Wittgenstein. Ob DRK, Johanneswerk oder ST. Georg: Auch soziale Einrichtungen kämpfen mit der Energiekrise. Ihnen bleibt ein wichtiger Ausweg versperrt.

Gemeinsam statt einsam – gemeinnützige soziale Einrichtungen sind für viele Menschen eine wichtige Stütze in ihrem Leben. Aber auch die Einrichtungen werden von der Energiekrise nicht verschont. Laut einer Umfrage des Paritätischen Wohlfahrtsverbands fürchten neun von zehn gemeinnützigen sozialen Einrichtungen in Deutschland wegen steigender Preise um ihre Existenz.

„Auch unsere Einrichtungen und Dienste in Wittgenstein sind von steigenden Energiepreisen betroffen. Diese sind von öffentlicher Seite derzeit leider noch nicht gegenfinanziert“, sagt dazu Tino Strackbein von der Regionalleitung Sozialwerk St. Georg Teilhabe gGmbH Region Wittgenstein. Gleich mehrere soziale Einrichtungen im Altkreis werden vom St. Georg betrieben – unter anderem die Wiedereingliederungshilfe. „Wir können z.B. die höheren Energiekosten in unseren besonderen Wohnformen der Wiedereingliederungshilfe in Bad Berleburg und Bad Laasphe nicht, wie andere Vermieter dies machen, auf unsere Klienten umlegen“, erklärt Strackbein. „Die Grundsicherung, mit der die meisten unserer Klienten die Kosten der Unterkunft finanzieren, kommt derzeit nicht für die höheren Energiekosten auf.“

Schutzschirm gefordert

Auch die höheren Energiekosten für die notwendigen Tagesstruktur- und Büroräume würden derzeit nicht durch z.B. höhere Zuwendungen des Kostenträgers (LWL) abgemildert – und das hat fatale Folgen. „Neben dem aktiven Energiesparen, das wir derzeit mit Klienten und Mitarbeitenden auch auf kreative Weise umzusetzen, ist auf längere Sicht ein Schutzschirm notwendig, um die steigenden Energiekosten so abzufedern, dass gemeinnützige, soziale Einrichtungen und Dienste nicht in eine wirtschaftliche Schieflage geraten.“ Genau einen solchen Schutzschirm fordert auch der Paritätische Wohlfahrtsverband. Was das St. Georg betrifft – so seien die Einrichtungen und Dienste in Wittgenstein in ihrer Existenz davon aktuell nicht akut bedroht.

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„Steigende Energiekosten wurden z.B. bei der Wirtschaftsplanung für das kommende Jahr bereits mitbedacht, was aber die sonstigen finanziellen Möglichkeiten der Einrichtungen und Dienste stark einschränkt.“ Langfristig jedoch werde eine Anpassung der Finanzierung der Einrichtungen und Dienste an weiter steigende und hohe Energiekosten „durch den Gesetzgeber, in ganz Deutschland unerlässlich sein, um den Fortbestand dieser, für unsere Gesellschaft unverzichtbaren Institutionen auf lange Sicht zu sichern“, so Strackbein.

Mit steigenden Kosten in vielen Bereichen konfrontiert

Auch die Einrichtungen des Johanneswerks in Bad Berleburg sind von Preissteigerungen betroffen. „Neben steigenden Lohnkosten, die durch neue Tarifabschlüsse entstehen, sehen wir uns auch mit steigenden Kosten in vielen anderen Bereichen konfrontiert. Für uns steht die Versorgungsqualität und die Versorgungssicherheit der Bewohner und Patienten im Vordergrund, so dass wir Einsparungen, die zu einer Einschränkung unserer Betreuungsqualität führen, nicht in Erwägung ziehen können und wollen. Daher werden wir die Preise für unsere Leistungen entsprechend anheben müssen und sind dazu in Gesprächen mit den Kostenträgern“, so Dr. Claudia Schröder, Leiterin Stabsabteilung Strategisches Marketing und Pressesprecherin der Ev. Johanneswerk gGmbH.

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Die Ergebnisse der Umfragen des Paritätischen Wohlfahrtsverbands belegen die Dringlichkeit: „Bei 28 Prozent der befragten Einrichtungen stehen bereits in diesem Monat steigende Abschlagszahlungen für Strom an, für zwei Drittel aller Einrichtungen werden steigende Abschläge zeitnah bis Januar 2023 erwartet“, heißt es in der Pressemitteilung des Verbandes. „Prinzipiell spielen die Energieerhöhungen in allen DRK-Gebäuden eine Rolle, die wir auch mit Sorge betrachten“, teilt dazu auch Marcus Sting, Pressesprecher des DRK-Kreisverband Siegen-Wittgenstein, mit.

Einnahmen können nicht einfach erhöht werden

„Hierbei spielen nicht nur die eigenen Gebäude eine Rolle, sondern auch die gemieteten Gebäude. In Wittgenstein unterhält der Kreisverband das Mehrgenerationenhaus in Bad Berleburg, das Impfzentrum in der ehemaligen Salzmannschule sowie die Flüchtlingsunterkunft und neuerdings eine Kita in der ehemaligen Baumrainklinik. Zusätzlich werden die Rettungswachen Bad Berleburg, Bad Laasphe und Erndtebrück betrieben“, erklärt Sting. Aktuell seien die steigenden Energiepreise noch keine existenzielle Bedrohung für das DRK. Allerdings, so Sting, werden gerade bei Mietobjekten die Nebenkostenabrechnungen erst erstellt: „Für das DRK ist es in vielen Bereichen nicht möglich, Einnahmen einfach zu erhöhen. Vielfach werden soziale Angebote auch durch Spenden und Fördergelder refinanziert. Wir werden die Lage weiter beobachten und da wo es möglich ist, Energie einsparen.“