Bad Laasphe. Nach der Entscheidung im NRW-Landtag sind die Befürworter einer völligen Abschaffung enttäuscht – und sprechen von einer „Mogelpackung“.

Donnerstagmittag, im Vereinsheim des FC Laasphe am Gennernbach: Bei der Interessengemeinschaft Siegen-Wittgenstein für beitragsfreie Straßen, die sich hier gemeinsam den Livestream aus dem NRW-Landtag in Düsseldorf mit der Diskussion zum Thema „Straßenausbaubeiträge“ ansieht, ist man schlicht enttäuscht.

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Denn: Nicht die SPD mit Grünen und AfD setzen sich am Ende mit ihrer Forderung nach einer kompletten Abschaffung der Beiträge durch, sondern CDU und FDP von der Regierungskoalition: Beide Parteien wollen zwar ab sofort auf Antrag 100 Prozent der Anlieger-Beiträge für Straßenausbau-Projekte auch in Wittgenstein übernehmen, ein Konzept zur Beitragsabschaffung aber erst später vorlegen – nach der Landtagswahl am 15. Mai.

Susanne Linde: Wir standen kurz vor dem Ziel

„Ich bin total frustriert. Wir standen kurz vor dem Ziel“, sagt Susanne Linde von der Bürgerinitiative am Sasselberg in Feudingen. Und die Abschaffung sei nötig, nachdem die zwischenzeitliche Novellierung des KAG-Gesetzes – Anlieger und Land teilen sich den Beitrag – nicht funktioniere. Auch, weil Städte und Gemeinden verunsichert sind und den Ausbau ihrer Straßen erst einmal gestoppt haben. Das nun beschlossene Verfahren sei schlicht „eine Mogelpackung“, so Linde – so kurz vor der Wahl. Und Beitragsgegnerin Christa Guardia aus Erndtebrück findet das Votum „ganz schlimm“ – wolle die CDU die Bürger doch ganz offensichtlich für dumm verkaufen.

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Die heimische CDU-Landtagsabgeordnete Anke Fuchs-Dreisbach aus Sassenhausen wertet das Abstimmungsergebnis unterdessen als Erfolg „für Bürgerinnen und Bürger, die an Anliegerstraßen in unserem Land wohnen. Sie werden mit sofortiger Wirkung und auch rückwirkend von der Belastung durch Straßenausbaubeiträge befreit.“ Und im Gegensatz zur SPD achte die Landesregierung darauf, dass die 100-Prozent-Übernahme der Beiträge auch finanzierbar sei. Außerdem: „Den Menschen ist egal, ob sie die Beiträge aufgrund eines Förderprogramms oder einer Gesetzesänderung nicht mehr zahlen“, argumentiert Fuchs-Dreisbach.

Henning Gronau: Kraftakt hat sich gelohnt

Auch Erndtebrücks Bürgermeister Henning Gronau (SPD) äußert sich zur Entscheidung des Düsseldorfer Landtags: „Die Bürgerinitiativen haben in den letzten Jahren einen Kraftakt unternommen und sich gegen eine Abrechnung nach KAG gewehrt. Gerade hier in Erndtebrück wurde viel angestoßen von betroffenen Bürgern und Politik – jetzt kann man sagen: mit Erfolg.“ Allerdings räumt Gronau ein, dass es derzeit tatsächlich noch keine Sicherheit bei der Kostenübernahme durch das Land NRW gebe.

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Für den heimischen SPD-Landtagskandidaten Samir Schneider aus Bad Laasphe, der das Treffen der Beitragsgegner im FC-Vereinsheim mitorganisiert hatte, ist jetzt die Landtagswahl am 15. Mai entscheidend: „Wir haben die Chance, die Straßenbaubeiträge abzuwählen.“ Denn mit CDU und FDP werde es die Abschaffung nicht geben.

SPD-Gesetz gegen CDU/FDP-Antrag

Ganz konkret standen ein „Gesetz zur Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen“, beantragt von der SPD-Fraktion, und ein Antrag der regierenden CDU/FDP-Koalition mit dem Titel „Wir schaffen Klarheit bei Straßenausbaubeiträgen“ am Vormittag im Plenum des Landtages zur Abstimmung.

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Die Landes-SPD – unterstützt von den Grünen, aber am Ende auch von der AfD – hatte gefordert, künftig komplett darauf zu verzichten, Straßenausbau-Beiträge von den Grundstückseigentümern zu erheben – und stattdessen den Städten und Gemeinden als Kompensation für den Wegfall Zuweisungen aus originären Landesmitteln zukommen zu lassen.

Falk Heinrichs: In allen anderen Bundesländern abgeschafft

Dem gegenüber hatten CDU und FDP angeregt, die Höhe der Anteilsfinanzierung bei den Beiträgen auf 100 Prozent zu erhöhen und künftige Bewilligungen an ein vorliegendes Straßen- und Wegekonzept in den Kommunen zu knüpfen. Außerdem möchten beide Parteien sich bis zum 30. Juni Zeit lassen, um ein eigenes Konzept zur Abschaffung der Beiträge vorlegen – also bis zu einem Termin nach der NRW-Landtagswahl am 15. Mai, wie auch immer diese ausgeht.

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Der heimische SPD-Landtagsabgeordnete Falk Heinrichs macht seinem Ärger über die nicht abgeschafften Straßenausbaubeiträge im Gespräch mit der Redaktion Luft: „Alle anderen Bundesländer haben sie abgeschafft und auch die CDU-FDP-Landesregierung hatte jetzt die Chance dazu. Was ist denn, wenn jetzt bei der 100-Prozent-Förderung kein Geld mehr im Topf ist?“ Kritik übte Heinrichs auch an einer Fehleinschätzung der Landesregierung, die die Ausweitung von 50 auf 100 Prozent Förderung damit begründet, dass ja noch Geld im Topf sei. „Warum sind denn nur elf Millionen abgerufen worden? Weil alle klugen Bürgermeister im Land mit dem Ausbau von Anliegerstraßen gewartet haben“, so Heinrichs. Allein deshalb könne es nun sein, dass demnächst viel Geld im Fördertopf fehle.

Kommentar: Der Wähler entscheidet

Redakteur Eberhard Demtröder
Redakteur Eberhard Demtröder © Unbekannt | Ralf Rottmann

Im Grunde sind sich die Parteien im Düsseldorfer Landtag ja einig: Beiträge zum Straßenausbau in bis zu fünfstelliger Euro-Höhe sind den Anliegern betroffener Wohnstraßen nicht mehr zuzumuten – schon gar nicht in einer Zeit, in der die Spritpreise über zwei Euro liegen und Lebensmittel auch nicht gerade billiger werden. Aber die beiden Wege zum Ziel sind völlig verschiedene.

Als der geradeste erscheint mir tatsächlich der von der SPD: Beiträge abschaffen, Punkt. Bei CDU und FDP sind die Pfade schon verschlungener: Erst die bislang nicht abgerufenen Fördergelder unter die Städte und Gemeinden bringen – und dann erst in aller Ruhe ein Konzept zur Abschaffung entwickeln. Warum aber um alles in der Welt erst für eine Zeit nach der Landtagswahl? Damit werden die KAG-Beiträge jetzt wirklich zum Thema im Landtagswahlkampf – und es wird sich zeigen, welchem Lager die Wählerinnen und Wähler es am Ende tatsächlich zutrauen, das Problem zu lösen.

Eberhard Demtröder