Wittgenstein. An der Zapfsäule liegt Sprit jetzt über der Zwei-Euro-Marke. Autofahrer staunen – und heimische Unternehmer sprechen gar von einer Katastrophe.

An den Wittgensteiner Tankstellen staunen die Autofahrer im Moment nicht schlecht: Erstmals sind die Spritpreise im bundesweiten Tagesdurchschnitt über zwei Euro pro Liter gestiegen. Klar, dass diese Entwicklung auch und gerade heimische Unternehmen trifft.

Der Taxi-Unternehmer

„Erst Corona und jetzt diese Preis-Explosion beim Sprit“, kann Heribert Roth, Taxi-Unternehmer aus Hesselbach, nur den Kopf schütteln. Im Internet schauen er und sein Team, wo man in der Region besonders clever tanken kann, nachdem die Preise in den letzten drei Wochen um 50 Cent gestiegen seien. Für eine Taxi-Fahrt nach Siegen und zurück bedeute das Mehrkosten beim Sprit von rund 3,20 Euro, rechnet Roth vor – Mehrkosten, die sich der Unternehmer nicht von seinen Fahrgästen zurückholen kann. Denn die Preise für Taxi-Touren im gesamten Kreis Siegen-Wittgenstein, dem sogenannten Pflichtfahrgebiet, sind vom Kreis festgelegt.

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Zum Glück „können wir bei Mietwagen-Fahrten“, die über das Kreisgebiet hinausgehen, „die Preise selbst gestalten“, erklärt Roth. Dafür hätten die Fahrgäste auch meistens Verständnis. Und selbst die Krankenfahrten brächten unter dem Strich mehr Gewinn – auch wenn es da bei der Erstattung durch die Krankenkassen ausgehandelte Grenzen gebe.

Der Spediteur

EJOT rüstet auf Elektro-Mobilität um

Auch das Wittgensteiner Unternehmen EJOT, Hersteller von Spezial-Schrauben für die Automobil- und Bau-Industrie, spüre derzeit die Preis-Steigerungen beim Kraftstoff, so Unternehmenssprecher Andreas Wolf – und damit „horrende Mehrkosten“.

Eine mittelfristige Perspektive für EJOT: „Wir sind dabei, unsere Fahrzeug-Flotte umzustellen von Diesel auf Elektro-Mobilität. Hier wird nach und nach umgerüstet.“

Rainer Achenbach betreibt eine Spedition in Arfeld. Er kann die Mehrkosten an seine Kunden weitergeben. „Sie bekommen Zuschläge in Rechnung gestellt.“ So seien seine Frachten durch den drastisch gestiegenen Diesel-Preis derzeit um zehn Prozent teurer. Weil Achenbach eine eigene Tankstelle unterhält, kann er den Kraftstoff für seine Lkw in großen Mengen günstiger einkaufen. „Da sparen wir uns die Gewinn-Margen der Zwischenhändler“, sagt Achenbach. Und die lägen immerhin bei zwei bis drei Prozent. „Das ist viel Geld.“ Zum Vergleich: Lediglich 1,40 Euro zahlt der Arfelder Unternehmer auf diese Weise für den Liter. Aber auch er findet es durchaus ungewöhnlich, dass Diesel derzeit teurer ist als die Otto-Kraftstoffe.

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Einen weiteren enormen Preisschub erwartet Achenbach, wenn in nächster Zeit die Subventionen aus Berlin für Diesel wegfallen sollten. Schließlich müsse der Staat ja auch die dringend nötige Energiewende, höhere Militär-Ausgaben und das Kurzarbeiter-Geld aus der Corona-Zeit finanzieren.

Und wie reagieren die Kunden? Bislang noch nicht kritisch, berichtet Achenbach. Doch das könne sich ändern, wenn sich die Preis-Spirale weiterdrehe.

Der Bus-Unternehmer

Eberhard Wied, Bus-Unternehmer aus Feudingen, über Einschränkungen bei Heizöl- oder Diesel-Lieferungen: „Ich habe Angst, das muss ich wirklich sagen.“
Eberhard Wied, Bus-Unternehmer aus Feudingen, über Einschränkungen bei Heizöl- oder Diesel-Lieferungen: „Ich habe Angst, das muss ich wirklich sagen.“ © Lars-Peter Dickel

Für Eberhard Wied, Bus-Unternehmer aus Feudingen, ist die Preis-Entwicklung „eine Katastrophe“. Im Moment „tun wir erwirtschaftetes Geld dabei“, sagt er mit Blick auf seine Ausgaben für den Kraftstoff. 1,45 Euro netto waren es am Mittwoch für Diesel im Großeinkauf statt wie bisher 80 bis 90 Cent. Aber auch Ersatzteile würden teurer. „Wir bräuchten von unserem Auftraggeber mindestens 20 Prozent Aufschlag, um kostendeckend zu arbeiten“, macht Wied deutlich. „Das hält man nicht aus.“

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Und auch er wisse nicht, so Wied, „wie es weitergehen soll“ bei 2,20 Euro pro Liter Diesel an der Tankstelle. Hier sei die Bundesregierung mit deutlichen Steuersenkungen für die Bürgerinnen und Bürger gefragt. In sämtlichen umliegenden europäischen Staaten sei der Sprit günstiger als bei uns.

Was der Feudinger Unternehmer außerdem fürchtet: dass Diesel bald auch noch knapp wird. Erst diese Woche habe ihm sein Lieferant mitgeteilt, dass es Heizöl – chemisch dem Diesel sehr ähnlich – nur noch in gewissen Mengen gebe. Und irgendwann breche die ganze Wirtschaft zusammen, so Wied. „Ich habe Angst, das muss ich wirklich sagen.“