Bad Berleburg. Mitgefühl mit den Ukrainern, Angst vor dem totalen Zusammenbruch: Schüler sprechen beim Protest für den Frieden offen über Ängste und Gefühle.
Trotz der Kälte bei um die 0 Grad haben sich am Sonntagabend um die 200 Menschen aus Solidarität und Sorge um die Ukrainerinnen und Ukrainer auf dem Platz vor der alten Landratsvilla versammelt. Rat und Verwaltung der Stadt Bad Berleburg, der evangelische Kirchenkreis, der katholische Pastoralverbund Wittgenstein, der Berleburger Jugendförderverein und der örtliche interkulturelle Mehrgenerationentreffpunkt haben zusammen die Veranstaltung „OffenesBündnis #BadBerleburg Für Frieden“, organisiert.
Bernd Fuhrmann bedankte sich schon am Anfang seiner Begrüßung für die große Teilnahme. Er beschrieb das Gefühl, das viele von uns seit 11 Tagen in uns tragen, als „Gefangensein“ in den Gedanken bei der Ukraine, aber auch bei den russischen Bürgerinnen und Bürgern.
Die Situation dort sei „menschenverachtend“. Sie versetze Europa und die ganze Welt in Angst und Schrecken. Dennoch spüre man die „Welle der Hilfsbereitschaft“ der Menschen.
Ein starkes Zeichen gegen Unrecht und Gewalt
„Wir wollen und müssen jetzt zusammenhalten.“, so der Bürgermeister Bad Berleburgs. Es sei ein „Protest gegen Gewaltaktionen und für den Frieden“. Es verkörpere ein starkes Zeichen gegen Unrecht und Gewalt. „Wir denken an alle, die getötet, schwer verletzt oder entwurzelt wurden“, so Fuhrmann.
Auch Schülerinnen und Schüler der Klasse 9a des Johannes-Althusius-Gymnasiums in Bad Berleburg teilten ihre Gedanken und Gefühle aus der Sicht von Jugendlichen. Arne Zacharias berichtete, seine Klasse habe auch in der Schule schon über das Thema gesprochen. Sie alle hätten Mitleid mit den Menschen in der Ukraine. Für Sophie Treude sei es „ein großer Schock“ gewesen.
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Sie kenne Kriege sonst nur aus Geschichten und Erzählungen. Sie verspüre Trauer und Mitleid mit den Menschen, die diesen gerade miterleben müssen. Celina Meznar könne es sich nicht vorstellen, ihren Vater das letzte Mal sehen zu müssen und auch die Flucht sei für die „unvorstellbar“.
Schüler kennen Krieg nur von den Großeltern und aus den Nachrichten
Den Flüchtenden solle man jetzt „Respekt und Unterstützung“ entgegenbringen. Sanja Haschke könne es noch nicht so richtig begreifen, was dort in der Ukraine gerade passiert. Sie kenne den Krieg auch nur von ihren Großeltern oder aus den Nachrichten. Sie frage sich, wieso man 80 Jahre nach dem letzten Krieg hier in Europa nicht aus den letzten Kriegen gelernt hat. Sie beschrieb die Angst vor der Zukunft, „was noch auf uns zukommt“, die Angst davor alles zu verlieren, Familie, Freunde oder sogar sein Leben. Sie nannte die Angst vor dem „totalen Zusammenbruch“ und natürlich die Angst um die Menschen in der Ukraine.
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„Dort werden Kinder allein über die Grenze geschickt, mit der Hoffnung auf ein besseres und sichereres Leben.“, so die 15-Jährige. Sie frage sich, wie weit es noch kommen muss, bis man realisiere, dass Krieg keine Option sei und nicht weiterbringt.
Jurek Henk berichtete, sie hätten erst vor Kurzem das Thema 2. Weltkrieg im Geschichtsunterricht behandelt. Er stellte das Unverständnis gegenüber Putins Entscheidungen dar. Er könne es nicht verstehen, dass Putin „Macht wichtiger sei, als Menschenleben“. Er verstehe die Akzeptanz von Toten auf beiden Seiten, Soldaten und Zivilisten, und den Einsatz verbotener Waffen nicht. Er hofft auf Diplomatie und gute Gespräche zwischen den Ländern.
Seine Gedanken seien vor allem bei der zivilen Bevölkerung, die Tag für Tag mit dem Krieg zu tun haben müssen. Dennoch hielte er es für „unwahrscheinlich“, dass es einen Krieg zwischen der NATO und Russland gäbe.
Ukraine-Konflikt- Die Bilder des russischen Angriffs
Er betonte, dass wir nicht viel tun könnten. Allerdings sollten wir „nicht den Russinnen und Russen die Schuld am Krieg geben und keine falschen Informationen verbreiten“. Außerdem sei es wichtig die Flüchtlinge gut zu behandeln und ihnen zu helfen.
Mobbing russischer Mitschüler verhindern
Benedict Valentin Saßmannshausen forderte schlussfolgernd, trotz der Lage, die für alle nicht leicht sei, zu beachten, dass „die Menschen in Russland genau so wenig einen Krieg wollen wie wir“. Zudem solle man Mobbing gegenüber russischen Mitschülern entgegenwirken. „Die Menschen, die in den Panzern sitzen sind nicht Putin, denken nicht wie Putin und wollen vielleicht auch nicht, dass Putin in ihrem Land regiert“, wie der Gymnasiast erläutert. Man solle den Flüchtenden ein gutes, neues Zuhause bieten, denn „wir würden das auch so wollen, wären wir in ihrer Situation“. Jedoch sollten wir nicht die anderen Kriege auf dieser Welt vergessen.
In diesen Zeiten sei vorwiegend der Zusammenhalt sehr wichtig. So könne man beispielsweise spenden, denn „Jeder Cent hilft!“, so sein Fazit. Während die Klasse 9a ihre Gedanken und Gefühle teilte, wurden schon die ersten Kerzen entzündet. Simone Conrad rief, nachdem sie fertig waren, alle dazu auf, auch ihre Kerze zu entzünden. Der Chor „Singsation“ sang dazu das Lied „dona nobis pacem“: „Schenke uns Frieden“.
Gebet für die Menschen in der Ukraine
Conrad wies daraufhin, dass wir selbstverständlich etwas tun können. „Wir können uns an Gott wenden“, so die Superintendentin. Es folgte ein Gebet von Simone Conrad, Stephan Berkenkopf und Daniel Seyfried, in dem sie auf den Machtmissbrauch, das Leid und die Gewalt und Zerstörung eingingen. Sie verwiesen auf die tägliche Angst, die die Ukrainerinnen und Ukrainer erleben müssen und auf den Schutz und die Hilfe, die diese jetzt benötigen. Sie baten Gott die „Menschlichkeit in einem unmenschlichen Krieg“ zu sein. Sie hoffen, dass den Entscheidenden Weisheit und Kraft zukomme, damit diese kluge und richtige Entscheidungen treffen können.
Auch Conrad betonte noch mal die „Welle der Hilfsbereitschaft, die man von nah und fern spürt“. „Wir müssen die Tür offen halten für Menschen in Not.“, wie die Superintendentin nahelegte. Mit dem gemeinsamen Vaterunser wurde das Gebet beendet. Bernd Fuhrmann und Simone Conrad bedankten sich am Ende für das Teilen der Gedanken und die gezeigte Solidarität. „Wir müssen jetzt nach vorne schauen und hoffen, dass wir den Krieg überwinden und wieder Frieden herrscht.“, so der Bürgermeister.