Wittgenstein. Ideen des Bundesinnenministeriums für ein verschärftes Waffengesetz sorgen in Schützenkreisen für Kopfschütteln. Sie positionieren sich deutlich.
Dürfen die Bewerber um die Königswürde bei Schützenfesten in Wittgenstein demnächst auf „ortsfesten Schießstätten“, zu der wohl auch Vogelstangen gehören, in Zukunft womöglich nur noch dann auf den Schützenvogel anlegen, wenn sie eine Erlaubnis der Polizei als Waffenbehörde für ihre Person vorweisen können? Ein Entwurf zur weiteren Verschärfung des Waffengesetzes in Deutschland – unter anderem nach den jüngsten Silvester-Krawallen – lässt das zumindest befürchten und sorgt in heimischen Schützen-Kreisen für Kopfschütteln.
Schützenbund im Thema
„Was Frau Faeser da auf den Plan bringt, ist für uns relativ beschwerlich“, kritisiert Hans-Dieter Rehberg aus Berghausen, Präsident des Westfälischen Schützenbundes (WSB), die Bundesinnenministerin. „Wir als Waffennutzer müssen doch ohnehin schon Auflagen erfüllen.“ Mit der angedachten Gesetzesnovelle jedoch würden auch Sport- und Traditionsschützen sowie die Jäger „gegängelt“. Dabei wäre es doch eigentlich viel wichtiger, findet Rehberg, den Besitz illegaler Waffen besser zu bekämpfen: „Das ist doch die Gefahr für uns Bürger.“ Darüber aber werde vom Gesetzgeber nicht gesprochen.
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Sollte es tatsächlich zu weiteren Auflagen und Kontrollen etwa bei den Traditionsschützen kommen, käme da auch mehr Arbeit auf die heimischen Verwaltungen zu, so Rehberg. Wie die Schützenvereine damit umgehen sollten, dafür sieht der WSB-Präsident derzeit „keine Lösung“. Nur noch mit Steinschleuder oder Pfeil und Bogen auf den Vogel zielen? Schützenfeste ganz einstellen?
Jedenfalls seien der Deutsche und der Westfälische Schützenbund „mit den Jägern und der Waffenindustrie in Kontakt, damit wir unser kleines Bisschen Schützenfest auch weiterhin machen können“, berichtet Rehberg. Unterstützung komme vom Parlamentskreis Schützenwesen, den eine Reihe von Bundestagsabgeordneten gerade gegründet haben. So lasse sich politisch Druck gegen die angedachte Gesetzesänderung aufbauen.
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Weitere Verschärfung unnötig
„Wenn man das vorhandene Gesetz richtig anwendet, braucht man keine weitere Verschärfung“, meint Günter Schmidt, 1. Vorsitzender des Schießvereins Erndtebrück 1911 und 2. Vorsitzender des Schützenkreises Wittgenstein. Er könne sich nicht vorstellen, dass ein Schütze so eine polizeiliche Erlaubnis beim Vogelschießen vorlegen müsse. Schließlich gehe er ohnehin schon ordentlich mit seiner Waffe um, „das hat er ja gelernt“. Und für die Vereine würden solche zusätzlichen Auflagen und Kontrollen – sofern von den Behörden personell überhaupt zu stemmen – „nur Bürokratie und Verdruss“ bedeuten.
Ohnehin schon hohe Maßstäbe
„Wir setzen da schon höchste Maßstäbe als Verein, auch bei der Zuverlässigkeit der Mitglieder. Keine Person wird mit einer Waffe alleingelassen“, betont Michel Hildebrandt. Der passionierte Jäger ist 2. Hauptmann des Schützenvereins Berleburg 1838. Für ihn ist „eine Verschärfung nicht zielführend, was die Schützenvereine anbelangt“, sagt er insbesondere mit Blick auf die Mehrbelastung der Ehrenamtlichen. „Das wäre eine Gängelung, die den Verein an den Rand der Verzweiflung bringen würde. Dann müssten einige Vereine sicherlich mit ihrer Existenz kämpfen.“ Das wirke dann abschreckend, allein vom Kosten- und Zeitaufwand her. Die Tradition des Schießsports werde im Entwurf offenbar „etwas verkannt“, schätzt Hildebrandt.
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Derzeit könne übrigens generell „jeder Bürger in einem Verein einen Schießstand besuchen“, so Hildebrandt – von so einer Erlaubnis der Polizei „weiß ich noch nichts“.
„Ich glaube nicht, dass das so im Gesetz landet“, sagt mit Blick auf den Referenten-Entwurf Wolfgang Dickel. Er ist 1. Vorsitzender des Schieß- und Schützenvereins 1899 Feudingen. Deutschland habe doch schon eines der schärfsten Waffengesetze weltweit. Dickel setzt hier auf die schon erwähnte Arbeit der Verbände.
99 Prozent illegale Waffen
Was das Vogelschießen betreffe, werde die Waffe unter der Vogelstange im Übrigen vom Verein gestellt. Das Gewehr sei überdies in der Regel so eingespannt, dass ein Bewerber um die Königswürde im Grunde gar nicht neben den Kugelfang zielen könne.
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„Schießsport macht Spaß“, sagt Dickel – aber die Schützen müssten sich natürlich erst einmal mit den Vorschriften und der notwendigen Sicherheit auseinandersetzen. Wenn etwas Fürchterliches passiere wie so ein Amok-Lauf, sei das natürlich kein Spaß. Das habe dann aber auch „mit unserem Schießsport rein gar nichts zu tun“ – vielmehr seien es in solchen Amok-Fällen „zu 99 Prozent illegale Waffen, die da eingesetzt werden“.