Bad Berleburg. Seit März steht das Goetheplatz Café in Bad Berleburg leer. Eigentümerin Reinhild Keller über die Historie des Gebäudes und des Cafés.
Reinhild Keller fallen sofort hundert Geschichten ein, wenn sie an ihre Zeit im Goetheplatz Café denkt. Zwölf Jahre lang hat die heute 58-Jährige das Café betrieben, bevor sie die Räumlichkeiten im Jahr 2018 vermietete, die aber weiterhin als Goetheplatz Café geführt wurden – bis März 2020. Seitdem steht das ehemalige Café leer. Eigentlich. Denn heute stehen dort, wo sich ursprünglich einmal ein Studierzimmer eines Pfarrers befand, vier grüne Stühle und ein großer, runder Holztisch, auf dem – liebevoll gedeckt – Kaffee und Kuchen stehen. Besser gesagt: Wittgensteiner Käsekuchen. „Ich dachte mir, so ist es ein wenig gemütlicher“, sagt die Hauseigentümerin. „Den haben wir – gemeinsam mit Stachelbeertorte und Käsekuchen – fast immer angeboten.“
Im Gespräch berichtet die 58-Jährige von der Geschichte des Hauses, ihrer Zeit als Café-Betreiberin und der Zukunft der Räumlichkeiten. Im Übrigen war der Wittgensteiner Käsekuchen auch einmal Teil der Serie „Flüsse der Genüsse“ im Hessischen Rundfunk. Das Rezept hierfür gab es damals unter anderem auch auf der Rückseite der Goetheplatz Visitenkarte. „Die waren damals so groß wie Postkarten“, erinnert sich Keller.
Die Anfänge
Gemeinsam mit ihrem Mann Georg Keller hat sie das Haus, in dem sich neben dem Café im Erdgeschoss noch fünf Wohnungen befinden, 1993 gekauft und seitdem immer wieder renoviert und gestaltet. „Es gehörte damals dem Arfelder Pfarrer“, so Keller, die gemeinsam mit ihrem Mann in Alertshausen wohnt – in einem Haus aus dem Jahre 1673. „Wir haben es eigenständig umgebaut und renoviert. Mein Mann hatte damals gesagt: Das machen wir noch einmal.“ Und als feststand, dass der Pfarrer das Haus verkaufen möchte, zeigten die Kellers Interesse. „Wir waren damals im Arfelder Jugendkreis. Beim Kaffeetrinken fragte er plötzlich, ob jemand das Haus kaufen möchte. Mein Mann sagte sofort: ,Ja, ich’.“
Kurz darauf – 1996 – eröffnete Reinhild Keller im Erdgeschoss ihre Buchhandlung – bis 2001 war sie in den Räumlichkeiten. Dann beschlossen sie und ihr Mann jedoch, dass der Standort „Unterm Höllscheid“ besser geeignet für eine Buchhandlung sei.
Das Café
2006 war es dann soweit: Keller eröffnete das Goetheplatz Café. „Den Namen haben wir dem Café gegeben, da es gleichzeitig auch eine Wegbeschreibung war. So wusste jeder, wo es ist.“ Mehr als ein halbes Jahr lang haben ihr Mann und sie die Räumlichkeiten umgebaut – in Eigenregie. „Wir verbinden so viel mit dem Haus – egal ob es das Café oder die Wohnungen sind. Es steckt so viel Arbeit und Liebe hier drin. Ich habe mich in das Haus verliebt. Es lebt von der Atmosphäre hier.“ Alte Holzbalken und Lehm hinter Glasscheiben zeigen das alte Fachwerkhaus. Aber nicht nur das: Auch das Café hat die die 58-Jährige mit Leidenschaft geführt – gemeinsam mit acht weiteren Mitarbeitern. „Die Stimmung hier war einfach super. Alle von uns haben das Café gelebt und das haben unsere Gäste auch gespürt. Und genau so etwas wünsche ich mir auch für die Zukunft – egal, was am Ende hier reinkommt.“
Die Zukunft
Häufig werden die Kellers auf das Goetheplatz Café angesprochen. „Erst kürzlich hat mich mein Mann von einem ehemaligen Kunden gegrüßt. Ich wusste sofort – Zwiebelkuchen“, sagt sie und lacht. Ob sie ihr Café vermisst? „Ich liebe es zu kochen, zu backen und mit Menschen in Kontakt zu sein. Das ist meine Leidenschaft, aber ich bin auch realistisch. Ich bin 58 Jahre alt. Das gehört eher in jüngere Hände.“ Interessenten gab es bereits einige. „Wir müssen schauen, was die Zukunft bringt und wir haben gesagt, dass wir uns nun die Zeit nehmen und geduldig sind.“ Sich selbstständig zu machen, ist immerhin ein langer Prozess, der gut durchdacht werden sollte. „Da möchten wir die Interessenten nicht unter Druck setzen.“ Einen Plan B gebe es zwar, dennoch hofft Reinhild Keller weiterhin auf neue Mieter: „Das kann wieder ein schönes Café sein, ein Laden zum Stöbern oder auch etwas völlig anderes – Hauptsache es kollidiert nicht mit dem Wohnraum hier im Haus.“
Zudem gebe es für Interessenten die Möglichkeit, vor dem Gebäude noch bis rund 50 Quadratmeter Fläche bei der Stadt Bad Berleburg zu mieten, um dort Sitzplätze zu schaffen – sollte dies gewünscht sein. Und auch Stühle würde Reinhild Keller abgeben. „Wir haben, als das Britannia Inn geschlossen wurde, einige der Stühle erworben. Die stehen noch immer auf dem Speicher und könnten hier wieder genutzt werden, wenn es gewünscht ist.“
Die Geschichte des Hauses
Das Haus wurde im Jahr 1755 erbaut – mit Hilfe der fürstlichen Familie, die zahlreiche Eichenbalken lieferten.
Ursprünglich war dies das Bad Berleburger Pfarrhaus.
Vom Stadtbrand im Jahr 1825 wurde das Gebäude verschont.
Bis 1993 wohnte der damalige Arfelder Pfarrer in dem Haus, bevor es Familie Keller aus Alertshausen kaufte.