Bad Berleburg. Spuk in Wittgenstein, Hellerweiber die Kinder vertauschen und ein Gespenst das einen Schatz sucht – und das alles bei Vollmond.

Wenn es draußen dunkel wird und die Nebelschwaden über die Straßen ziehen, werden in der Sagen- und Mythenwelt dunkle Gestalten erst richtig aktiv – so auch in Wittgenstein. Einer Sage nach zogen im Bad Berleburger Ortsteil Wemlighausen weibliche Gestalten von Haus zu Haus – auf der Suche nach Neugeborenen, die noch nicht getauft wurden. Es waren die sogenannten Hellerweibchen. Der Sage nach wohnten sie im Heller- oder Hillerbach. Von dort aus trieben sie ihr Unwesen. Wie? Sie vertauschten heimlich die Neugeborenen und schoben den Familien ein „Wechselbalg“ unter. Es gab nur ein Mittel, was sie davon abhielt – ein Licht. So sah man der Sage nach noch lange Zeit im Kinderzimmer ein Licht bis zum Tauftag brennen.

Ähnliche Sagen

In anderen Regionen und Ländern gibt es ähnliche Geschichten vom Wechselbalg – in Schottland beispielsweise gibt es verschiedene Versionen. So sagt der Volksmund, dass Feen in der Nacht das

Hellerweiber stehlen in der Sage Kinder und vertauschen sie.
Hellerweiber stehlen in der Sage Kinder und vertauschen sie. © WP | Ramona Richter

Neugeborene gegen einen Wechselbalg (Feenjunges) austauschten. Diese Welchselbalge schrien viel und wuchsen nicht, beziehungsweise entwickelten sich nicht weiter. So fanden Eltern unheilbar kranker Kinder gerade in dieser Sage Trost in schweren Zeiten. Denn: Im Todesfall starb nicht das eigene Kind, sondern das der Feen. Ihrem eigenen ging es demnach gut in der Feenwelt.

Eine Whisky-Feen-Mythologie

Thomas Keightley befasste sich um 1890 ebenfalls mit dem Thema. Laut seiner Feen-Mythologie fing alles mit einer Gruppe junger Männer an, die unverzollt Whisky in Badenoch und Fort William verkauften. Eines Nachts lagen sie in Glenlivat auf Lager, als sie ein schreiendes Kind hörten. Doch sie ließen es schreien und machten sich lieber mit ihrem Whiskey auf den Weg nach Fort William. Plötzlich sahen sie ein schönes, gesundes Kind, welches mutterseelenallein am Straßenrand lag. Da bemerkten sie, dass die Feen die Kinder vertauscht hatten und der Mutter in Glenvient ein Bastard zurückließen. Doch die Männer hatten keine Zeit, der Mutter ihr Kind zurückzubringen. Stattdessen nahmen sie es mit und versteckten es.

Als sie aber erneut in Glenlivant ankamen, berichtete eine Mutter von der unheilbaren Krankheit ihres Kindes. Schnell bemerkten die jungen Männer, dass sie die eigentliche Mutter von dem am Straßenrand gefundenen Kind ist und brachten es ihr zurück. So kam es, dass die Kinder zurückgetauscht wurden.

Kuckuckskind und der Bofrost-Mann

Auch heute noch werden bestimmte Sprüche losgelassen, wenn ein Kind beispielsweise beiden Elternteilen nicht ähnlich sieht oder andere Interessen hat. So hört man gelegentlich den Spruch: „Da hat man euch ein Kuckuckskind ins Nest gelegt“. Oder aber: „Hattest du Besuch vom Bofrost-Mann?“ Oder war es am Ende doch der Nachbar von nebenan?

Die Geschichte vom verlorenen Schatz der Burg Steinbach

„Die Burg Steinbach ist zu mächtig und viel zu nah an meinem Herrschaftsgebiet. Männer, schleift die Burg und vertreibt die Herrschaft!“

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So muss es der verfeindete Wittgensteiner Burgherr laut Volksmund gesagt haben, als er seinen Gefolgsleuten den Auftrag gab, der Burg Steinbach und ihren Bewohnern den Garaus zu machen, denn ein mächtiger Gegner in der Nähe gefiel ihm gar nicht. Viel lieber wollte er ihn davon laufen sehen oder besser noch – tot, sodass sich der verfeindete Burgherr an seinem Gold gütlich tun konnte.

In einer nebligen und kalten Herbstnacht also, es war gerade Vollmond, machten sich die Schergen des gierigen Burgherrn auf, um die Burg Steinbach zu stürmen und alle dort wohnenden Menschen zu

Bei Nebel erklimmen die Schergen die feindliche Burg.
Bei Nebel erklimmen die Schergen die feindliche Burg. © WP | Ramona Richter

vertreiben. Der Nebel zog bereits um die Burgmauern und die Wachhunde witterten die Gefahr. Geheul erfüllte die ansonsten stille Nacht. Doch ganz so still war sie doch nicht, denn durch das raschelnde Herbstlaub näherten sich die Gefolgsleute des gierigen Herrn der Burg.

Die bemoosten und feuchten Mauern erschwerten ihnen den Aufstieg, und doch gelang es ihnen schließlich, die Hürde zu überwinden und in die Burg einzudringen. Die Glocke der nahe gelegenen Kapelle schlug gerade zwölf, als sich die schändlichen Schergen aufmachten, die Wachleute auszumerzen, einen nach dem anderen. Die Männer des Herrn von Steinbach warfen sich den Angreifern mutig entgegen und doch konnten sie der Übermacht nicht lange standhalten. Der letzte konnte gerade noch in das Warnhorn stoßen, bevor auch er zum Schweigen gebracht wurde.

Der Burgherr blickte sodann aus seinem Gemach in den Burghof und entdeckte die Schandtat. Sogleich trug er seiner Leibwache auf, seinen goldenen Schatz durch den Geheimgang aus der Burg zu tragen und zu verstecken. Die Leibwache, vier tapfere Männer, gehorchte und holten den Schatz aus den Tiefen des alten Gemäuers, versteckten ihn in einem alten Kessel und trugen es in den Wald. Den Waldbach

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empfanden sie als das perfekte Versteck den Schatz. Als sie ihn versenkt hatten, kehrten sie zur Burg zurück um ihrem Herrn zu Hilfe zu eilen. Doch es war bereits zu spät, die Gefolgsleute des verfeindeten Burgherren hatten in bereits in die Anderswelt geschickt. Als sie den Schatz in der Burg nicht fanden, zündeten sie sie vor Wut an und verließen die Ruine fluchend. Noch heute, im Licht des Mondes, soll eine Geistergestalt mit furchtbarer Fratze dort umherschleichen. Man sagt, es sei der gierige Burgherr, auf der Suche nach dem Schatz des Feindes.