Wittgenstein. Das Angebot der Arbeitgeberseite hat die IG Metall erst richtig mobilisiert. Jetzt begleitet sie den Tarifkampf mit Warnstreiks.

Es wird ein heißer Herbst für Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der heimischen Metallindustrie. In der Auseinandersetzung um angemessene Löhne und Gehälter liegen die Tarifparteien sehr weit auseinander. Noch in dieser Woche mobilisiert die Industriegewerkschaft Metall ihre Mitglieder in den Wittgensteiner Betrieben für Warnstreiks und eine Großkundgebung.

Am 29. Oktober endete die Friedenspflicht. Bereits im Vorfeld hatte die Arbeitgeberseite ein Angebot unterbreitet: 3000 Euro steuerfrei gestreckt auf 30 Monate. Die IG Metall fordert für die Beschäftigten der Metall und Elektroindustrie aber acht Prozent mehr. Auch nach drei Verhandlungsrunden gibt es bislang keine Annäherung. Die heimischen Arbeitgeber sind verärgert – auch weil im Siegerland erste Warnstreiks stattgefunden haben.

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Von Lars-Peter Dickel

„In dieser ohnehin durch die Ukraine-Krise und die hohen Energiepreise angespannten Situation, die Betriebe in Siegerland und Wittgenstein zu bestreiken, ist absolut kontraproduktiv“, kritisiert der Geschäftsführer des Verbandes der Siegerländer Metallindustriellen, Dr. Thorsten Doublet, das Vorgehen der IG Metall. „Es sollte auch im Interesse der Beschäftigten sein, Produktionsausfälle in den Unternehmen zu vermeiden.“

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Beim IG Metall-Bevollmächtigten Andree Jorgella sorgt das für Kopfschütteln. „Die Arbeitgeberseite hat es in sieben Wochen vor dem Ende der Friedenspflicht nicht hinbekommen, ein echtes Angebot zu machen. Wenn die Arbeitgeberseite verhandeln will, bin ich gerne dabei. Ansonsten droht eine Urabstimmung“, sagt er im Gespräch mit dieser Zeitung.

Arbeitgeberposition

Die Arbeitgeber betonen in einer Pressemitteilung ihre Gesprächsbereitschaft und heben noch einmal ihr bisheriges Angebot hervor: Die steuerfreien Inflationsausgleichsprämie von einmalig 3000 Euro. Das von der Politik zur Verfügung gestellte Instrument eigne sich in hervorragender Weise, die Beschäftigten in Zeiten galoppierender Inflation zu unterstützen, ohne gleich eine Lohn-Preis-Spirale in Gang zu setzen und die Preiserhöhungen weiter zu befeuern. Zudem wünschten sich die heimischen Arbeitgeber eine längere Laufzeit als die von der Gewerkschaft geforderten zwölf Monate. „Mit Blick auf ein schwierig werdendes Jahr 2023, das durch Krieg und Corona viele Unwägbarkeiten bereithält, wäre den Unternehmen mit einer langen Laufzeit und der Möglichkeit, sie im Einzelfall über eine automatische dauerhafte Differenzierung bei den Lohnkosten zu entlasten und so Beschäftigte zu halten, sehr geholfen“, wirbt Dr. Thorsten Doublet um Verständnis für die Arbeitgeberposition. „Unsere Mitgliedsunternehmen hoffen sehr auf ein Entgegenkommen der IG Metall bei den anstehenden Verhandlungen in dieser Woche.“

Gewerkschaftsposition

Bei Andree Jorgella löst die Krisenargumentation der Arbeitgeberseite kein Verständnis aus. „Dann muss man auch einmal die Vergangenheit beleuchten“, so der Gewerkschaftsfunktionär. „Wir haben also bei IG Metall bereits im März 2022 – als noch keine politische Partei so etwas gefordert hat – für einen Strom- und Gaspreisdeckel geworben. Dabei haben wir in unsere Forderungen bewusst auch die Unternehmen miteinbezogen.“ Und Jorgella geht noch weiter: Viele Unternehmen hätten Preisgleitklauseln genutzt und die Produktpreise zwei Mal angehoben. Die Arbeitnehmer könnten dies nicht. Bei vielen Unternehmen sei die Krise deshalb noch gar nicht angekommen.

Wenn nun die Arbeitnehmer- und auch die Arbeitgebervertreter wieder an einem Tisch Platz nehmen, erhofft sich der Gewerkschafter einen aus seiner Sicht ernstzunehmenden Vorschlag, der eine Einmalzahlung enthalten könnte, um die Folgen der Inflation für die Beschäftigten kurzfristig zu mildern sowie eine Anhebung der Lohntabellen. „Unsere Beschäftigten brauchen langfristige Sicherheit.“

Außerdem hofft der Gewerkschafter darauf, dass sich ein Tarifabschluss auch auf die nicht mehr tarifgebundenen Unternehmen auswirkt, wie es in der Vergangenheit immer der Fall gewesen sei.

Verhandlungstermin

Die vierte Verhandlungsrunde beginnt am Dienstag, 8. November, unter anderem in Baden-Württemberg und Bayern. Am Donnerstag, 10. November, stehen dann die Verhandlungen in Nordrhein-Westfalen an.