Wittgenstein. Sorge um Mitarbeiter in den Regionen: Wittgensteiner Unternehmen über mögliche Folgen des Ukraine-Krieges auf die Wirtschaft in der Region.

Seit gut einer Woche verfolgen die Menschen auf der ganzen Welt die Geschehnisse in und um Kiew und anderen ukrainischen Regionen. Es herrscht Krieg in der Ukraine und das hat auch Folgen auf die Wirtschaft – unter anderem auch in Wittgenstein. Wir haben mit zwei Unternehmen und der IHK-Siegen über die Auswirkungen des Ukraine-Konflikts auf die Wittgensteiner Wirtschaft gesprochen.

Mitarbeiter vor Ort

Betroffen ist unter anderem das Unternehmen Ejot. „Wir haben in Kiew seit Herbst 2021 ein Vertriebsbüro mit drei Mitarbeitern und in Russland in der Nähe von Moskau eine Niederlassung mit Vertrieb und Produktion mit 60 Mitarbeitern. Unsere Sorge und Anteilnahme gelten dabei ganz besonders den Menschen in der Ukraine, die unter Lebensgefahr stehen. Sie gilt unseren drei Mitarbeitern in der Ukraine samt ihren Familien, aber auch den Mitarbeitern in Russland“, so Andreas Wolf, Pressesprecher bei Ejot. „Wie sich der Konflikt konkret auswirken wird, können wir im Detail noch nicht sagen. Es ist aber davon auszugehen,dass der Angriff auf die Ukraine geopolitische, aber auch wirtschaftliche Folgen haben wird. Wir werden uns in den kommenden Tagen und Wochen mit den möglichen Auswirkungen auf uns – unser Geschäft, unsere Kunden und Lieferanten – intensiv beschäftigen und prüfen, ob und wenn ja,welche Maßnahmen wir ergreifen müssen, um unsere Gruppe und unsere Ejot-Familie gut und sicher durch diese bedrohliche Zeit zu führen.“

Auch die Regupol BSW GmbH beobachtet die aktuellen Geschehnisse in der Ukraine mit äußerster Besorgnis. „Wir erleben tatsächlich nach Jahrzehnten des Friedens einen Krieg in Europa. Russland bricht mit der Invasion das Völkerrecht und verstößt gegen die Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen und der Charta von Paris. Alle eingeleiteten Sanktionsmaßnahmen der Bundesregierung halten wir für richtig und halten uns natürlich an die Vorgaben“, teilt das Unternehmen mit.

Doch: „Bei Kunden aus Russland und der Ukraine gehen wir von massiven Ausfällen aus. Alle Kundenkontakte mit Russland haben wir mit sofortiger Wirkung auf Eis gelegt.“ Geschäftsführer Rainer Pöppel: „Wir beobachten die Entwicklung in der Ukraine und können doch die wirtschaftliche Konsequenzen für uns zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vollumfänglich überblicken. Wir sind mit unseren Gedanken bei den Ukrainerinnen und Ukrainern, die in diesen Stunden für ihre Freiheit und Sicherheit kämpfen.“

Maschinenbau und Auto-Industrie

Welche Auswirkungen der Krieg auf die Wirtschaft im Einzelnen hat, wird die IHK Siegen mittels einer Umfrage in den kommenden Tagen/Wochen untersuchen. „Die russische Föderation ist für die Unternehmen in unserem Kammerbezirk – ich kann dies nicht allein bezogen auf den Bereich Wittgenstein darstellen – vom Handelsvolumen her betrachtet ein bedeutenderer Handelspartner als die Ukraine: 56 Unternehmen stehen in Exportbeziehungen, 11 in Importbeziehungen zur Ukraine, 2 Unternehmen haben dort Niederlassungen. Hingegen unterhalten 176 Unternehmen Exportbeziehungen zu Russland, 19 Importbeziehungen. 2 Unternehmen haben in Russland eigene Produktionsstätten, 12 Niederlassungen in der Russischen Föderation“, so Jens Brill von Industrie- und Handelskammer Siegen.

Besonders betroffen könnten jedoch Unternehmen insbesondere des Maschinenbaus, des Automotive-Bereichs und für Fördertechnik im Bereich Öl/Gas wegen der Berührungspunkte mit der russischen Wirtschaft sein. „Natürlich stellt sich für Unternehmen mit Lieferbeziehungen die Frage, inwieweit sich die eigenen vertraglichen Verpflichtungen aufrechterhalten lassen. Drängende Fragen sind: Bestehen die Logistikwege fort, bleibt der Zahlungsverkehr möglich, habe ich vertraglich die Möglichkeit, mich auf höhere Gewalt zu berufen? Vor dem Hintergrund des Kriegsgeschehens haben wir schon einige Anfragen zum Thema „Höhere Gewalt“ und zur Aufrechterhaltung der eigenen Lieferverpflichtungen gehabt“, so Brill.

„Aus Arbeitgebersicht stellt sich die Frage: Sind Mitarbeiter und ihre Familien im Kriegsgebiet? Männlichen ukrainischen Mitarbeitern ist aufgrund der Mobilmachung verwehrt, das Land zu verlassen. Wenn Unternehmen Mitarbeiter in der Ukraine haben, die zu relokalisieren sind, sind die Informationen des Auswärtigen Amtes zur Situation im Auge zu behalten, und es gilt für die Mitarbeiter sich in der Krisenvorsorgeliste des Auswärtigen Amtes einzutragen.“

Neue Sanktionen der EU gegen Russland

In Reaktion auf die fortgesetzten Angriffe der russischen Streitkräfte in der Ukraine hat die EU – abgestimmt mit den USA, Großbritannien, Kanada und weiteren Partnerländer – seit dem 23. Februar 2022 in mehreren Tranchen harte Wirtschafts- und Finanz-Sanktionen gegen Russland beschlossen. Diese neuen Sanktionen ergänzen und erweitern die seit 2014 bestehenden EU-Sanktionen. Zentrale Auskunftsstelle zu allen Exportbeschränkungen ist das BAFA, das u.a. in Kürze eine Hotline eingerichtet hat: 06196 9081237.