Bad Laasphe/Girkhausen. Die Girkhäuserin arbeitet ehrenamtlich beim evangelischen Kirchenkreis mit. Eine ihrer Aufgaben: Menschen in schweren Krisen begleiten.

„Ist da jemand, der mein Herz versteht? Und der mit mir bis ans Ende geht?“ Wenn diese Sätze von Adel Tawil im Radio vorbeiplätschern, dann könnte man denken, es handele sich einfach um noch ein weiteres Liebeslied. Ganz anders war der Eindruck am Sonntag im Bad Laaspher Gemeindehaus am Kirchplatz. Steffen Post spielte zunächst das komplette Video des Popsongs ab.

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Danach brachte der Gemeindepfarrer das Lied in Verbindung mit ganz anderen Geschichten, mit konkreten Menschen: mit dem Jungen, der nach dem ersten „Ungenügend“ in der Schule nicht nach Hause gehen mag, mit der Frau, die verzweifelt auf der Intensivstation am Bett ihres bewusstlosen Mannes bangt, mit Jesus, der scheinbar verlassen im Garten Gethsemane wacht, mit der biblischen Magd Hagar, die von Abraham ein Kind erwartet, aber von dessen Ehefrau Sara schlecht behandelt wird und deshalb in die Wüste flieht. Dazwischen wiederholte Steffen Post wie in einem Kehrvers ein ums andere Mal die Fragen aus Adel Tawils Lied: „Ist da jemand?“

Beim Gottesdienst offiziell beauftragt

Fast unauffällig führte das zur Jahreslosung 2023, die nüchtern feststellt: „Du bist ein Gott, der mich sieht.“ Genau das sagte Hagar zum Herrn, der in der Wüste zu ihr gesprochen hatte, nachzulesen im 16. Kapitel des 1. Buch Mose. Und genau dieses Bibelwort, diese Jahreslosung ist die Antwort auf all die Fragen von Adel Tawil.

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Aber mit eben dem Ausruf „Ist da jemand?“ konnte Steffen Post an diesem Morgen auch noch eine ganz andere Brücke schlagen. Denn im Rahmen des Gottesdienstes wurde die Girkhäuserin Susanne Bald offiziell beauftragt, künftig ehrenamtlich in der Notfall-Seelsorge im Wittgensteiner Teil des evangelischen Kirchenkreises Siegen-Wittgenstein mitzuarbeiten.

Oft arbeiten Notfallseelsorger und Polizei Hand in Hand – etwa, wenn Angehörigen die Nachricht vom Tod eines Menschen zu überbringen sind.
Oft arbeiten Notfallseelsorger und Polizei Hand in Hand – etwa, wenn Angehörigen die Nachricht vom Tod eines Menschen zu überbringen sind. © FUNKE Foto Services | Klaus Micke

Ex-Kripobeamtin bringt Erfahrung mit

Seit 21 Jahren gibt es ein Notfall-Seelsorge-Team in Wittgenstein, bisher gehörten ausschließlich Pfarrerinnen und Pfarrer dazu. Das Thema „Seelsorge“ ist natürlich Bestandteil ihrer Ausbildung, spezielle Fortbildungen bereiteten sie noch einmal konkreter auf besondere Notfall-Situationen vor. Susanne Bald ist zwar keine Pfarrerin, aber die seit dem vergangenen Jahr pensionierte Kripo-Beamtin kam in ihrem polizeilichen Bereitschaftsdienst auch immer wieder in solchen Notfall-Situationen zum Einsatz, außerdem verfügt sie über eine Telefon-Seelsorge-Ausbildung. Eine für die Notfall-Seelsorge notwendige Schulung hat die Girkhäuserin bei Pfarrer Frank Rüter absolviert, der in der Evangelischen Kirche von Westfalen das Pfarramt für Notfall-Seelsorge in der Region Südliches Westfalen innehat und bei dem Gottesdienst in Bad Laasphe ebenfalls dabei war. Gemeinsam mit Steffen Post, dem Zuständigen für die Notfall-Seelsorge im Bereich Wittgenstein, beauftragte er jetzt Susanne Bald.

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Für sie fasste Post die wichtige Aufgabe noch einmal ganz kurz folgendermaßen zusammen: „Du weißt, Du wirst in diesem Dienst Menschen begleiten, die ganz plötzlich einen ihnen wichtigen Menschen verloren haben oder die in eine schwere Krise geraten sind.“ Und Frank Rüter ermutigte die Neue im Team mit diesen Worten: „Möge Gottes Zusage Dir dabei den Rücken stärken und Du stets von der Gewissheit getragen sein, dass nicht der Tod den letzten Horizont für unser Leben bildet, sondern der Leben schaffende Gott, der uns auch im Tod hält.“ Und so wie schon bisher die Pfarrerinnen und Pfarrer kann nun auch Susanne Bald in ihrem neuen Notfall-Seelsorge-Dienst eine Antwort sein auf die Frage „Ist da jemand?“

Gute Ergänzung fürs Team

Im Wittgensteiner Teil des Kirchenkreises Siegen-Wittgenstein hat der Laaspher Pfarrer Steffen Post die Beauftragung für die Notfall-Seelsorge inne. Außer ihm gehörten zum bisherigen Team folgende Kolleginnen und Kollegen: Kerstin Grünert, Thomas Janetzki, Jaime Jung, Detlev Schnell und Dr. Dirk Spornhauer sowie Berit Nolting und Wilfried Weniger in Springer-Funktionen.

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Jetzt ist die Girkhäuserin Susanne Bald als Ehrenamtliche dazugekommen. Konkret sieht die Arbeitsweise so aus, dass in einem genauen Jahresplan die jeweiligen Notfall-Seelsorgerinnen und -Seelsorger wochenweise für den Wittgensteiner Funkmelde-Empfänger zuständig sind, mit dem die Siegener Leitstelle ihre Unterstützung bei Einsätzen anfordern kann.