Bad Berleburg. Bad Berleburger muss sich wegen Handeltreibens in zwölf Fällen vor Gericht verantworten – in vielen von ihnen ist er jedoch unschuldig.

Gewerbsmäßiger Handel von Betäubungsmitteln in zwölf Fällen: Die Vorwürfe seitens der Staatsanwaltschaft Siegen gegen einen 22-jährigen Bad Berleburger sind alles andere als unerheblich. Er musste sich am Freitagmorgen vor dem Jugendschöffengericht in Bad Berleburg verantworten. So kriminell, wie es der Angeklagte anfangs noch zu sein scheint, ist er aber dann doch nicht: Vielmehr sind die Anklagepunkte vermutlich zwei anderen jungen Männern zuzuschreiben. Am Ende der Verhandlung erfüllt sich nur noch ein Straftatbestand für den 22-Jährigen — und der lautet: Beihilfe zum Handeltreiben von Betäubungsmitteln in lediglich einem Fall. Richter Torsten Hoffmann stellte das Verfahren gegen den Angeklagten vorläufig ein. Im Gegenzug muss dieser binnen sechs Monaten eine Geldbuße in Höhe von 600 Euro an die Bad Berleburg-Erndtebrücker Tafel zahlen.

Die Anklage

Dem 22-Jährigen wird zur Last gelegt, im Zeitraum August bis Dezember 2018 50 Gramm Marihuana an verschiedene Personen verkauft zu haben. Mit dem illegalen Verkauf soll er 500 Euro erwirtschaftet haben. Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass sich der Angeklagte mit dem Handel eine Einnahmequelle verschafft hatte. Im Dezember 2018 hatten Polizeibeamte den 22-Jährigen am Bad Berleburger Bahnhof beim Verkauf von Marihuana beobachtet und schließlich durchsucht. Dabei war neben „Gras“ ein Smartphone aufgetaucht, das Beweise für weitere illegale Geschäfte mit Marihuana geliefert haben soll.

Klingt erst einmal nach einem eindeutigen Fall. Doch so einfach ist es nicht. Der Angeklagte weist jegliche Vorwürfe von sich: „Ich war das nicht. Ich kenne die Leute nicht.“ „Die Leute“ sind die in der Anklage angegebenen Personen, denen der 22-Jährige die Drogen verkauft haben soll. Diese Personen haben sich durch das Smartphone ermitteln lassen, das in der Jackentasche des Beschuldigten gefunden worden war. Der Bad Berleburger räumt ein, dass er derjenige war, der im Dezember 2018 in die Polizeikontrolle geraten war. Und er gibt auch zu, einem jungen Mann an diesem Tag drei Gramm Marihuana überreicht zu haben. Er sei dazu von seinem ehemaligen Mitbewohner beauftragt worden. Mit den anderen elf Fällen habe er jedoch nichts zutun.

Im Auftrag des Mitbewohners

Der Angeklagte schildert seine Sicht der Dinge wie folgt: „Mein Mitbewohner rief mich an. Ich sollte für ihn zum Bahnhof gehen und das Zeug abgeben. Ich kenne mich damit überhaupt nicht aus.“ Er habe laut eigener Aussage im Zimmer seines Mitbewohners einen Haustürschlüssel holen sollen. Mit diesem habe er die Wohnung eines weiteren Beteiligten aufgesucht — immer noch im Auftrag seines ehemaligen Mitbewohners. Dort habe das Marihuana und ein Smartphone gelegen. Als eine Nachricht von dem Käufer auf dem Smartphone erschienen sei, habe er dieses und das Marihuana eingesteckt und sich mit dem Käufer getroffen.

Doch warum tut man dem Mitbewohner diesen Gefallen, wenn man mit Dealen nichts am Hut hat? Die Antwort des Angeklagten: Angst. Sein Mitbewohner und dessen Freunde sollen ihn in Vergangenheit mehrfach bedroht haben. „Ich habe mehrmals Stress mit ihm gehabt und er kam immer mit einem Messer zu mir.“ Heute bestehe zwischen den beiden kein Kontakt mehr. Die Wohnungsgemeinschaft endete damit, dass dem 22-Jährigen ein Nudelsieb von dem Mitbewohner auf den Kopf geschlagen wurde.