Bad Laasphe/Aachen. Thomas und Nicola Nick haben mit einem Grundstück unterm Galgenberg Ungewöhnliches vor: Hier soll ihr Traum vom Tiny House entstehen.

Ein unbebautes Grundstück im Bad Laaspher Wohngebiet unterm Galgenberg. Eine Frau und ein Mann stecken einen Teil des Areals mit Flatterband ab. „Das wird aber eine schöne Garage“, vermuten Passanten. Doch Nicola und Thomas Nick aus Aachen haben auf dem Gelände ganz anderes vor: Das Ehepaar (46 und 60) plant hier den Standort für ein Tiny House, also ein winziges Haus. Als Erstwohnsitz. Wohnfläche: kompakte 48 Quadratmeter.

Das Eigenheim

Derzeit wohnen die Nicks mit ihren zwei Labrador-Mädchen Djuna und Emmy noch in einem schönen Einfamilienhaus mit rund 130 Quadratmetern Wohnfläche, mitten in der grünen Lunge von Aachen. Doch das ist der Erzieherin und dem Mitarbeiter im Motorrad-Teilevertrieb eines der größten Auto- und Motorrad-Häuser Deutschlands für die Marke BMW schon längst viel zu groß. „Seit zwei Jahren trennen wir uns nach und nach von 80 bis 90 Prozent unseres Besitzes“, berichtet Nick. Und einige der Räume im Haus seien schon „übersichtlich leer“. Bald steht der Verkauf der Immobilie an. Thomas Nick ist waschechter „Oecher“, also Aachener, seine Frau kommt aus Ostwestfalen-Lippe.

Zur Familie gehören bei den Nicks auch die beiden Labrador-Mädchen Djuna (dunke) und Emmy (hell).
Zur Familie gehören bei den Nicks auch die beiden Labrador-Mädchen Djuna (dunke) und Emmy (hell). © Privat

Der neue Lebensstil

„Wir denken da auch etwas nachhaltiger“, sagt Thomas Nick. So bedeute die Idee vom Tiny House ja auch echtes Tiny Living – das sei „ein vollkommen veränderter Lebensstil“. Man merke das schon beim Einkaufen, wenn man sich beim Blick in den Einkaufswagen immer wieder frage: Brauche ich das wirklich?

Und wie gefällt den beiden Aachenern Bad Laasphe, so auf den ersten Blick? „Also, von der Infrastruktur her war das schon so, dass wir sagen: Da gibt’s alles, was man braucht“, sagt Nicola Nick. Und: „Es ist wunderschöne Gegend, da freuen wir uns als Motorradfahrer riesig drauf.“ Mit einigen künftigen Nachbarn hat sich das Paar schon bekanntgemacht.

Lesen Sie auch: Bauen in Wittgenstein: Wegweiser zum Traumhaus

Erzieherin Nicola Nick kann sich gut vorstellen, auch in oder um Bad Laasphe wieder mit erwachsenen Menschen mit Behinderung zu arbeiten. Und ihr Mann Thomas würde sich gerne eine ehrenamtliche Tätigkeit suchen.

Das Traum-Chalet

Das Tiny House selbst bauen? „Leider sind wir beide handwerklich nur so mittelmäßig begabt“, bedauert Nick. Dann die Überlegung des Paares: Wir verkaufen unser Eigenheim und machen aus dem Erlös plus einer geerbten Geldsumme ein Budget für ein schlüsselfertiges Tiny House. Rund 135.000 Euro kostet das Traum-Chalet „Canada“ der Vital Camp GmbH in Zierenberg bei Kassel, samt ausgestatteter Küche und Bad. Dann habe das Häuschen aber noch keine Klimaanlage und keinen Pellet-Ofen, sagt Thomas Nick. Und der Transport, das Grundstück und die Erschließung seien auch noch nicht inklusive.

Das Grundstück

Stichwort Grundstück: Nachdem das Paar kein Grundstück in Aachen fand, suchte es im Umkreis von 200 Kilometern – „da war Bad Laasphe noch so gerade dabei“, so Thomas Nick. „Und dann haben wir unser Grundstück via eBay gefunden.“ Die Sparkasse Wittgenstein habe schließlich vermittelt. Traumhaft sei die Südhang-Lage mit schöner Aussicht auf das Lahntal, schwärmt Nick. „Wir beide lieben Sonnenuntergänge und freuen uns schon darauf, sie auf der Terrasse zu sehen.“

Lesen Sie auch: Wittgenstein Baulücken-Kataster im Aufbau

In Deutschland sei es allerdings schwierig, die Baugenehmigung für ein Tiny House als Erstwohnsitz ganzjährig zu bekommen, weiß Thomas Nick. Denn das Gebäude müsse für so eine Dauernutzung etwa ausreichend gedämmt sein, gewisse Schnee- und Wind-Lasten aushalten können. Im Grunde müsse es alle Vorschriften erfüllen, die auch ein massives Haus erfüllen muss.

Doch beim zuständigen Kreis Siegen-Wittgenstein habe das „absolut problemlos geklappt“, freut sich Nick – nicht zuletzt, weil das von der Vital Camp GmbH empfohlene Architekturbüro da sehr erfahren sei. Im Übrigen sei „unserer der allererste digitale Bauantrag“ für so ein Projekt gewesen, erzählt Nick. „Und dann ging alles sehr schnell.“ Übrigens: Statistisch gesehen werden 60 bis 70 Prozent der Tiny Häuser kommerziell genutzt – als vermietbare Ferienhäuser zum Beispiel.

Die Vorbereitungen

„Mit einer ortsansässigen Firma werden wir das Grundstück vorbereiten“, schaut Nick nach vorn. So müsse das Gelände mit leichter Hanglage derart angepasst werden, dass das Tiny House am Ende per Tieflader kommen kann und ein Kran es an die vorbereitete Stelle auf Streifen-Fundamente bugsiert. Laut Händler wird das Chalet als Fertighaus produziert und schlüsselfertig angeliefert, wo es vor Ort nur noch angeschlossen werden muss.

Lesen Sie auch: Wittgenstein bietet Bauplätze, aber keine Windeltonnen

Der Unterschied zum festen Wohnhaus: Vom Standort kann ein Tiny House bei Bedarf mit einem Tieflader wieder abgeholt und anderswohin gebracht werden. Das sei der gravierende Vorteil, findet Nick.

Laufen sollen die Vorbereitungen entweder schon im Herbst 2023, spätestens aber im Frühjahr 2024, so Nicks Vorstellung – mit angepeilter Fertigstellung im Juni oder Juli 2024. Dann könne man den Spätsommer des kommenden Jahres schon am neuen Wohnort in Bad Laasphe genießen.

Der Blick nach vorn

Und Nick glaubt nicht, dass ihm und seiner Frau in Bad Laasphe so schnell langweilig werde. „Wir haben einen relativ großen Bekanntenkreis“, sagt der 60-Jährige. Und einige der Bekannten hätten bereits ihren Besuch in Wittgenstein angekündigt. Aber auch mit einem Augenzwinkern Bedenken geäußert: Leben in einer Region, wo es das ganze Jahr über Winter sei? Doch Thomas Nick nimmt es gelassen. Und außerdem seien er und seine Frau „selbst relativ wetterstabil“, von Aachen als echtem „Regenloch“ wettermäßig nicht gerade verwöhnt.

Lesen Sie auch: Preise in Wittgenstein klettern bei Äckern und Wäldern

Darüber hinaus wünsche man sich gerade im Winter eine Auszeit von mehreren Monaten zu nehmen, um dann gemeinsam in Marokko, Portugal, Spanien oder Griechenland zu reisen, sagt Thomas Nick – also irgendwo im Süden Europas. „Wir sind da sehr flexibel mit dem Wohnmobil.“

Wohnmobil kommt mit

Unterwegs waren die Nicks als Paar eigentlich schon immer – gerne weltweit. Zunächst mit den Motorrädern, mit Zelt und Kocher beladen. Und aktuell mit den Hündinnen vor allem in ihrem Wohnmobil. Klar, dass es auch mitkommt nach Bad Laasphe – und in einem eigenen Carport geparkt wird, stets fahrbereit.

„Wir reisen sehr gerne und wissen am liebsten morgens nicht, wo wir abends ankommen“, erzählt Thomas Nick. „Deshalb wissen wir eben auch, was es heißt, mit wenig Platz umzugehen.“ Gute Voraussetzungen für das erträumte Leben im Tiny House.

Das Paar unternimmt gerne Reisen mit dem Motorrad – weltweit. Hier machen Nicola und Thomas Nick gerade Pause am Col du Mont Cenis, einem Gebirgspass zwischen Frankreich und Italien.
Das Paar unternimmt gerne Reisen mit dem Motorrad – weltweit. Hier machen Nicola und Thomas Nick gerade Pause am Col du Mont Cenis, einem Gebirgspass zwischen Frankreich und Italien. © Privat