die eine Beschaffung weiterer Wohncontainer zum Gegenstand hat. Auch diese Zielrichtung bietet keine einfache und schnelle Lösung für aktuelle Bedarfe. Denn es bestehen bei allen Anbietern lange Lieferzeiten, und geeignete Flächen sind selten.
4. Leerstehende Großimmobilien: Die städtische Projektgruppe prüft alle im Stadtgebiet leerstehenden Großimmobilien, die sich für das vorübergehende Wohnen durch Flüchtlinge eignen könnten, auf ihre Realisierungschancen. Es werden Sondierungsgespräche mit allen betroffenen Eigentümern geführt. Sobald sich aus dieser Zielrichtung eine konkrete Möglichkeit für einen sinnvollen Vertragsschluss ergeben sollte, führt die Stadtverwaltung auch dazu eine Beschlussfassung im Stadtrat herbei.
5. Provisorische Nutzung von Sporthallen und ähnlichen Gebäuden: Weil das Vorhalten großer Wohnkapazitäten nicht finanzierbar ist und das Anschaffen von Wohncontainern oder das Inbetriebnehmen leerstehender Großimmobilien mehreren Monate Vorlaufzeit benötigen, ist es bei stark ansteigenden Personenzahlen erforderlich, Sporthallen und ähnliche städtische Immobilien vorläufig für die Aufnahme geflüchteter Menschen zu nutzen. Eine solche Sporthallennutzung wird in Bad Laasphe derzeit vorbereitet.
6. Erstaufnahmeeinrichtung des Landes: Das Land Nordrhein-Westfalen betreibt Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes an mehreren Orten. Im Zuge der Flüchtlingssituation im Jahre 2015 hatte das Land zum Beispiel das ehemalige Schlossbergklinikum in Bad Laasphe für diesen Zweck genutzt. Bürgermeister Dirk Terlinden befindet sich daher auch mit der Eigentümergesellschaft sowie Land und Bezirksregierung im engen Austausch zu der Frage, ob eine Wiederbelebung dieses Modells denkbar wäre.