Wittgenstein. Wenn sich Menschen in Innenräumen zur Musik bewegen, brauchen sie seit Freitag einen aussagekräftigen PCR-Test. Und der kostet. Und dauert.

Seit Freitag gilt sie, die neue Corona-Schutzverordnung des Landes NRW – mit einer schlichten 3G-Regel für Geimpfte, Genesene und Getestete bei Veranstaltungen. Aber sie hat Ausnahmen, mit denen auch Organisatoren in Wittgenstein derzeit hadern. Auf welche Weise, das zeigt unsere kleine Umfrage im Altkreis.

Die Tanzveranstaltung

Was der Burschenschaft Arfeld derzeit für ihre geplante Kirmes am Samstag und Sonntag, 4. und 5. September, Kopfzerbrechen macht: Wie bekommen wir unsere Veranstaltung mit Tanz, bei der Gäste zwingend einen negativen PCR-Test vorlegen müssen, in Festzelt gut über die Bühne?

Tatsache sei jedenfalls, so Tim Limper, 1. Vorsitzender der Burschenschaft: PCR-Tests könne man derzeit nirgendwo in Bad Berleburg auf die Schnelle machen. Und über den Hausarzt dauere es bis zum vorliegenden Labor-Ergebnis erfahrungsgemäß drei bis vier Tage.

Lesen Sie auch: Arfelder Kirmes 2021: Das ist bislang geplant

Deshalb: „Wir hoffen, dass wir für die Kirmes Schnelltests akzeptieren dürfen“, sagt Limper. Dazu werde die Burschenschaft jetzt noch einmal das direkte Gespräch mit dem Bad Berleburger Ordnungsamt suchen. Denkbar wäre zum Beispiel, so Limper im Gespräch mit unserer Redaktion, die Dachfolie des Festzelts am Arfelder Sportplatz teilweise zu öffnen, so dass eine Freiluft-Veranstaltung entstehe.

Andererseits habe eine Umfrage gezeigt, so Limper, dass etwa 85 Prozent der erwarteten Gäste – vorwiegend aus Wittgenstein und dem benachbarten Hessen – bereits durchgeimpft seien. Allein für die Samstag rechnet die Arfelder Burschenschaft mit rund 1000 Gästen, für Sonntag noch einmal mit 500.

Ein mühsam ausgearbeitetes, 100-seitiges Hygiene-Konzept für die Arfelder Kirmes liegt übrigens schon länger vor. Und laut Limper plant die Burschenschaft, dieses im Erfolgsfall als „Hilfestellung“ oder „Spickzettel“ auch anderen Veranstaltern in Wittgenstein zugänglich zu machen. „Damit es endlich mal wieder vorangeht mit den Dorf- und Oktober-Festen“, so Limper – „für ein Stück mehr Normalität“.

Auf der Stadtführung

Gabriele Rahrbach bei einer ihrer Stadtführungen in ihrem Element als Graf Casimir: Gespannt und belustigt tauchen die Gäste in die Welt des 18. Jahrhunderts ein. 
Gabriele Rahrbach bei einer ihrer Stadtführungen in ihrem Element als Graf Casimir: Gespannt und belustigt tauchen die Gäste in die Welt des 18. Jahrhunderts ein.  © Emma Rothenpieler

Am 28. August schlüpft die Stadtführerin und Museumsmoderatorin Gabriele Rahrbach aus Schwar­zenau wieder in die Rolle des „Graf Casimir auf der Suche nach dem Stein der Weisen“, im Rahmen ihrer Schauspiel-Oberstadtführung. Und stellt fest: „Die Leute sagen bei der Anmeldung schon oft von selber: Ich bin geimpft.“ Das ist Rahrbach natürlich am liebsten. Sie nimmt an diesem Samstag aber ebenso gerne einen Schüler mit, der sich mit einem frischen Schnelltest in der Tasche angekündigt hat.

Die Kulturwissenschaftlerin betont: „Ich halte mich an die jeweilig aktuellen Regelungen der Bundesregierung. Und diese sieht für die kommenden Wochen je nach Inzidenz die 3G-Regel vor, die ich selbstverständlich ebenso wie die AHA-Regeln einhalte und die die Voraussetzung für eine Teilnahme der Gäste darstellen.“ Für die sogenannte 2G-Lösung, die lediglich Geimpfte und Genesene zuließe, sieht Rahrbach „im Moment keinen Handlungsbedarf“.

Lesen Sie auch: Bad Berleburg: Auf der Suche nach dem Alchemisten

Ob nun als Graf Casimir, Madame Montagnier oder Hofdame Henriette Friederike von Bülow: Sie bewege sich mit ihren Gruppen derzeit sowieso fast ausschließlich im Freien, so die Stadtführerin. Sie habe sich selbst auferlegt, die maximale Teilnehmerzahl zu halbieren – und an der frischen Luft mit viel Abstandsfläche sei die Einhaltung der Corona-Regeln auch kein Problem und sehr entspannt umzusetzen.

Rahrbach geht allerdings davon aus, dass sich Ungeimpfte ab dem 11. Oktober sowieso gut überlegen, zu welchem Anlass sie gutes Geld in den dann wohl kostenpflichtigen Test investieren.

Im Abenteuerdorf

Auch wenn die Masken schon mal lästig sind: Die Freude, mit der Kinder das Abenteuerdorf als Wemlighäuser Einrichtung des Wittgensteiner Kirchenkreises erleben, bleibt.
Auch wenn die Masken schon mal lästig sind: Die Freude, mit der Kinder das Abenteuerdorf als Wemlighäuser Einrichtung des Wittgensteiner Kirchenkreises erleben, bleibt. © Kirchenkreis Wittgenstein

„Wenn zukünftig nicht verboten, wird es auch bei 3G bleiben“, sagt Silke Grübener, Geschäftsführerin des Abenteuerdorfes Wittgenstein bei Wemlighausen. „Damit sind wir bei unserem Hygienekonzept sehr gut gefahren.“ Es würde wohl „auch gar nicht anders gehen“, so Grübener weiter – „gerade weil wir hier viele Kinder und Jugendliche als Gäste haben“. Und die können je nach Alter ja oft gar nicht geimpft werden. Zwar gibt es inzwischen eine Impf-Empfehlung der Ständigen Impfkommission für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren, doch fielen damit immer noch die Grundschulkinder heraus, so Grübener. Grundsätzlich sei sie „froh über jeden, der sich impfen lässt“, so die Geschäftsführerin.

Lesen Sie auch: Bad Berleburger Kinder als Teamplayer statt Einzelkämpfer

Nicht ganz einfach dagegen ist es an diesem Wochenende mit den erwachsenen Gästen einer größeren Hochzeitsfeier, die im Abenteuerdorf stattfinden soll. Schon länger angemeldet, müssen die Gastgeber nun wohl umdenken – weil sich ausgerechnet am Freitag davor die Corona-Verordnung ändere, so Silke Grübener. Und die sieht vor, dass bei einer Party mit Tanz ein Schnelltest für Ungeimpfte nicht mehr reicht – sondern ein PCR-Test her muss. Aber wie so kurz vor dem Ereignis? Denkbare Alternative, so Grübener: Die Hochzeitsgäste verzichten auf das Tanzen.

Beim Hausarzt

Momentan sei die Nachfrage bei PCR-Tests noch sehr gering, sagt der Erndtebrücker Allgemeinmediziner Dr. Oliver Haas. Allerdings stiegen die Corona-Inzidenzen derzeit an, stellt er fest, so dass ein aussagekräftiger PCR-Test bei Tanzveranstaltungen in Innenräumen ohne FFP2-Maske auch sinnvoll sei.

Derzeit „die einzigen PCR-Tests sind die bei Patienten mit grippeähnlichen Symptomen“, berichtet Haas. Und da sei es „schon vorgekommen, dass selbst ein Geimpfter positiv war“. Andererseits „haben schon relativ viele Menschen durchgeimpft“.

Lesen Sie auch: Umfrage in Wittgenstein: Tests können richtig teuer werden

Und wie lange dauert es nun vom PCR-Test bis zum Ergebnis? „Wenn wir morgens testen, ist das Ergebnis meist am nächsten Tag da“, sagt Dr. Haas – „meist sogar schon früher“. So bekämen die Patienten ein Kärtchen mit QR-Code, mit dem „das Ergebnis meist schon am selben Abend da“ ist. Getestet wird in der Erndtebrücker Praxis Haas und Röhl von montags bis freitags. Wer für eine Veranstaltung am Sonntag einen PCR-Test benötigt, der nicht älter als 48 Stunden ist, müsste sich demnach am Freitag vorher testen lassen – und hätte das Ergebnis dann spätestens samstagmorgens auf dem Handy, schätzt Haas.

„Das Leben für Ungeimpfte wird ungemütlicher“, so der Mediziner, auch mit Blick auf die geplante Kostenpflicht für Schnelltests ab 11. Oktober. Während die Preise dafür noch nicht feststehen, bewegen sie sich laut Haas für PCR-Tests aktuell bei 60 bis 70 Euro. Die Rechnung vom Labor gehe direkt an den getesteten Patienten. Die Botschaft von Haas dazu: „Leute, lasst Euch impfen.“

Kommentar: Ein solidarischer Akt

Redakteur Eberhard Demtröder
Redakteur Eberhard Demtröder © Ralf Rottmann

Tanzveranstaltungen einschließlich private Feiern mit Tanz, aber auch Clubs, Diskotheken und ähnliche Einrichtungen gelten ab sofort als „Bereiche mit besonders hohem Risiko für Mehrfachansteckungen“ mit dem Corona-Virus – und machen für Ungeimpfte einen aussagekräftigen PCR-Test nötig. Allerdings ist der offenbar weder schnell noch zum Nulltarif zu haben, schon gar nicht in unserem ländlichen Wittgenstein.

Aber nicht zuletzt mit Blick auf weiter steigende Infektionszahlen ist ja gerade das die Absicht der Politik: Corona-Tests aller Art so unattraktiv wie möglich zu machen, so dass eine Impfung fast schon die einzige Alternative ist. Die ist und bleibt jedenfalls gratis – und der einzig solidarische Akt für eine Gesellschaft, die der Pandemie mehr als überdrüssig ist.