Wittgenstein. Die meisten Betreiber von Test-Stellen in Wittgenstein warten die politische Entwicklung ab. Sie berichten aber auch von geringerer Nachfrage.

Der Besuch einer vierköpfigen Wittgensteiner Familie in der Pizzeria – er könnte bei angedachten weiteren Einschränkungen ab 23. August ganz fix doppelt so teuer unterm Strich werden, sofern alle Familienmitglieder komplett ungeimpft oder nicht genesen sind – und zugleich pro Corona-Bürgertest mal mindestens zehn Euro fällig werden. Ab Montag, 11. Oktober, soll es nach derzeitiger Planung der Politik soweit sein. Unterdessen sinkt die Nachfrage in den meisten der zugelassenen Wittgensteiner Test-Stellen.

Das Druckmittel

Zehn Euro pro Test – einen Preis um diesen Wert herum kann sich der Erndtebrücker Apotheker Steffen Busch ab 11. Oktober gut vorstellen. Allerdings müsse man dann auch schauen, wo die Inzidenzen liegen, wie überhaupt die Nachfrage sei. Grundsätzlich findet es Busch nicht sinnvoll, die kostenpflichtigen Tests abzuschaffen. Diese Perspektive werde „im Moment als Druckmittel eingesetzt, damit sich die Leute impfen lassen. Das hat aber mit der Wirksamkeit nichts zu tun. Also, ich finde den Ansatz falsch, aber ich bin ja auch kein Politiker“. Der Bürgertest sei „ein vernünftiges Prinzip, um Corona-Positive zu finden. Und je niedrigschwelliger die Testmöglichkeiten, umso besser ist es“.

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Inzwischen sei die Resonanz der Erndtebrücker auf sein Test-Angebot „geringer als noch vor zwei Monaten“, berichtet Apotheker Busch. Deshalb habe die Brücken-Apotheke am Mühlenweg auch die Test-Zeiten „ein bisschen angepasst“ – auf jeweils etwa drei Stunden vor- und nachmittags. „Tests außer der Reihe“ seien nach Absprache aber sicherlich auch möglich.

Der Impfschutz

Vamed-Akutklinik Bad Berleburg: Hier befindet sich neben der Versorgung von Unfallpatienten auch das Medizinische Versorgungszentrum.
Vamed-Akutklinik Bad Berleburg: Hier befindet sich neben der Versorgung von Unfallpatienten auch das Medizinische Versorgungszentrum. © Lars-Peter Dickel

„Wir müssen erst einmal abwarten, wie sich die nationale Teststrategie entwickelt“, heißt im Moment die Devise in der Bad Berleburger Vamed-Klinik, die ihre Tests den Patienten in der klinikeigenen Abstrichstelle anbietet. „Wir merken schon, dass es bei den Bürgertestungen eine geringere Nachfrage gibt“, so Klinik-Sprecherin Antje Gröpl-Horchler – „auch, weil wir vermuten, dass immer mehr Bürger schon geimpft sind“. Deshalb „haben wir die Öffnungszeiten unserer Abstrichstelle angepasst“.

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Zu möglichen Preisen für die künftig kostenpflichtigen Tests kann Gröpl-Horchler zum jetzigen Zeitpunkt „noch nichts Konkretes sagen“. Offen sei auch die Frage, „ob die Nachfrage im Herbst nicht wieder steigt“ und „wo wir dann mit den Impfungen stehen“. Im Medizinischen Versorgungszentrum der Klinik wird übrigens auch geimpft, derzeit vor allem mit dem Biontech-Serum. Und „wir sind natürlich große Befürworter der Impfung. Zum einen schützt man damit sich selbst und die Menschen, die einem wichtig sind, sowie alle anderen Personen in seinem privaten und beruflichen Umfeld“, sagt Gröpl-Horchler.

Die Umstellung

Beim DRK Siegen-Wittgenstein, das in Wittgenstein mehrere Test-Stellen in allen drei Kommunen betreibt, zum Teil in Kooperation, will sich in der übernächsten Woche per Videokonferenz intern mit der aktuellen Lage beschäftigen. „Wir merken, dass die Testzahlen zurückgehen“, sagt Dr. Martin Horchler vom DRK-Kreisvorstand – „aber nicht so, wie man hätte vermuten können“. Die Nachfrage liege aktuell bei etwa 60, 70 Prozent im Vergleich zu den Hoch-Zeiten der Corona-Pandemie. Und wenn der Test demnächst etwas kosten solle: Zahle die Kundschaft dann in bar? Oder doch lieber mit Karte? „Das ist dann auch organisatorisch eine Umstellung“, so Horchler.

Die Test-Notwendigkeit

In der Bad Berleburger Kur-Apotheke seien „die angebotenen Termine weiterhin nahezu ausgebucht“, sagt Christiane Lefarth vom Team. Das werde sich aber wohl ändern, wenn die Tests kostenpflichtig würden. Dabei gebe es genug Menschen, die sich gar nicht impfen lassen dürften, so Lefarth – etwa die Kinder, zu deren Schutz sich auch Geimpfte regelmäßig testen lassen sollten. Aber auch für Familienfeste oder Anlässe, zu denen Gruppen zusammenkommen, seien Tests weiterhin nötig. Angepeilte Preise der Kur-Apotheke pro Test? Stehen laut Lefarth noch nicht fest. Für große Familien könnte es aber teuer werden.

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„Tests braucht ja kaum noch jemand, wenn immer mehr Menschen geimpft sind“, schätzt Jutta Buschhaus vom Team der Zahnarzt-Praxis Dr. Harald Schmidt an der Bad Laaspher Bahnhofstraße. Sie berichtet aber auch von größerer Nachfrage – etwa „in Zeiten der Ferienspiele“, als die Eltern bei der Anmeldung ihrer Kinder den Veranstaltern negative Tests vorlegen mussten. Oder durch Reise-Rückkehrer, bei denen das zum Beispiel der Arbeitgeber verlangt. Und das mit den Preisen müsse ja auch erst einmal von der Politik beschlossen werden, so Buschhaus.

Der Kommentar: Kostenpflicht ein legitimer Impfanreiz

Redakteur Eberhard Demtröder: „Die Impfquote muss steigen, wollen wir die Pandemie in den Griff bekommen.“
Redakteur Eberhard Demtröder: „Die Impfquote muss steigen, wollen wir die Pandemie in den Griff bekommen.“ © Ralf Rottmann

Partys, Kulturveranstaltungen, Schützenfeste, Reiserückkehr – selbst wenn man nicht viel in der Öffentlichkeit unterwegs ist, kommt man um einen Corona-Schnelltest nicht herum. Es gibt wohl kaum einen Wittgensteiner, der noch gar keinen gemacht hat, oder? Und die Erfahrung zeigt, dass sich die Regeln schnell ändern können – je nachdem, wie sich die Inzidenzen entwickeln. Test-Stellen, von denen es im Altkreis derzeit 24 zugelassene gibt, werden auch weiterhin ihre Berechtigung haben – wenn auch vielleicht nicht überall, weil wegen steigender Impfquoten die Test-Nachfrage sinkt. Und diese Quote muss steigen, wollen wir die Pandemie in den Griff bekommen. Ohne Kostenpflicht bei den Tests als Anreiz zum Impfen ist dieses Ziel aber nicht zu haben.

Eberhard Demtröder