Erndtebrück. „Wir hatten das Gefühl, dass wir Schüler verlieren könnten.“ Für die Kinder hat die Pandemie Folgen. Erndtebrücks Schulleiter berichten darüber.
Die Kinder sind die Verlierer der Pandemie – immer wieder hört man diesen Satz, wenn es um die jungen Menschen unserer Gesellschaft und die starken Einschränkungen durch die Corona-Schutzverordnungen geht.
Was diese These jedoch in der Realität bedeutet, haben die Schulleiter der Erndtebrücker Schulen, Darjana Sorg (Realschule) und Thorsten Denker (Grundschule) sowie der Jugendpfleger Benjamin Ihmig im Ausschuss für Schule und Jugend berichtet. Dabei wurde deutlich: Vor allem im sozial-emotionalen Bereich hat die Pandemie teilweise große Auswirkungen auf die Schüler.
Die Grundschule
„Es gibt die sogenannten Corona-Verlierer, die sehr gelitten haben. Wir können an unserer Schule schon davon sprechen, dass es etwa 20 Prozent der Kinder sind, die jetzt nach dem Distanzunterricht und wegen der Pandemie Probleme haben, Anschluss zu finden“, erklärt Schulleiter Denker, der auch betont, dass die Pandemie bei den Kindern auf sozial-emotionaler Ebene Auswirkungen hat.
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„Das gibt uns jetzt denken und wir haben die Aufgabe, mithilfe von Aktionen und Veranstaltungen die Klassengefüge wieder zu stärken. Man merkt, dass den Kindern etwas gefehlt hat in der Zeit.“ Hilfe und Verständnis gab es aber von den Eltern. „Wir können dankbar sein für die Unterstützung der Eltern, die wir und vor allem die Kinder in dieser Zeit erfahren haben.“ Aber: Der Einschnitt in das Leben der Kinder sei zwar signifikant, er sei aber nicht so krass wie es an anderen Stellen von anderen Orten berichtet werde.
Die Realschule
„Wir hatten schon das Gefühl, dass wir während des Lockdowns einige Schüler verlieren könnten. Es gab bei uns auch viele Schüler, die in der Zeit ganz allein zuhause saßen. Manche Kollegen haben sie dann besucht und geschaut, was da eigentlich los ist. Manche Fälle fielen uns sehr schwer“, macht Schulleiterin Darjana Sorg derweil deutlich. „Es gab auch Fälle von Schulverweigerung. Manche Schüler wollten einfach nicht mehr in die Schule zurück kommen, denn sie wussten nicht, wie sie wieder einsteigen sollen“, so Sorg weiter.
Auch die heutigen Zehntklässler haben laut Sorg einen großen Nachteil durch den Lockdown erfahren. „Die Praktika der damaligen Klassen 9 konnten nicht wie gewohnt stattfinden. Für sie wird es später schwierig, da sie diese praktische Erfahrung nicht haben“, so Sorg. Immerhin konnte in den Sommerferien eine Woche Praktikum als Ersatz angeboten werden, das auch fast alle Schüler wahrgenommen haben. „Ich hoffe, dass wir diese gut in duale Ausbildungen vermitteln können“, erklärt Sorg.
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Doch auch die kleinen Dinge, an die man bei Distanz- und Wechselunterricht nicht sofort denkt, seien nicht leicht für die Kinder: „Wir hatten drei Monate Distanzunterricht, dann Wechselunterricht, unter anderem mit sehr sehr strengen Sitzplänen. Die Kinder konnten sich nicht aussuchen, wo sie sitzen können. Daran denkt man im ersten Moment gar nicht: Man kann in der Schule plötzlich nicht mehr neben der besten Freundin sitzen – und vielleicht ist die auch gar nicht da, weil sie im Wechselunterricht in einer anderen Gruppe ist.“ Viele Dinge könnten zwar nicht mehr aufgeholt werden, aber: „Soziales Aufholen ist in diesem Fall wichtiger als Unterrichtsstoff.“
Die Jugendpflege
Benjamin Ihmig, Jugendpfleger der Gemeinde, kümmerte sich derweil um die Freizeitbetreuung der Erndtebrücker Jugendlichen. Weil das oft aufgrund der Kontaktsperre nicht möglich war, behalf er sich mit allem, was ihm online zur Verfügung stand: „Ich habe lange Zeit online Kontakt zu den Jugendlichen gehalten – ob es über Facebook, Twitter, Instagram, TikTok oder Fortnite war – wenn es online möglich war, habe ich es genutzt. So konnte ich mir die Jugendlichen im Jugendtreff auch erhalten.“ Andere Jugendtreffs hingegen müssten nach dem Lockdown wieder bei Null anfangen. „Ich denke ich habe den richtigen Weg gefunden.“
Die Schwerpunkte seiner Arbeit lagen im vergangenen Jahr aber vor allem auf beratenden Gesprächen mit den Jugendlichen. „Da ging es vor allem um pandemiebedingte familiäre Probleme, wenn sich zum Beispiel die Eltern eigentlich scheiden lassen wollten und wegen der Pandemie jetzt noch monatelang aufeinander hockten – das ist für ein Kind alles andere als schön. Auch über psychische Probleme und ähnliches, was die Jugendlichen bedrückte, habe ich mit ihnen gesprochen. Leider gibt es bei unserem neuen Träger, dem Kirchenkreis Wittgenstein, einen Einstellungsstopp, sodass ich das alles allein machen muss. Wenn ich also gerade mit einem Kind über seine Sorgen spreche und im Jugendtreff ruft ein anderes, dass der Backofen brennt, ist das alles andere als ideal“, so Ihmig.
Doch: Die Jugendlichen haben sich immer vorbildlich an die Corona-Regeln gehalten – „wie unsinnig sie auch sein mochten“, so Ihmig, der von einem Pärchen berichtet, dass sich vor dem Jugendtreff noch küsste und im Gebäude dann mit Maske Abstand hielt.