Bad Laasphe. Die Schüler aus den USA müssen sich in Bad Laasphe an einige deutsche Eigenarten gewöhnen - das Sprudelwasser hat sie absolut überrascht.

Auf dem „Schloss Wittgenstein“ sind seit kurzem wieder Austauschschülerinnen und -schüler aus Amerika zu Gast. Im Rahmen des Programms der Austauschorganisation „Experiment“ besuchen die 46 Teilnehmenden im Alter von 15 bis 18 dort ein vierwöchiges Einführungsseminar und entdecken die deutsche Kultur. Dabei sorgen einige Dinge bei den Jugendlichen aus den Staaten für einen echten Kulturschock, die für uns vollkommen normal sind.

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„Für mich war es am Anfang komisch, dass Einkaufstüten hier etwas kosten und man sie sich selber aus dem Regal nehmen muss. Bei uns bekommt man sie automatisch bei jedem Einkauf einfach dazu“, erzählt Brent Eickhoff (16) aus Atlanta. Das habe bereits am ersten Tag schon zu einer komischen Situation an der Kasse geführt. „Ich habe in meiner Unwissenheit nach einer Tüte gefragt, die Kassiererin stand auf, bückte sich neben mir und gab mir eine Einkaufstüte – und ich kam mir wie ein Idiot vor.“ Für alle Teilnehmenden ist es etwas vollkommen Neues, dass die Deutschen alle so umweltbewusst seien und ihre eigenen Tüten zum Einkaufen mitnehmen. Außerdem sei das Bezahlen hier viel einfacher, da die Steuern überall schon enthalten sind. „Das macht einfach viel mehr Sinn als bei uns, wo die Steuern extra angeben werden“, sagt Rebecca Div (16) aus Virginia.

Bad Laasphe: Neue Erfahrungen für die Austauschschüler

Auch das deutsche Sprudelwasser löst bei den Stipendiaten eine Kon­troverse aus: Die einen lieben es und würden das sprudelige Wasser auch gerne zu Hause bei sich kaufen können. Die andere mögen es gar nicht und können nicht verstehen, wie die Deutschen so etwas gerne trinken. Noch ein Aspekt in Bezug auf Getränke, der viele von Ihnen zunächst geschockt hat, ist die Tatsache, dass es in Deutschland kaum jemand Kaltgetränke mit Eiswürfeln trinke. Und auch das Mülltrennen stellt die amerikanischen Jugendlichen vor Herausforderungen. „Bei uns wird der Müll nicht so getrennt – das ist eine Wissenschaft für sich, was ihr hier mit eurem Müll macht“, berichtet Adam Niktash (17) aus Ohio.

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Aber auch, dass viele zu Fuß gehen, kennen die Austauschschüler aus ihrer Heimat nicht. „Wo ich herkomme, haben wir keine öffentlichen Verkehrsmittel und man kann eigentlich nirgendwo richtig hinlaufen. Daher benutzen wir für jeden noch so kurzen Weg unsere Autos“, schildert Sofia Boya (16) aus Virginia. Eine andere Schülerin ergänzt: „Ich vermisse mein Auto. Die ganzen Deutschen sind so stark. Wir sehen euch hier die Berge hoch und runter laufen, aber niemand hat auch nur eine Schweißperle auf der Stirn, obwohl wir über 20 Grad haben.“ Sie alle mögen es dennoch, dass man hier so gut herumlaufen kann – auch wenn die Berge ihnen wirklich zu schaffen machen: „Beim ersten Mal hat mich das Hochlaufen fast umgebracht“, schmunzelt Sofia Boya.

Die deutsche Kultur begeistert die Jugendlichen aber auch: „Deutschland ist ein wirklich schönes Land. Ich war schon vorher hier und die Leute sind einfach fantastisch. Der Austausch ist für uns eine tolle Möglichkeit, um unseren Horizont zu erweitern, eine neue Kultur kennenzulernen und dabei die Sprache zu lernen“, so Brent Eickhoff. „Alles ist so sauber und die Leute sind alle wirklich sehr freundlich“, fügt Rebecca Div hinzu.

Bad Laasphe: Die Beweggründe der Austauschschüler

Viele der Schüler haben guten Gründe, an dem Austausch teilzunehmen. Manche von ihnen wollen in Deutschland studieren, andere überlegen, ob sie Deutsch als Fach am College wählen und danach als Deutschlehrerin tätig werden. „Schon alleine in der Woche hier habe ich so viel gelernt und vor allem, wie ich aus meiner Wohlfühlzone hervortreten kann“, erzählt Sofia Boya. Sie ist überzeugt, dass der Austausch ihnen allen dabei hilft, unabhängiger und selbstständiger zu werden.

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Die Schüler kommen alle aus dem Südosten der USA. Die meisten von ihnen besuchen aktuell in Amerika noch die Highschool. Insgesamt bleiben die Austauschschüler für vier Wochen auf „Schloss Wittgenstein“ in Bad Laasphe. Dort haben sie unter der Woche jeden Tag Deutsch-Unterricht. „Der Deutsch-Unterricht nimmt unter der Woche am meisten Zeit in Anspruch. Wir sind aber auch hier, um die Teilnehmenden generell auf ihren Austausch vorzubereiten. Dafür reden wir ganz viel mit den Jugendlichen darüber, was sie erwartet und was sie sich für die Zeit hier vorgenommen haben“, sagt Leiterin Rachel Kühn.

Bad Laasphe: Der weitere Verlauf des Austausches

„Die Teilnehmenden kommen mit ganz unterschiedlichen Sprachkenntnissen hier an.“ Einige von ihnen können bereits gut Deutsch sprechen, andere sind noch Anfänger. Die Teilnehmer werden je nach ihrem Sprachniveau in die verschiedenen Kurse aufgeteilt. Die Schüler erzählen, dass sie gerade die Zeitformen, Emotionen, Farben und das deutsche Alphabet lernen. Neben dem Deutschlernen wird auch abwechslungsreiches Rahmenprogramm mit vielen Aktivitäten geboten.

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Und so sehen die Austauschschüler auch etwas von Bad Laasphe. „Es sind noch ganz unterschiedliche Dinge geplant wie ein Besuch bei ,Freitags in Bad Laasphe’“, so Kühn. Das Radio Museum haben die Jugendlichen bereits besucht – und Minigolf spielen gehen möchte die Gruppe auch noch. Außerdem steht ein Tagestrip nach Marburg auf dem Programm, um das Leben in Deutschland besser kennenzulernen.

Die Stipendiaten wissen noch nicht, wo es nach Bad Laasphe genau für sie hin geht. Denn nach dem vierwöchigen Einführungsseminar am Schloss gehen die Stipendiaten für zehn Monate in ihre deutschen Gastfamilien, die über das ganze Land verteilt sind und ihnen zufällig zugewiesen werden.

Bad Laasphe: Die Austauschschüler sind gespannt

Die Austauschschüler sind wirklich aufgeregt, was sie erwartet: „Das wird ein tolles Erlebnis für uns. Dann sind wir alle erstmal auf uns selbst gestellt und können die deutsche Kultur auf eigene Faust erkunden “, berichten sie. „In den Familien wollen wir so viel Deutsch wie möglich lernen. Unser Ziel ist es, ein Teil der deutschen Gesellschaft zu werden sowie die Kultur aber auch die Sprache besser zu verstehen und anzuwenden.“ In den Gastfamilien sollen die Austauschschüler noch mehr über den deutschen Lifestyle lernen und wirklich in die Kultur eintauchen, indem sie mit den Familien zusammenleben, so die Leiterin.

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„In Wittgenstein sollen die Jugendlichen nach der langen Reise erstmal in Ruhe ankommen und sich untereinander kennenlernen. Wir können sie zwar nicht auf alle Situationen vorbereiten, das funktioniert nicht, aber wir tun unser Möglichstes, um sie auf ihre Zeit in Deutschland zu wappnen“, erklärt Kühn.

Der persönliche Höhepunkt des Austausches für die Jugendlichen während ihrer ersten Woche in Deutschland war es, sich gegenseitig kennengelernt zu haben und Zeit miteinander in der Gruppe zu verbringen. Einige sind aber auch von sich selbst und ihrem eignen sprachlichen Prozess in der kurzen Zeit beeindruckt. „Ich bin hier hingekommen, ohne auch nur ein Wort Deutsch zu verstehen geschweige denn zu sprechen – und jetzt kann ich wenigstens schon mal die wichtigsten Fragen stellen wie die nach dem Weg zu den Toiletten“, freut sich Sofia Boya.

Über die Organisation

Die gemeinnützige Austauschorganisation „Experiment“ setzt sich seit 90 Jahren für den interkulturellen Austausch ein.

Experiment ist für die Durchführung des Parlamentarischen Patenschafts-Programms (PPP) zuständig. Das PPP ist ein Vollstipendium des Deutschen Bundestages und des US-Congress, bei dem die Teilnehmenden als Junior-Botschafter für ein Jahr nach Deutschland oder in die USA gehen.

In Wittgenstein werden die Stipendiaten von fünf ehrenamtlichen Teamern und sechs hauptberuflichen Lehrkräften der Organisation betreut.

Aktuell sucht Experiment noch Gastfamilien. Die Organisation prüft vorher, ob diese geeignet sind. Interessierte können sich unter der Rufnummer Tel. 0228/95722-41 oder aber per E-Mail an weyers@experiment-ev.de melden.