Wittgenstein. Für heimische Bäcker kommt im Moment alles zusammen: Mehl und andere Zutaten kosten mehr, aber auch die Energie-Preise steigen. Eine Umfrage.

Alles wird derzeit rasant teurer: Benzin und Diesel, Strom und Gas, Logistik und Rohstoffe. Mehr Nachfrage und Lieferprobleme führen zu deutlichen Preis-Steigerungen. Davon sind auch die Handwerksbäckereien in der Region betroffen – wie massiv, das zeigt eine Umfrage unserer Redaktion. Ein Ergebnis vorweg: Auch die Kundinnen und Kunden in Wittgenstein spüren das in ihren Geldbörsen – durch zum Teil deutliche Preis-Erhöhungen.

Die Endpreise

Von einer „Preis-Steigerung zwischen fünf und sechs Prozent bei allen Produkten im Schnitt“ spricht Holger Birkelbach, Bäckermeister aus Erndtebrück. Beispiel normales Brötchen: Im Stammhaus an der Bergstraße wie auch bei den sechs Filialen in Erndtebrück und Bad Berleburg kostet es jetzt 37 statt 35 Cent. Und: „Der Weg könnte auf 40 gehen“, so Birkelbach – im Münsterland liege der Preis gar schon bei 45 Cent. Oder der Klassiker Bienenstich: „Da sind wir von 3,75 auf 3,95 Euro beim Familienstück gegangen“, berichtet der Bäckermeister.

Und das „hält sich ja noch im Rahmen“, fügt er hinzu. Reaktionen von den Kunden? Bislang habe kaum jemand auf die Preise geschimpft. Dass sie auch bei Lebensmitteln steigen, sei ja allgemein bekannt, schätzt Birkelbach.

Blick in die Schütte mit den „normalen“ Brötchen: Sie kosten in der Bäckerei Birkelbach jetzt 37 statt bisher 35 Cent pro Stück.
Blick in die Schütte mit den „normalen“ Brötchen: Sie kosten in der Bäckerei Birkelbach jetzt 37 statt bisher 35 Cent pro Stück. © Eberhard Demtröder

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„Es geht nicht anders, als die Preise leicht um zwei bis vier Prozent zu erhöhen“, bedauert Henrik Eckhardt, Geschäftsführer der Hatzfelder Bäckerei Eckhardt mit acht Wittgensteiner Verkaufsstellen. So werde ein Mehrkorn-Brötchen etwa zwei Cent teurer, das Kilo Brot um fünf bis zehn Cent. Und auch der Kaffee to go im Becher werde etwa zehn Cent mehr kosten – einfach, weil der Kaffee aus Brasilien im Einkauf zwischen zwei und drei Euro teurer werde.

In den drei Bad Berleburger Filial-Bäckereien von Glöser aus Hatzfeld sind die Preise für Brot, Brötchen und Kuchen schon im Oktober gestiegen. „Für ein normales Brötchen muss man jetzt 40 Cent nehmen“, sagt Bäckermeister Karl-Heinz Glöser. Und der Preis für ein Mehrkorn-Brötchen „sollte zwischen 72 und 76 Cent liegen“. Kuchen sei leider „auch teurer geworden“ – schließlich seien die Preise für Zutaten wie Kirschen, Äpfel oder Mandeln mindestens um 30, 40 Prozent gestiegen. „Das haut schon ganz schön rein“, so Glöser.

Die Betriebskosten

Bei den Energiepreisen seien überall Steigerungen drin, hat Glöser festgestellt. Doch die seien für sein Unternehmen im Moment „nicht so gravierend“, denn: „Für Strom und Gas habe ich noch lang laufende Verträge“.

Aber die Rohstoffpreise – die seien „zum Teil um 100 Prozent gestiegen“, ist Glöser entsetzt. Beispiel Sonnenblumenkerne: von 72 Cent auf 1,54 Euro. Oder Butterreinfett: acht Euro statt vier. Mehl: plus 25 bis 30 Prozent. Und die Preise im Einkauf stiegen weiter, so Glöser. Ferner seien die Großhändler nicht mehr bereit, längerfristige, günstigere Lieferverträge zu schließen. „Eigentlich müsste man jetzt schon wieder die nächste Preis-Erhöhung machen“ – aber das sei den Kunden im Grunde nicht zuzumuten.

Zweimal „Sehr gut“, einmal „Gut“

Die Bäcker-Innung Westfalen-Süd hat die Diedenshäuser Bäckerei Schwan von Inhaber Marco Frank für dessen Stollen ausgezeichnet. Im Rahmen der Stollenprüfung 2021 erhielten der Christstollen und der Mohnstollen jeweils die Note „Sehr gut“, der Nuss-Stollen ein „Gut“.

Der Christstollen wurde ferner „mit Gold für gleichbleibend hervorragende Qualität in den letzten drei Jahren“ ausgezeichnet.

Doch nicht nur die Zutaten, sondern auch das Verpackungsmaterial wie Bäckertüten, Pappdeckel oder Pappbecher sei inzwischen teurer, berichtet Geschäftsführer Henrik Eckhardt – „plus 5,9 Prozent“. Dabei machten die Ausgaben fürs Material bei ihm bereits rund 70.000 Euro der Betriebskosten aus. Und die Strompreise seien „so hoch wie nie“. Ins Geld gehe auch der Betrieb der rund zehn Auslieferungsfahrzeuge, so Eckhardt: „Wir haben im Monat schon 1200 Euro mehr an Ausgaben für Diesel und Benzin.“

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Und dann auch noch Corona: Die Pandemie mache „Mehraufwand für Hygiene-Maßnahmen, Desinfektionsmittel und Masken“ erforderlich, so Eckhardt, was für „eine weitere unterjährige Kostensteigerung“ sorge.

Bäckermeister Holger Birkelbach glaubt im Moment nicht an ein Ende der Kosten-Steigerungen mit Auswirkungen auch auf die Preise für den Endverbraucher. So werde etwa beim Mehl der Preis pro Doppelzentner ab 2022 um zehn Euro steigen. Stichwort Energie: „Wir haben uns den Keller vollgemacht mit Heizöl“, verrät Birkelbach – vorsorglich.

Das Gegensteuern

Alles muss raus: In der Bäckerei Glöser an der Bad Berleburger Poststraße gibt’s derzeit unter anderem ein Sonnenkorn-Brot und zwei Mehrkorn-Brötchen im Paket.
Alles muss raus: In der Bäckerei Glöser an der Bad Berleburger Poststraße gibt’s derzeit unter anderem ein Sonnenkorn-Brot und zwei Mehrkorn-Brötchen im Paket. © Eberhard Demtröder

„Man muss vielleicht auch das Sortiment ein bisschen straffen“, findet Holger Birkelbach aus Erndtebrück, müsse „vielleicht von den vielen Brötchen-Sorten herunter. Da haben wir ja eigentlich schon eine viel zu große Auswahl“. Und das Verkaufsfahrzeug, mit dem seine Bäckerei auch die kleineren Wittgensteiner Ortschaften erreiche, „werden wir wohl wieder aufgeben“, bedauert Birkelbach. Aber das lohne sich einfach nicht.

Unterdessen sieht Geschäftsführer Henrik Eckhardt einen gewissen Vorteil für Bäckerei-Ketten: „Wir können teils auch niedrigere Einkaufspreise durch mittelfristige Kontrakte und höhere Absatzmengen durchsetzen.“

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Einen grundsätzlichen Vorteil für sein Unternehmen sieht Karl-Heinz Glöser in seiner Kundschaft, zu der auch die Bad Berleburger Kliniken und mehrere Wittgensteiner Seniorenheime gehören. Aber: „Auch da ist der Preiskampf extrem.“ So lasse sich beispielsweise das neue Friederike-Fliedner-Haus in Bad Berleburg bereits von einem Catering-Unternehmen des Johanneswerks als Träger der Einrichtung beliefern. Darüber hinaus setzt Glöser weiterhin auf einen Verkaufswagen, der jeweils dienstags und freitags eine Runde über Weidenhausen, Rinthe, Stünzel, Dotzlar, Raumland und Berghausen drehe.

Der Mindestlohn

Und welchen Faktor für die Endpreise im Laden stellt der neue Mindestlohn von zwölf Euro dar, den die künftige Ampel-Bundesregierung zum Februar 2022 einführen möchte? In seinem Haus liege der größte Teil der Mitarbeiter ohnehin über dieser Mindestlohn-Grenze, betont Karl-Heinz Glöser. „Ansonsten haben alle einen Festlohn in unserer Produktion.“ Sollte der höhere Mindestlohn aber kommen, würde die Anpassung der anderen Löhne wohl extrem werden. Und das würde sich auch noch einmal auf die Produkt-Preise auswirken.

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Der Mindestlohn sorge auf jeden Fall „für eine Veränderung der Kostenstruktur“, sagt Henrik Eckhardt – und verzerre außerdem das komplette Lohngefüge, kritisiert er. Somit rücke der Mitarbeiter, der heute 15 Euro verdiene, jetzt näher an einen angehobenen Mindestlohn heran – und das sei für ihn sicher nicht gerade motivierend.

Ein höherer Mindestlohn habe „natürlich Auswirkung auf den Preis“, meint Bäckermeister Holger Birkelbach – „aber uns direkt betrifft das nicht so sehr, weil wir schon über zwölf Euro zahlen“.