Bad Laasphe. Die Organisation „Migrant Rescue Watch“ mailt Links, um Helfer zu diskreditieren, die sich für die Rettung von Flüchtlingen engagieren.
Die politische Diskussion läuft: Soll die Stadt Bad Laasphe dem Bündnis „Seebrücke“ beitreten oder nicht? Eine Mehrheit des Ausschusses für Freizeit, Jugend, Soziales und Sport empfahl jedenfalls letzte Woche dem Bad Laaspher Rat ausdrücklich den Beitritt, sich also als Stadt „zum sicheren Hafen für geflüchtete Menschen“ zu erklären. Inzwischen haben einige Ratspolitiker in Bad Laasphe E-Mails erhalten – von einer Organisation namens „Migrant Rescue Watch“. Einziger Inhalt: eine ellenlange Liste mit Links zu teils deutlich älteren Berichten im Internet, die zeigen sollen, wie Seenotretter mit Schleusern und Schleppern zusammenarbeiten.
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Googelt man im Internet nach „Migrant Rescue Watch“, stößt man schnell auf einen „Nonprofit-Blog über Aktivitäten und Rettungseinsätze von NGOs“, angeblich betrieben von Perth aus, der Hauptstadt des australischen Bundesstaates Western Australia. Konkrete Ansprechpartner? Fehlanzeige.
Seenotrettung wird kriminalisiert
„Was soll damit bezweckt werden?“, fragt Alexander Rothenpieler, sachkundiger Bürger in der Fraktion der Partei „Die Partei“ – und gibt dazu auch gleich die Antwort: „Doch nichts anderes, als weiterhin Seenotrettung zu kriminalisieren und Verunsicherung und Skepsis gegenüber jedwedem Menschen auf der Flucht zu schüren“. Das sei „absolut schäbig“, findet er. „Die Partei“ hatte den Beitritt zur „Seebrücke“ im Ausschuss gestellt. Auch Fraktionsmitglieder der „Partei“ hatten Mails erhalten.
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Viele Versuche, Leid zu mindern
Das Bündnis „Seebrücke“ ist eine internationale Bewegung für sichere Fluchtwege, entkriminalisierte Seenotrettung und die menschenwürdige Aufnahme von Geflüchteten. Ihm sind bereits mehr als 300 deutsche Kommunen beigetreten, auch Hilchenbach und Siegen. Sie erklären sich damit zum sicheren Hafen für geflüchtete Menschen.
Englisch „NGO“ oder deutsch „NRO“ steht für „Nichtregierungsorganisation“: Die Weltbank definiert NROs als private Organisationen, die versuchen, Leid zu mindern, Interessen Armer in der Öffentlichkeit zu vertreten, die Umwelt zu schützen, grundlegende soziale Dienste zu leisten oder Aktionen für Entwicklungsvorhaben zu initiieren.
Es sei schon „irritierend“ für ihn gewesen, so FDP-Fraktionschef Klaus Preis, als Markus Schmidt von der „Partei“ bei der jüngsten Ratssitzung in die Runde gefragt habe, bei wem denn so eine E-Mail ebenfalls angekommen sei – und eine Handvoll Finger nach oben gegangen seien. Preis vermutet, dass hier ein politischer Prozess untergraben werden solle.
„Ich hab’ das sofort gelöscht“
„Ich hab’ das sofort gelöscht“, sagt Mirko Becker von der SPD-Fraktion mit Blick auf seine E-Mail. Er habe „schnell gemerkt, dass das nicht ernst zu nehmen ist“. Er werde sich jedenfalls bei seiner Entscheidung zum Thema „Seebrücke“ vom Inhalt der Mail „nicht leiten lassen“, zumal er die Quelle nicht kenne. Becker kann sich vorstellen, dass ihn die digitale Post von „Migrant Rescue Watch“ über das Kontaktformular zu seiner Person als Ratsmitglied auf der Stadt-Seite im Internet erreicht haben könnte.
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Rolf Hofmann (CDU) hat zwar nicht, wie viele andere Ratsmitglieder, die seltsame E-Mail in seinem Spam-Ordner gefunden, findet die ganze Aktion aber schon „komisch“. Sicher: Im Grunde brauche Bad Laasphe dem Bündnis „Seebrücke“ nicht beizutreten, sagt er, weil die Stadt ohnehin schon viel für Hilfe- und Schutzsuchende tue, sich um sie kümmere und Wohnungen organisiere. Bad Laasphe sei für sie bereits ein sicherer Hafen. Aber diese Ansicht habe er wirklich nicht erst seit der Sache mit den E-Mails.
Grüne: Derzeit keine Rückmeldungen
Peter Honig von den Bad Laaspher Grünen im Rat hat derzeit keine Rückmeldungen aus seiner Fraktion zum Erhalt solcher E-Mails. Er sieht die Mail-Aktion als „Störfeuer“ in der politischen Meinungsbildung bis zur nächsten Ratssitzung im Dezember, wo das Thema „Seebrücke“ ja noch einmal auf die Tagesordnung komme.