Erndtebrück. Weder Esoteriker noch Kripo können lange Zeit die mysteriösen Geräusche unter den Dielen erklären. Doch dahinter steckt eine traurige Geschichte.

„Haben Sie es schon gehört? An der Bahnhofstraße 1 soll es spuken.“ Ein Raunen geht vor über 70 Jahren durch Erndtebrück, denn in einem Diensthaus der Bundesbahn soll nachts, zur Geisterstunde, ein gruseliges Scharren und Kratzen unter den Dielen zu hören sein. Nicht nur die Familien, die in diesem Haus wohnen, haben Angst vor diesem „Klopfgeist“ – auch in der Nachbarschaft und dem Rest Erndtebrücks regt sich Unbehagen. Auch ein Wünschelrutengänger, der durch das Haus ging, konnte nicht zur Lösung beitragen – stattdessen konnte die Kriminalpolizei schließlich den kuriosen Fall aufklären.

„Sechs Jahre Hexenwahn in Erndtebrück“ – so steht es am 22. Dezember 1951 in der Zeitung. In dem Artikel (in Gänze zu finden auf der Homepage des Erndtebrücker Heimatvereins) wird berichtet von Bundesbahninspektor Kemper, der damals in dem Haus zusammen mit seiner Familie wohnte.

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Ganz wohl fühlte sich die zugezogene Familie in Erndtebrück nicht – der Vater träumte von einer Versetzung an einen größeren Bahnhof, sein ältester Sohn Dieter konnte auf dem Schulhof keine Freunde finden und fühlte sich einsam. Kemper dachte sich bei den nächtlichen Geräuschen unter den Dielen – die im Jahr 1946 begannen, sich bemerkbar zu machen – zunächst nicht viel. Er bohrte ein paar Löcher in die Dielen und warf Rattengift hinein. Anstatt zu verstummen, wurden die Geräusche jedoch immer lauter.

Die Kripo schreitet ein

Die Spukerei im Haus an der Bahnhofstraße 1 begann, sich im Ort herumzusprechen. Die Kriminalpolizei schaltete sich ein und bildete eine Kommission. Folgendes war im Bericht des Kriminalwachtmeisters Wunderlich zu den Untersuchungen zu lesen: „Es wurden Kratzgeräusche und Klopfzeichen bemerkt. Ich selbst habe sie feststellen können, besonders während einer Sitzung, die in dem dunklen Schlafzimmer der Eltern vorgenommen wurde.

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Der älteste Sohn der Familie lag im Nebenzimmer im Bett. Ich habe mich im Dunkeln unter das Bett gelegt, um festzustellen, woher diese Geräusche kamen. Bei dieser Sitzung war auch ein Oberstaatsanwalt anwesend, der sich die Klopferei ebenfalls anhörte. Niemand konnte sich die Vorgänge erklären. Wir setzten uns deshalb mit verschiedenen Instituten in Verbindung, weil ein vorher in dem Hause tätig gewesener Wünschelrutengänger angeblich zahlreiche Erdstrahlungen festgestellt hatte. Nichts nützte und nichts kam heraus. Der Spuk ging weiter.“

Spukerei spricht sich herum

Die Spukerei sprach sich schließlich so weit herum, dass auch Maler, Klempner oder Ofensetzer nicht mehr in das Haus kommen wollten, geschweige denn Mitarbeiter der Bundesbahn, um darin zu wohnen. In dieses „Spukhaus“ wolle er nicht ziehen. Dem Leiter der Bundesbahndirektion in Wuppertal wurde es schließlich zu bunt und er schickte zwei Kriminalisten nach Erndtebrück.

Ihr Abschlussbericht erklärt sehr deutlich, was – beziehungsweise wer – der ominöse Klopfgeist gewesen ist: „Wir nahmen abends mit unserem Tonaufnahmegerät in dem Raum Aufstellung. Mit einem Wurf an die Außenwand kündigte sich der ,Geist’ an. Dann wurden Klopfgeräusche hörbar. Während wir mit gespannter Aufmerksamkeit beobachteten, bemerkten wir vor dem nächsten ,Geistergeräusch’ Bewegung und Rascheln im Bett des älteren Jungen, der gerade seine Beine ins Bett zurückzog. Für uns stand sofort eindeutig fest, dass der 17-jährige Dieter mit den Füßen gegen die Dielen getreten haben musste. Aber er gestand nicht sofort, der rätselhafte Klopfgeist gewesen zu sein.“

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Am nächsten Morgen legte Dieter Kemper dann noch ein Geständnis ab: Er habe einen Bericht über Klopfzeichen gelesen – und habe es benutzen wollen um dem Vater zu helfen, versetzt zu werden. Auch er wollte die Gemeinde verlassen, denn er war einsam: „Ich konnte hier nie einen richtigen Freund finden und deshalb beschloss ich, meinen Vater in seinem Wunsch, von hier fortzukommen, zu unterstützen. Mein kleiner Bruder hat mir ein bisschen geholfen. Übrigens hat uns Vater nicht geschlagen, als die Sache jetzt heraus kam.“