Schwarzenau. Thomas Löcker hat Pläne: Aus der Ruine soll ein ganz besonderes und ungewöhnliches Ferienhaus werden. Aber er stößt dabei auf Hürden.
Hier schlummert ein Stück deutscher Geschichte. Von Bäumen und Sträuchern zugewachsen und grün gestrichen fällt das kleine verwunschene Holzhaus gar nicht auf, obwohl es fast direkt an der vielbefahrenen Landstraße 553 in Schwarzenau liegt. Nur Ortskundige wissen, dass das fast völlig zerstörte Gebäude kein einfacher Holzschuppen oder neudeutsch ein Lost Place, sondern eine Rarität ist.
Rein rechtlich gesehen ist es aber vor allem eines: „Ein Schwarzbau“ im Außenbereich, wie der Kreis Siegen-Wittgenstein auf Anfrage mitteilt.
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Ein Baum ist auf das Dach gefallen. Es regnet rein und die Fensterläden stehen offen. Sperrmüll und achtlos weggeworfener Elektroschrott türmt sich im Innern. Das hier einmal Menschen gewohnt haben - kaum vorzustellen. Das jemand dieses Gebäude retten will, ist noch ungewöhnlicher. Aber es gibt ihn. Er heißt Thomas Löcker ist 64 Jahre alt, Zimmermann und Spezialist dafür, alte Bausubstanz mit neuem Leben zu füllen - das beweist die Rehbar in Bad Berleburg.
Löcker hat eine ganz besondere Bindung zu diesem Holzhäuschen: „Ich bin hier schon als Jugendlicher gewesen, Wir waren im Gasthof Röser haben gefeiert und dann hier geschlafen.“, berichtet er. Damals war das Haus ein Jagdhäuschen von Freunden. Davor und danach war es Wohnhaus mit 26 Quadratmetern. „Das ist ein klassisches Behelfsheim, mit Wohnstube und Schlafraum mit Stockbetten. Es gab ein Plumpsklo, einen Holzofen zum Kochen und einen Erdkeller als Kühlschrank“, weiß Löcker und schmunzelt: „Wir man hier gelebt hat, das kann man in einem Buch mit dem Titel ‘Mach die Tür zu es zieht’* nachlesen. Hier hat es immer gezogen, weil die Häuser schlecht isoliert waren und auch keinen Flur hatte“.
Technisch kein Problem
Löcker ist in Wingeshausen aufgewachsen, lebt inzwischen bei Beddelhausen in einem Forsthaus. und kommt immer wieder hier vorbei. Inzwischen ist das Holzhaus verfallen und der 64-Jährige retten, was zu retten ist. „Man muss das Haus abreißen und von Grund auf neu errichten. Das ist technisch eigentlich kein großes Problem“, sagt Löcker als Zimmermann. Hürden aber gibt es aber möglicherweise bei der Baugenehmigung, denn die können weder Klaus Löcker noch der aktuelle Grundstücksbesitzer vorweisen. Und das hat einen Grund: „Diese Häuser sind ohne große Planung im Krieg für Ausgebombte errichtet worden und nach dem Krieg wurden hier Flüchtlinge untergebracht“, erläuterte der Schwarzenauer Karl Heinz Bender. Der Heimatforscher hat recherchiert. „Allein in Schwarzenau hat es mindestens neun dieser Behelfsheime gegeben.“ Bender sammelt Fotos und Erinnerungen zu diesen Provisorien, die für viele Vertriebene zur Bleibe wurden. Inzwischen sind die allermeisten verschwunden. In Schwarzenau existiert aber noch ein zweites.
„Schwarzbau“ als Problem
Löckers Sorgen um die fehlende Unterlagen zur Baugenehmigung kennt Karl Heinz Bender. Der pensionierte Polizeibeamte hat aber auch eine klare Auffassung: „Auch wenn viele diese Gebäude nach vereinfachten oder ohne Genehmigungsverfahren errichtet worden sind, sind es aus meiner Sicht keine Schwarzbauten. Immerhin haben im den Haus bis vor gut 20 Jahren noch Menschen gewohnt.“ Das sieht auch Thomas Löcker so und schmiedet Pläne: „Ich kann mir eine Touristische Nutzung vorstellen. Die Lage am Edertalradweg ist gut. Man könnte das Gebäude so wie es war neu aufbauen und auch Mobiliar aus der Zeit nutzen und mit Originalfoto s und Texten an die Geschichte als Behelfsheim erinnern. Natürlich müsste es an die Kanalisation und Strom angeschlossen werden“, sagt Löcker. Bei Karl Heinz Bender fällt die Idee ein solches Gebäude zu erhalten auf fruchtbaren Boden. Ein ähnliches Projekt gibt es auch in Ottenhofen im Fränkischen Freilandmuseum. Dort wurde ein Behelfsheim 2016 wieder öffentlich zugänglich gemacht.
Damit auch in Schwarzenau ein solches Behelfsheim als lebendiges Museum entstehen könnte muss Thomas Löcker aber nicht nur das Grundstück mit den Gebäude kaufen, er muss auch fast unüberwindliche behördliche Hürden nehmen. und beweisen, dass die Holzhütte eine Baugenehmigung hatte. Findet er die nicht, wird es problematisch, wie der Kreis Siegen-Wittgenstein erklärt. Dort ist beim Blick auf die Karten klar: „Das Gebäude liegt im baulichen Außenbereich“, erläutert Sprecher Torsten Manges. Das heißt, dort darf gar kein Gebäude errichtet werden. Damit besteht aktuell nach einem Abriss keine Chance auf eine genehmigten Wiederrichtung - egal wie bedeutsam das Häuschen für die Gesichte wäre.
„Schwarzbauten“, also Gebäude, die etwa ab den 1940er Jahren ohne Baugenehmigungen entstanden sind, sollen laut Bauordnung abgerissen werden. Sie haben keinen Bestandsschutz. Selbst wenn jemand ein Gebäude kauft, ohne zu wissen, dass keine Genehmigung dafür vorlag, schützt den Eigentümer dies nicht. Im Regelfall droht auch vor Gericht der Abriss. Es gibt aber auch die Hintertür: Eine nachträgliche Genehmigung von Schwarzbauten ist generell möglich. Dann muss das Gebäude aber dem Stand der Technik zum Zeitpunkt der Antragstellung entsprechen. Also dem heutigen.